Freitagspartys im Lockdown Johnson soll regelmäßig Trinkrunden besucht haben

Großbritanniens Premier Boris Johnson bei einer Corona-Ansprache Anfang Januar
Foto:POOL / REUTERS
Immer neue Vorwürfe wegen des Bruchs von Coronaregeln an seinem Regierungssitz kommen gegen den britischen Premier Boris Johnson auf – er gerät in der »Partygate«-Affäre immer stärker unter Druck. So hat es in Downing Street einem Medienbericht zufolge während der Pandemie nicht nur vereinzelte, sondern regelmäßige Zusammenkünfte gegeben, bei denen Alkohol getrunken worden sei. Das berichtet der in der Angelegenheit in der Regel gut informierte »Mirror«.
Johnsons Mitarbeiter hätten sich jeden Freitag zu »Wine-time Fridays« getroffen, der Premier habe sie ermutigt, »Dampf abzulassen« – auch wenn Treffen in Innenräumen gemäß den Lockdown-Regeln in Großbritannien streng verboten waren.
Der Regierungschef habe mehrmals selbst bei diesen Zusammenkünften vorbeigeschaut. Die Mitarbeiter hätten für die regelmäßigen Treffen eigens einen Bürokühlschrank angeschafft, um ihre Flaschen Weißwein, Prosecco und Bier kühl zu halten. Helfer sollen im örtlichen Tesco-Supermarkt Nachschub für die geplanten Trinkrunden besorgt haben.
»Downing-Street-Tradition« trotz Lockdown
Freitägliche Treffen sind nach »Mirror«-Angaben seit Langem eine »Downing-Street-Tradition« gewesen, auch unter früheren britischen Regierungen. Die Zusammenkünfte wurden demnach aber auch fortgesetzt, nachdem die Corona-Beschränkungen erlassen worden waren.
Für Johnson wird es in der »Partygate«-Affäre immer enger, mehrere Abgeordnete seiner Tory-Partei haben bereits seinen Rücktritt gefordert. Er selbst will sich politisch mit einem umfassenden Neustart aus der Bredouille befreien. Zu den Lockdown-Partys in seinem Regierungssitz laufen derzeit interne Untersuchungen, deren Ergebnisse der Premier abwarten will.
Währenddessen sieht sich der Regierungschef mit Rücktrittsforderungen aus der Opposition und auch aus seiner eigenen konservativen Tory-Partei konfrontiert. Der Tory-Abgeordnete Tobias Ellwood sagte der BBC am Samstag, Johnson müsse »führen oder zur Seite treten«.
Andrew Bridgen: »Das ist einfach nicht akzeptabel«
Der Hinterbänkler und frühere Johnson-Verbündete Andrew Bridgen sagte, für ihn habe der Premier seine »moralische Autorität verloren, das Land zu führen«. Bridgen zählt zu einigen Tory-Abgeordneten, die Johnson bereits schriftlich das Misstrauen ausgesprochen haben. Auf die Wein-Partys in der Downing Street angesprochen entgegnete er im BBC-Frühstücksfernsehen, es spiele keine Rolle, ob Johnson vor Ort gewesen sei oder nicht. »Letztlich ist er verantwortlich für das, was in der Regierung vor sich geht«, sagte er. »Was wir sehen, ist eine Kultur, in der es eine Regel für sie gibt und der Rest von uns tut, was uns gesagt wird. Das ist einfach nicht akzeptabel.«
Diese Worte hallten auch in einer Rede von Oppositionschef Keir Starmer nach. Es sei nun im »nationalen Interesse«, dass Johnson abtrete, sagte der Labour-Vorsitzende am Samstag auf einer Konferenz in London. Die Tories rief er auf, das Notwendige zu tun – und Johnson los zu werden.
Zuletzt wurde berichtet, dass es am Vorabend der Beerdigung von Queen-Gemahl Prinz Philip im April 2021 Feiern im Regierungssitz gegeben habe. Damals galten strenge Kontakt- und Abstandsregeln. Queen Elizabeth II. musste deshalb ganz allein in der Kapelle ihrer Residenz Windsor sitzen, als ihr Mann bestattet wurde.
Downing Street entschuldigte sich dafür. »Es ist zutiefst bedauerlich, dass dies zur Zeit nationaler Trauer stattgefunden hat«, hatte ein Johnson-Sprecher erklärt.