Parade im Zeichen der Spannungen Zehntausende Menschen feiern 100-jähriges Bestehen Nordirlands

100-Jahr Feier für Nordirland: Mit Union Jack und Marschmusik durch Belfast
Foto: Niall Carson / dpaMit einjähriger Verspätung aufgrund der Pandemie haben in Belfast Zehntausende Menschen das 100-jährige Bestehen Nordirlands mit einer großen Parade gefeiert. Die Anhänger einer engen Anbindung Nordirlands an den Rest des Vereinigten Königreichs – auch Unionisten genannt – zogen am Samstag mit Flaggen und Marschmusik vom Regionalparlament Stormont aus in Richtung des Stadtzentrums von Belfast.
»Wir haben kein Interesse daran, Teil eines vereinigten Irlands zu werden«, sagte einer der Festredner der Nachrichtenagentur PA zufolge. Die pro-irische Partei Sinn Fein, die kürzlich bei den Parlamentswahlen in Nordirland stärkste Kraft wurde, setzt sich für ein vereintes Irland ein. Derzeit stockt die Bildung einer Einheitsregierung beider Lager, weil die Unionisten diese aus Protest gegen Brexit-Sonderregeln für Nordirland blockieren.
Die Parade wurde ausgerichtet inmitten zunehmender Spannungen zwischen Großbritannien und Nordirland. So hatte Großbritannien zuletzt mit einer einseitigen Änderung des Nordirland-Protokolls gedroht, das den Warenverkehr zwischen Nordirland und Großbritannien nach dem Brexit regelt. Irlands Außenminister Simon Coveney warf der britischen Regierung demgegenüber »Säbelrasseln und Effekthascherei« vor.
Furcht vor Wiederaufflammen des Bürgerkriegs
Dem Abkommen gemäß müssen Waren seit dem EU-Austritt an der Irischen See kontrolliert werden. Mit dieser Regelung soll eine harte Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Staat Irland vermieden werden, die Spannungen in der ehemaligen Bürgerkriegsregion erneut befeuern könnte. Anhänger einer engen Anbindung Nordirlands an das Vereinigte Königreich fürchten eine Entfremdung und Abkoppelung.
Der 3. Mai 1921 gilt Historikern zufolge als Geburtsstunde Nordirlands. Mit dem »Government of Ireland Act«, der damals in Kraft trat, wurde erstmals eine Grenze auf der irischen Insel gezogen – der südliche und der nördliche Teil sollten jeweils eine eigenständige Regierung bilden. Anders als Irland, das sich zur unabhängigen Republik abspaltete, blieb Nordirland Teil des Vereinigten Königreichs. Die Frage, ob die Provinz dazugehören oder sich mit Irland wiedervereinigen sollte, führte zu einem jahrzehntelangen, blutigen Bürgerkrieg und spaltet auch heute noch die Gesellschaft.