Konflikt um Bergkarabach Bewohner zünden ihre Häuser an

2000 russische Soldaten sollen den Waffenstillstand in Bergkarabach sichern. Sie können nicht verhindern, dass in einigen Gebieten eine Politik der verbrannten Erde betrieben wird.
"Morgen werden die aserbaidschanischen Soldaten da sein": Brennendes Haus im Dorf Charektar

"Morgen werden die aserbaidschanischen Soldaten da sein": Brennendes Haus im Dorf Charektar

Foto: ALEXANDER NEMENOV / AFP

Brennende Wohnhäuser, zwischen den Konfliktparteien ausgetauschte Gefallene: Nach der Ankunft russischer Friedenstruppen in der Kriegsregion Bergkarabach im Südkaukasus gibt es gleichzeitig weitere Konflikte und Zeichen der Entspannung.

So hat Aserbaidschan mehrere getötete Soldaten an Armenien übergeben. Dabei handele es sich um Angehörige der Streitkräfte, die bei den Kämpfen um die von Aserbaidschan zurückeroberte Stadt Schuscha ums Leben gekommen waren, teilte das aserbaidschanische Verteidigungsministerium in der Hauptstadt Baku mit.

Eine Zahl wurde dabei nicht genannt. Im Gegenzug habe Armenien sechs getötete Soldaten an Aserbaidschan übergeben. Der Austausch der Toten war zu Wochenbeginn in einem Abkommen über ein Ende aller Kampfhandlungen vereinbart worden.

Zahl der Gefallenen unklar

Nach Angaben des armenischen Gesundheitsministeriums in der Hauptstadt Eriwan sind bislang die Leichen von mehr als 2300 Gefallenen forensisch untersucht worden. Darunter seien auch Tote, die bislang noch nicht identifiziert werden konnten. Die Karabach-Behörden gaben die Zahl der getöteten Soldaten zuletzt mit 1383 an. Das aserbaidschanische Militär machte bislang mit Blick auf die Zensur während des Kriegsrechts keine Angaben zu den Verlusten in den eigenen Reihen.

Unterdessen haben armenische Dorfbewohner am Samstag ihre Häuser angezündet, damit sie nicht den Soldaten aus Aserbaidschan in die Hände fallen. Im Dorf Charektar im Bezirk Kalbajar, der laut einem Waffenstillstandsabkommen am Sonntag an Aserbaidschan übergeben werden muss, standen am Samstagmorgen mindestens sechs Häuser in Flammen.

"Heute ist der letzte Tag, morgen werden die aserbaidschanischen Soldaten da sein", sagte ein Soldat. Ein Hausbesitzer, der mit brennenden Holzscheiten den Fußboden in seinem Wohnzimmer in Brand setzte, sagte, er werde sein Haus nicht den Aserbaidschanern überlassen. "Alle werden heute ihr Haus abbrennen." Schon am Freitag hatten in Charektar und Umgebung Dutzende Häuser in Flammen gestanden.

Armenien hatte sich auf russischen Druck hin verpflichtet, die Kontrolle über große Gebiete an Aserbaidschan zu übergeben. Bis Sonntag muss es die Kontrolle über den Bezirk Kalbajar abgeben. Folgen sollen dann noch die Bezirke Aghdam bis zum 20. November und Latchin bis zum 1. Dezember.

2000 russische Soldaten zur Absicherung

Bergkarabach, ursprünglich Teil von Aserbaidschan, hatte während des Zerfalls der Sowjetunion einseitig seine Unabhängigkeit erklärt. Darauf folgte in den Neunzigerjahren ein Krieg mit 30.000 Todesopfern. Die selbst ernannte Republik wird bis heute international nicht anerkannt und gilt völkerrechtlich als Teil Aserbaidschans. Sie wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt.

Die Kämpfe waren Ende September wieder voll entbrannt. In dem neuen Krieg hatte Aserbaidschan weite Teile des Gebiets zurückerobert. Das Land berief sich dabei auf das Völkerrecht und sah sich von seinem "Bruderstaat" Türkei unterstützt. Armenien wiederum setzt auf Russland als Schutzmacht.

Nach der Vermittlung durch Russland sollen in Zukunft rund 2000 russische Soldaten die Einhaltung der Waffenruhe überwachen. Die meisten von ihnen bezogen bereits Stellung, darunter auch in der von Armenien kontrollierten Hauptstadt Stepanakert. Mittlerweile seien zwölf Beobachtungsposten eingerichtet worden, teilte das russische Verteidigungsministerium der Agentur Interfax zufolge mit. Zudem habe die Militärpolizei mit Patrouillen begonnen.

him/AFP/dpa
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