Medienbericht Johnson will nach Lockdownpartys durchgreifen – aber Regierungschef bleiben

Die Rücktrittsforderungen gegen Großbritanniens Premier Boris Johnson ebben nicht ab. Er will nun offenbar personell aufräumen – aber selbst nicht die Verantwortung für die Regierungskrise übernehmen.
Boris Johnson (Archivbild vom 12. Januar): Premier unter Druck

Boris Johnson (Archivbild vom 12. Januar): Premier unter Druck

Foto: HENRY NICHOLLS / REUTERS

Der britische Premier Boris Johnson steht wegen des Bruchs von Coronaregeln unter Druck – doch der konservative Politiker will einem Medienbericht zufolge mit einem Kahlschlag unter seinen engsten Mitarbeitern seine eigene politische Zukunft retten.

Wie die »Sunday Times«  schreibt, plant der konservative Regierungschef, personell umfassend in der Downing Street aufzuräumen und eine Reihe von »populistischen Ankündigungen« zu tätigen, um sich nach den Enthüllungen in der »Partygate«-Affäre im Amt halten zu können. Zu seinen Plänen soll zählen, die verbliebenen Coronabeschränkungen am 26. Januar aufzuheben.

Johnson weigert sich dem Bericht zufolge, selbst die Verantwortung für die Regierungskrise zu übernehmen. Auf Treffen in den vergangenen Tagen soll er seinem Team vorgeworfen haben, ihn nicht geschützt zu haben.

Johnsons Büroleiter Martin Reynolds, der Mitarbeiter trotz Lockdownregeln mit dem E-Mail-Aufruf »Bringt Euren eigenen Alkohol mit« zu einer Gartenparty eingeladen hat, dessen Vertreter Stuart Glassborow und Stabschef Dan Rosenfield gelten als wahrscheinlichste Kandidaten dafür, die Downing Street verlassen zu müssen. Es werde erwartet, »dass einige hochrangige Mitarbeiter gehen müssen«, schrieb auch der »Guardian«.

Der Premier steht seit Längerem vor allem wegen Feiern in seinem Regierungssitz zu Lockdownzeiten immens unter Druck. Er hatte am Mittwoch im Parlament für eine Gartenparty in seinem Amtssitz um Entschuldigung gebeten. Doch weitere Enthüllungen folgten, unter anderem zu Feiern am Vorabend der Beerdigung von Queen-Gemahl Prinz Philip im April 2021. Damals galten strenge Coronaregeln in Großbritannien, wodurch Königin Elizabeth II. allein in der Kapelle ihrer Residenz Windsor sitzen musste, als ihr Mann bestattet wurde. Die Opposition und auch einige eigene Parteikollegen haben Johnson zum Rücktritt aufgefordert.

Der konservative Abgeordnete Tim Loughton schrieb am Samstagabend bei Twitter: »Ich bin leider zu dem Schluss gekommen, dass Boris Johnsons Position jetzt unhaltbar ist und dass sein Rücktritt die einzige Möglichkeit ist, diese ganze unglückliche Episode zu beenden.«

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Der Parteichef der Konservativen Oliver Dowden lehnt einen Rücktritt des Premiers hingegen ab. Erst müssten die Vorwürfe geklärt werden, und dann müsse sich Johnson mit den Gepflogenheiten seiner Regierung auseinandersetzen, sagte er.

Oppositionschef Keir Starmer kritisierte Johnson in der BBC scharf. Der Premier habe gegen das Gesetz verstoßen und das Parlament belogen, als er zum ersten Mal über die Berichte der Parteien befragt wurde. Starmer sagte, die Öffentlichkeit könne den Premierminister nicht mehr ernst nehmen, wenn es um den Umgang mit der Coronapandemie gehe.

bbr/dpa/Reuters
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