Regime in Belarus Zypern blockiert Sanktionen - und verärgert EU-Partner

Zyperns Außenminister Christodoulidis im Gespräch mit seinem italienischen Kollegen Luigi Di Maio in Brüssel
Foto: Olivier Hoslet / APDie EU streitet angesichts der Menschenrechtsverletzungen in Belarus weiter über Sanktionen gegen das Regime in Minsk. Zwar hatten die Außenminister der Mitgliedstaaten bereits im August grundsätzlich Strafmaßnahmen gegen Verantwortliche beschlossen. Inzwischen gibt es auch eine Liste mit 40 Personen, die mit Einreisesperren und Kontosperrungen belegt werden sollen. Doch das EU-Mitglied Zypern blockiert den nötigen einstimmigen Beschluss, die Sanktionen in Kraft zu setzen.
"Unsere Reaktion auf Verstöße gegen unsere zentralen Grundwerte und Prinzipien kann nicht à la carte sein, sie muss konsistent sein", sagte der zyprische Außenminister Nikos Christodoulidis am Rande von Beratungen in Brüssel. Das gelte für die Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen und für die Reaktion auf die Verletzung der Souveränität und Hoheitsrechte von Mitgliedstaaten.
Christodoulidis spielte damit darauf an, dass einige EU-Staaten sich derzeit weigern, den von Zypern geforderten Sanktionen gegen die Türkei zuzustimmen. Er sehe "keine diplomatische Blockade" in der Belarus-Frage und sei bereit, die Beschlüsse der EU-Außenminister vom August umzusetzen. Diese umfassen aus Sicht Zyperns, dass gleichzeitig Strafmaßnahmen gegen die Türkei verhängt werden.
Das kleine EU-Land fordert von den Partnern schon lange, schärfer auf von ihm als illegal erachtete türkische Erdgaserkundungen im östlichen Mittelmeer zu reagieren. Andere EU-Staaten sind allerdings der Ansicht, dass dies laufende Vermittlungsbemühungen von Ländern wie Deutschland mit der Türkei erschweren könnte. Sie wollen deswegen noch abwarten, bevor sie neuen Sanktionen gegen Ankara zustimmen.
Litauens Außenminister Linas Linkevicius forderte, auf die Worte der EU müssten nun Taten folgen. Er hoffe, dass einzelne Mitgliedstaaten die EU "nicht als Geisel nehmen", sagte er. Es sei nun "wirklich Zeit zu handeln".
Der Vorsitzende des Außenausschusses im Europaparlament, David McAllister, nannte die Vermengung der Belarus- und Türkei-Sanktionen "unglücklich". Eine Entscheidung zu Belarus sei "überfällig, die Sanktionen müssen endlich beschlossen werden", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Er hoffe, "dass sich die Minister heute einen Ruck geben".
Die Beratungen in Brüssel brachten am Montag jedoch keinen Fortschritt. Finnlands Außenminister Pekka Haavisto ließ anschließend mitteilen, es sei sehr frustrierend, dass die EU-Sanktionen noch immer nicht beschlossen werden konnten. Finnland sei deswegen auch bereit, das EU-Einstimmigkeitsprinzip bei Sanktionsentscheidungen aufzugeben.
Maas will über persönliche Sanktionen gegen Lukaschenko sprechen
Bundesaußenminister Heiko Maas sagte zu dem Konflikt zwischen der Türkei und den EU-Mitgliedern Zypern und Griechenland, es könne nur eine diplomatische Lösung geben. Er sehe bis zum Eurogipfel Ende der Woche noch ein "diplomatisches Fenster" für Gespräche mit der Türkei, das genutzt werden müsse.
Maas forderte unterdessen auch Gespräche darüber, ob Lukaschenko selbst auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werde. "Die Gewalt, die Lukaschenko gegen friedliche Demonstranten ausübt, ist völlig inakzeptabel", sagte der Bundesaußenminister. Die EU müsse sich deshalb die Frage stellen, ob nicht Lukaschenko als Hauptverantwortlicher "ebenfalls von der Europäischen Union sanktioniert werden muss".
Vor ihrem Treffen in Brüssel kamen die EU-Außenminister mit der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja zusammen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte anschließend, die Minister seien "wirklich beeindruckt vom Mut und der Ausdauer" des belarussischen Volkes und vor allem der Frauen. Diese zeigten "echten Führungssinn".

Die belarussische Oppositionsführerin Tichanowskaja zwischen Außenminister Maas und dem EU-Außenbeauftragten Borrell
Foto: Stephanie Lecocq / dpaDie Opposition in Belarus wirft der Regierung massiven Betrug bei der Präsidentschaftswahl vom 9. August vor, die Amtsinhaber Lukaschenko nach offiziellen Angaben mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben soll. Seit der Wahl gibt es heftige Proteste gegen den seit 26 Jahren autoritär regierenden Präsidenten. Die Sicherheitskräfte gehen gewaltsam gegen Demonstranten vor. Zahlreiche Oppositionspolitikerinnen und -politiker sind in Haft oder mussten das Land verlassen.