Kiew, Ukraine
Ein Morgen an einer Schule in Kiew.
Oleksander Shcherbyn, Entminungseinheit der ukrainischen Polizei
»Was meint ihr, wie viel Sprengstoff könnte hier reinpassen? Hier könnte leicht ein Kilogramm Sprengstoff reinpassen, das ist wirklich viel.«
Die Kinder sollen lernen, eine mögliche Bombe zu identifizieren und entsprechend zu reagieren. Der Hintergrund der Aktion: Seit Anfang des Jahres sind mehr als 300 anonyme Bombendrohungen bei Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen eingegangen. Alle erwiesen sich als Falschmeldungen. Der ukrainische Geheimdienst SBU macht Russland für die Bombendrohungen verantwortlich – als »Teil einer hybriden Kriegsführung«. Moskau wolle auf diese Weise Angst und Panik in der Gesellschaft verbreiten. Dagegen soll den Schülern die Aufklärung der Polizei helfen.
Mehrfach mussten bereits Schulen und andere Einrichtungen wegen falschem Bombenalarm evakuiert werden. Die Schüler und Schülerinnen der 209. Gesamtschule in Kiew sind derlei Drohungen bereits gewohnt.
Schülerin der 209. Gesamtschule in Kiew
»Ich fand es eine gute Übung. Wenn man – Gott bewahre – wirklich hier eine Bombe finden würde, sind wir bereit. Und wir werden nicht in Panik geraten – hoffentlich.«
Ob die russischen Geheimdienste wirklich für die Droh-Mails zuständig sind, konnte nicht überprüft werden. Die Ukrainer aber sehen darin eine Methode, die sie von anderen Cyber- und Hackerangriffen aus Russland kennen. Die Sorge im Land ist groß: Russland hat weitere Militärmanöver an der ukrainischen Grenze und in der Nähe der Krim abgehalten. Westliche Geheimdienste sprechen von mehr als 100.000 russischen Soldaten, die sich an der Grenze zur Ukraine aufhalten sollen. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, dort mehr als 6000 Mann und 60 Kampfjets im Manövereinsatz zu halten. Und der ukrainische Militärgeheimdienst meldet, dass Russland seine Waffenlieferungen in die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk weiter aufgestockt habe.
Hier an der Schule in Kiew geht es nicht um die akute Bedrohung einer militärischen Invasion. Es geht darum, mit einer Drohkulisse fertig zu werden – egal, ob sie vom russischen Geheimdienst oder von Trittbrettfahrern ausgeht.
Beauftragte für Katastrophenfälle
»Jeder sollte die Mechanik der möglichen Reaktionen kennenlernen. Ihr sollt auch den Unterschied zwischen Sprengstoffen und Pyrotechnik kennenlernen.«
Auch wenn die Evakuierung der Schule diesmal eine reine Übung ist – belastend sind die ständigen Drohungen für die 6- bis 16-jährigen Schüler allemal.