Veröffentlichte Regierungsmails Johnson könnte zu umstrittener Tierrettung aus Afghanistan gelogen haben

In einem der letzten Evakuierungsflüge aus Kabul saßen Hunde und Katzen – keine Menschen. Die Briten waren empört. Premier Johnson gab an, nichts gewusst zu haben. Nun gibt es Indizien dafür, dass das nicht stimmte.
Militärflugzeug über Kabul (Symbolbild)

Militärflugzeug über Kabul (Symbolbild)

Foto: STRINGER / EPA

Als die Taliban im August Afghanistan überrannt haben, war der Westen eilig damit beschäftigt, möglichst viele Schutzsuchende aus dem Land zu fliegen. Eine britische Militärmaschine blieb allerdings für Hunde und Katzen reserviert: Ein ehemaliger Soldat hatte den Evakuierungsflug für die insgesamt 173 Tiere organisiert.

In Großbritannien sorgte die Priorisierung für viel Empörung. Premier Boris Johnson gab damals an, mit dem Fall nichts zu tun zu haben. Nun suggerieren vom britischen Außenkomitee veröffentlichte Mails : Johnson gab höchstpersönlich seine Genehmigung zur als »Operation Ark« (Operation Arche) bezeichneten Aktion.

Hinter der Aktion steckte der ehemalige Soldat Paul Farthing, der in der Hauptstadt Kabul ein Tierheim betrieb. Seine Organisation Nowzad wurde in einer nun veröffentlichten Mail vom 25. August ausdrücklich gelobt. An einer Stelle heißt es, Nowzad »hat gerade viel Aufmerksamkeit erhalten und der PM [Premierminister] hat gerade verfügt, dass ihre Angestellten und Tiere evakuiert werden«.

Johnson hatte das bislang abgestritten. Bereits im August hatte er vor Journalistinnen und Journalisten behauptet, »absolut keinen Einfluss« auf die Tier-Evakuierung gehabt zu haben. »So machen wir das nicht in diesem Land«, fügte er hinzu. Zuletzt hatte Johnson im Dezember bekräftigt, dass Gerüchte über seine Einflussnahme »völliger Unsinn« seien.

Laut britischen Medien soll Farthing zuvor die britische Regierung massiv und letztlich erfolgreich unter Druck gesetzt haben. Auch wenn die Tiere in Sicherheit gebracht wurden: Vielen von Farthings einheimischen Unterstützern und ihren Familien gelang es damals nicht, das Land zu verlassen.

Der britische Tierschützer Paul Farthing

Der britische Tierschützer Paul Farthing

Foto:

Nowzad / dpa

Der britische Ex-Soldat hatte sich zuvor in einer tagelangen Kampagne für die Evakuierung der Tiere aus dem von ihm gegründeten Tierheim in Kabul eingesetzt. Nach anfänglichem Zögern erhielt er die Unterstützung der britischen Regierung, die trotz der schwierigen Umstände ein Zeitfenster für seinen von Unterstützern finanzierten Charterflug zusagte und Visa ausstellte. Zum Schluss musste er jedoch ohne die Mitarbeiter reisen. Ihnen wurde aus unbekannten Gründen der Zugang zum Flughafen verwehrt.

Die Tiere seien im Gepäckraum des Flugzeuges gereist und hätten Menschen keinen Platz weggenommen, betonte Farthing. Allerdings haben er und die Tiere Medienberichten zufolge offenbar eine Sonderbehandlung im Flughafen erhalten. Hingegen hätten sich beispielsweise Übersetzer, die der britischen Armee in Afghanistan gedient hatten, allein durchschlagen müssen. »Es ist eine Schande, dass die Übersetzer nicht dieselbe VIP-Behandlung bekommen haben«, zitierte im vergangenen Sommer die »Times« einen Ex-Soldaten.

Bei der britischen Rettungsoperation aus Afghanistan wurden nach Regierungsangaben mehr als 15.000 Menschen evakuiert. Angesichts von bis zu 1000 Ortskräften, die wegen der knappen Zeit zurückgelassen werden mussten, empörten sich viele Briten jedoch über die Evakuierung von Haustieren.

mrc
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