TELEGRAM @ ZHELTYESLIVY / 24.05.2021
Roman Protassewitsch, Oppositionsaktivist
»Hallo, mein Name ist Roman Protassewitsch. Gestern wurde ich am Flughafen von Minsk festgenommen.«
Das belarusische Staatsfernsehen strahlte dieses Video des 26-jährigen Bloggers und Aktivisten aus.
»Ich habe keinerlei gesundheitlichen Probleme. Die Polizeibeamten gehen mit mir völlig angemessen um und respektieren die Gesetze. Ich werde weiter mit den Ermittlern zusammenarbeiten und ich werde gestehen, Massenproteste in der Stadt Minsk organisiert zu haben.«
Wo genau und unter welchen Umständen das sogenannte »Geständnis« aufgezeichnet wurde, ist unklar. Sein Vater vermutet, dass der Oppositionsaktivist gefoltert wurde.
Via Videocall aus Wrocław, Polen
Dsmitri Protassewitsch, Vater des Inhaftierten
»Man sieht, dass er dazu gezwungen wurde. Das ist nicht die Art, wie er sonst redet, es ist nicht seine Intonation. Er ist sehr zurückhaltend und sichtlich nervös. Es sieht so aus, als sei seine Nase gebrochen. Die Form ist anders, auf dem ganzen Gesicht liegt irgendeine Puderschicht.
Außerdem kann mein Sohn nicht zugeben, Massenproteste organisiert zu haben, weil er es einfach nicht getan hat. Ich glaube nicht, dass es sich hier um einen Deal mit der Staatsanwaltschaft handelt. Er wurde vielmehr gezwungen, diese Botschaft aufzuzeichnen. Ich denke, was hier vor sich geht, ist totaler Wahnsinn.«
Mehr als 24 Stunden hatte die autoritäre Führung des Landes keine Angaben zum Verbleib des Oppositionsaktivisten gemacht.
Protassewitsch war am Sonntag an Bord eines Ryanair-Flugzeugs auf dem Weg von Athen nach Vilnius. Kurz vor dem Ziel – und damit kurz vor Erreichen des EU-Luftraums – wurde die Maschine von einem belarusischen Kampfjet zur Landung in Minsk gezwungen – angeblich wegen einer »möglichen Sicherheitsbedrohung«; später hieß es, Grund sei ein Drohschreiben der radikalislamischen Palästineserorganisation Hamas gewesen. Auf dem Flughafen in Minsk wurden der im Exil lebende Protassewitsch und seine Freundin festgenommen.
Die EU verurteile auf einem Sondergipfel das Vorgehen von Belarus geschlossen als Luftpiraterie – und kündigte Sanktionen an.
Ursula von der Leyen, EU-Kommissionschefin
»Belarus hat seinen Luftraum dazu genutzt, eine staatliche Entführung durchzuführen. Die Sicherheit von Flügen über den Luftraum von Belarus kann nicht mehr garantiert werden. Wir werden den EU-Luftraum für belarussische Fluggesellschaften sperren und den Zugang zu EU-Flughäfen verweigern.«
Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates
»Wir tolerieren keine Versuche, russisches Roulette mit dem Leben unschuldiger Zivilisten zu spielen.«
Fraglich ist, inwiefern Machthaber Lukaschenko sich diesmal von den harten Worten oder auch angekündigten Sanktionen aus der EU in Richtung Minsk beeindrucken lässt. Auch das Schicksal von Roman Protassewitsch ist ungewiss.