Brasilien in der Coronakrise Ausnahmezustand am Amazonas

Eine Frau ist mit dem Boot zur Ilha Marrecão im Amazonas gekommen, um sich auf Corona testen zu lassen
Foto: Tyler Hicks/ The NewYorkTimes/ Redux/ laif
In Reportagen, Analysen, Fotos, Videos und Podcasts berichten wir weltweit über soziale Ungerechtigkeiten, gesellschaftliche Entwicklungen und vielversprechende Ansätze für die Lösung globaler Probleme.
Für die entlegenen Dörfer im Amazonasgebiet ist der Fluss eine Lebensader. Fast alles, was transportiert werden muss, gelangt übers Wasser in die Siedlungen: Menschen, Lebensmittel, Waren, Medikamente.
Doch in der Pandemie bringt der Wasserweg auch den Tod: Amazonas-Bewohner, die mit Booten zwischen Dörfern und Städten hin- und herfahren, um einzukaufen, Waren zu verkaufen oder sich medizinisch versorgen zu lassen, haben das Coronavirus am Fluss entlang verbreitet. Von der Regenwaldmetropole Manaus, die bereits seit Monaten ein Corona-Hotspot ist, ist die Pandemie so bis in abgeschottete Dörfer gelangt.

Apurinã-Mädchen haben sich speziell gekleidet, um ein Corona-Testteam zu begrüßen
Foto: Tyler Hicks/ The NewYorkTimes/ Redux/ laifAuch Holzfäller und Goldgräber, die den Regenwald trotz Krise weiter plündern, und offenbar auch Gesundheitsmitarbeiter haben das Virus in Amazonas-Gemeinden getragen - und deren Bewohner sind dem Virus oft schutzlos ausgeliefert.
Lokale Anführer indigener Stämme und Organisationen warnen, dass das Immunsystem von Indigenen besonders anfällig sei. Auch die ärmlichen Lebensbedingungen und Vorerkrankungen könnten für eine hohe Todesrate sorgen.
Mehrere indigene Führungspersönlichkeiten sind bereits an den Folgen des Virus gestorben. Insgesamt hat die Organisation Apib mehr als 22.600 Corona-Infektionen bei indigenen Brasilianern registriert sowie fast 640 Corona-Todesfälle - und warnt vor der drohenden "Ausrottung" von indigenen Gemeinden.

Boote sind stundenlang unterwegs, um Patienten abzuholen - oft kommen sie zu spät
Foto: Tyler Hicks/ The NewYorkTimes/ Redux/ laifKrankenhäuser sind für viele Bewohner im Amazonasgebiet nur mit dem Boot zu erreichen und oft Hunderte von Kilometern entfernt. Medizinische Teams kämpfen nun mit Booten und Flugzeugen gegen die Krise: Mobile Teams testen Bewohner abgelegener Siedlungen auf Corona oder evakuieren Patienten, die sonst in ihren Dörfern sterben müssten.
Doch selbst, wenn die Patienten es bis in die Amazonas-Hauptstadt Manaus schaffen, bleiben sie in Lebensgefahr. Manaus war bereits im April die erste brasilianische Stadt, in der das Gesundheitssystem kollabierte. Alle Intensivbetten waren belegt, die Friedhöfe überfüllt. Tote wurden in Massengräbern gestapelt oder mussten in Kühltransportern zwischenlagern.
Für die "New York Times" ist der Fotograf Tyler Hicks mehrere Wochen lang im Amazonas herumgereist, um die Ausbreitung des Virus zu dokumentieren - seine Aufnahmen sind hier zuerst erschienen.
Sehen Sie in der Fotostrecke, wie die Amazonas-Bevölkerung mit dem Coronavirus kämpft - und wie Helfer versuchen, Infizierte zu retten:

Corona-Krise im Amazonas
Dieser Beitrag gehört zum Projekt Globale Gesellschaft
Unter dem Titel »Globale Gesellschaft« berichten Reporterinnen und Reporter aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa – über Ungerechtigkeiten in einer globalisierten Welt, gesellschaftspolitische Herausforderungen und nachhaltige Entwicklung. Die Reportagen, Analysen, Fotostrecken, Videos und Podcasts erscheinen in einer eigenen Sektion im Auslandsressort des SPIEGEL. Das Projekt ist langfristig angelegt und wird von der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) unterstützt.
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