Freundin von inhaftiertem Oppositionellem Sofja Sapegas Vater bittet Belarus um Begnadigung seiner Tochter

Belarus zwang ein Flugzeug zur Landung, um den Oppositionellen Roman Protassewitsch festzusetzen. Auch seine Freundin ist seitdem inhaftiert. Ihr Vater appelliert nun an Machthaber Lukaschenko.
Protest zur Freilassung der inhaftierten Sofja Sapega und ihres Partners Roman Protassewitsch in Riga (Archivbild)

Protest zur Freilassung der inhaftierten Sofja Sapega und ihres Partners Roman Protassewitsch in Riga (Archivbild)

Foto: TOMS KALNINS / EPA

»Jeder vernünftige Mensch versteht, dass Sofja am falschen Ort und mit der falschen Person war«: Der Vater der in Minsk inhaftierten Russin Sofja Sapega versucht, das belarussische Regime von der Freilassung seiner Tochter zu überzeugen. Dem Nachrichtenportal Primamedia zufolge sagte Andrej Sapega, er habe Machthaber Alexander Lukaschenko um eine Begnadigung Sofjas gebeten.

Sapega war Ende Mai gemeinsam mit ihrem Freund, dem belarussischen Blogger Protassewitsch, mit einer Ryanair-Maschine auf dem Weg von Athen nach Vilnius. Über Belarus zwangen die dortigen Behörden das Flugzeug unter dem Vorwand, es habe eine Bombendrohung gegeben, zur Landung. Am Minsker Flughafen wurden schließlich beide festgenommen. Die Bombendrohung stellte sich später als falsch heraus.

Das Regime Lukaschenko geht brutal gegen Kritiker und Oppositionelle vor – oft unter fadenscheinigem Vorwand. Die Behörden in Belarus werfen der Russin Sapega vor, Unruhen gegen Lukaschenko organisiert zu haben. Sie sitzt in Untersuchungshaft. Ihre Inhaftierung war Thema bei einem Treffen des Machthabers mit Russlands Staatschef Wladimir Putin. Sie verständigten sich, dass die Ermittlungen gegen Sapega weiter in Belarus stattfinden sollen.

Andrej Sapega sagte nun, seine Tochter sei während der Proteste im vergangenen Sommer und Herbst in Litauen gewesen, nicht in Minsk. Wenn die 23-Jährige in dieser Zeit etwas gemacht habe, dann habe das mit Liebe zu tun, sie habe das nicht aus Überzeugung gemacht. »Sie half Roman bei seiner Arbeit«, sagte der 53-Jährige.

»Ruiniere nicht ihr Leben«

An Lukaschenko wandte sich Sapega »von Vater zu Vater«, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. »Vielleicht gelingt es mir, ihn von einer Begnadigung zu überzeugen. Ruiniere nicht ihr Leben«, sagte Andrej Sapega demnach.

Die EU, Großbritannien und die USA hatten nach dem Vorfall erneut Sanktionen gegen die ehemalige Sowjetrepublik verhängt. Protassewitsch war seit seiner Inhaftierung mehrmals der Presse vorgeführt worden, offenkundig unter massivem Druck. Er hatte zuvor unter anderem in einer Videobotschaft gestanden, Massenproteste in Minsk organisiert zu haben.  Beobachter, darunter auch Protassewitschs Vater, gehen davon aus, dass die Aussagen des Oppositionellen unter Zwang entstanden.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagte in einem Bericht, dass Ärzte, Krankenschwester und Pfleger, die an Protesten teilgenommen oder sich zu Berichten über Todesfälle und Verletzungen von Demonstranten zu Wort gemeldet hätten, von Strafverfolgung, Bedrohung und Entlassung betroffen seien.

Das Verhältnis zwischen Belarus und der EU hatte sich im Sommer 2020 deutlich verschlechtert, nachdem Lukaschenko sich im August erneut zum Präsidenten hatte erklären lassen. Er regiert das Land seit mittlerweile 27 Jahren. Die Opposition wirft ihm Wahlbetrug vor, auch die EU und die USA erkennen das von offizieller Seite genannte Wahlergebnis nicht an.

Bei folgenden landesweiten Protesten und Streiks war die Polizei gewaltvoll gegen Demonstranten vorgegangen. Zahlreiche Oppositionelle wurden inhaftiert, verschleppt oder sind geflüchtet. Die EU hatte damals Sanktionen gegen Personen in die Wege geleitet, die an Wahlfälschungen oder an der Gewalt gegen Demonstranten beteiligt waren. Auch gegen Machthaber Lukaschenko persönlich verhängte die EU Sanktionen.

fek/dpa/Reuters
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