Zwischenfall in der Beringsee US-Küstenwache wirft russischem Militär Provokation vor

Russische Kriegsschiffe bei einem Manöver in der Beringsee
Foto: Russian Defense Ministry Press Service / APDie Warnungen kamen in einer Mischung aus Russisch und Akzent-gefärbtem Englisch, als die amerikanischen Fischer in der Beringsee zwischen Alaska und Russland auf Fang waren. Ihr Schiff sei in Gefahr und solle sich fortbewegen, hieß es. Abgesetzt worden sei die Warnung aus einem kreisenden Flugzeug, berichtet die "New York Times". Der Vorfall soll sich Ende August in US-amerikanischem Fischereigebiet ereignet haben. Die Anweisungen seien zunehmend dringlicher geworden.
Ein U-Boot sei in der Nähe, es würde gefeuert, die Fischer sollten die Zone verlassen, zitiert die Zeitung den Kapitän des Fischerbootes. Andere US-Fischer im Umkreis von etwa 100 Seemeilen (circa 185 Kilometer) sollen demnach ähnliche Funksprüche erhalten haben. "Es war angsteinflößend", so der Kapitän.
Zuerst habe er dem Flugzeug geantwortet, dass sein Schiff sich innerhalb der US-Wirtschaftszone befände und die Russen ihm keine Anordnung erteilen könnten. Schließlich habe sich auch ein russisches Schiff mit ähnlichen Aufforderungen in die Konversation eingemischt. Als er die Küstenwache um Rat gefragt habe, habe diese ihm gesagt: "Mach einfach, was sie dir sagen."
Aus Sorge um seine 130-köpfige Mannschaft habe er den Anweisungen Folge geleistet. Seiner Firma sei durch das Umkehrmanöver und den ausbleibenden Fang ein Verlust von etwa einer Million Dollar entstanden.
Mit atombetriebenen Eisbrechern zum Nordpol
Die russische Militäroperation war die jüngste einer ganzen Reihe von eskalierten amerikanisch-russischen Begegnungen im Nordpazifik und der Arktis. Die US-Territorialgewässer erstrecken sich über zwölf Seemeilen von der Küste Alaskas, davor liegt über etwa 200 Meilen (circa 370 Kilometer) die amerikanische Wirtschaftszone. Dort können US-Schiffe ohne ausländische Konkurrenz fischen – die Durchfahrt internationaler Schiffe ist jedoch gestattet.
Die US-Küstenwache berichtete der "New York Times" zufolge über diverse neue Aktivitäten in dem Gebiet, nicht nur militärischer Art. Wegen des schmelzenden Polareises und der dadurch einfacheren Passage finden etwa vermehrt Kreuzfahrten in der Region statt, Forschungsschiffe begeben sich auf Exploration, um die Veränderungen nachzuvollziehen, Erdölfrachter befahren das Gebiet. Die Zone ist ein Einfallstor in arktische Gewässer mit reichen unterirdischen Öl- und Gasressourcen.
Auch Militäraktionen Russlands nähmen aber zu, so die Zeitung. In diesem Jahr sei das russische Militär mit einem atombetriebenen Eisbrecher zum Nordpol gefahren, Fallschirmjäger seien über einem Archipel abgesprungen, um eine Übung durchzuführen, wiederholt seien auch russische Bomber an den Rand des US-Luftraums geflogen.
Ein Kommandeur der Küstenwache, der das Gebiet vor Alaska beaufsichtigt, sagte laut "New York Times", es sei keine Überraschung gewesen, dass russische Streitkräfte im Sommer im Beringmeer operierten. "Die Überraschung war, wie aggressiv sie auf unserer Seite der Seegrenze wurden." Russische Militärs hatten demnach zuvor verlautbart, ihre Aktivitäten dort dienten der wirtschaftlichen Entwicklung. US-Behörden hätten ihr Recht auf Passage der Gebiete anerkannt.
"Ich denke, sie wollten uns testen – ihre Muskeln spielen lassen", sagte der Senator von Alaska, Dan Sullivan, der Zeitung. Der Republikaner plädiert seit Jahren für eine stärkere Präsenz des eigenen Militärs in der Arktis und warnt vor zunehmender russischer Aktivität dort. Seiner Meinung nach hätte das amerikanische Fischerboot nicht zur Umkehr gezwungen werden sollen.
Die Küstenwache gab dem Bericht zufolge an, sie sei darüber informiert gewesen, dass Teile des russischen Manövers in US-Fischereigewässern stattfinden würden – sie habe die Fischer jedoch nicht darüber in Kenntnis gesetzt.
Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten in landesspezifischen Wirtschaftszonen auf der ganzen Welt. Insbesondere in Regionen mit reichen Fischvorkommen und Bodenschätzen wie der Arktis bergen die Grenzgebiete Konfliktpotenzial.
Alaska bezieht unter den US-Bundesstaaten ein überdurchschnittlich hohes Militärbudget. Die Ausgaben dort beliefen sich im Jahr 2018 pro Kopf auf 2466 US-Dollar (etwa 2087 Euro), der US-Durchschnitt lag bei 1099 Dollar (etwa 930 Euro). In Alaska befinden sich mehrere große Militärbasen. Die Entfernung zu Russland beträgt an der engsten Stelle der Beringsee nur etwa 55 Meilen (circa 89 Kilometer).