Brasilien Bolsonaro legt Veto gegen Corona-Hilfspaket ein

Kein Kurswechsel in Sicht: Nach seiner eigenen Corona-Diagnose blockiert der brasilianische Präsident Bolsonaro ein Gesetz, das Indigenen und Afrobrasilianern zugutekommen sollte.
Bolsonaro Mitte Juni in Brasília: Der Präsident spielt die Pandemie weiter herunter

Bolsonaro Mitte Juni in Brasília: Der Präsident spielt die Pandemie weiter herunter

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Adriano Machado/ REUTERS

Nur einen Tag nach der Bekanntgabe seiner Corona-Infektion hat der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro verdeutlicht, dass aufgrund der Erkrankung kein Politikwechsel zu erwarten ist. Als erste Amtshandlung nach dem positiven Testergebnis legte er sein Veto gegen ein Hilfspaket für Indigene und Afrobrasilianer während der Pandemie ein.

Mit der Unterschrift stoppte der rechte Staatschef vorläufig ein Gesetz, das die Behörden verpflichten würde, Ureinwohnern und Schwarzen Zugang zu Trinkwasser, Desinfektionsmitteln und ärztlicher Versorgung zu garantieren.

"Schaut mich an, mir geht es gut"

Jair Bolsonaro

Am Dienstag hatte Bolsonaro mitgeteilt, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben. Er habe Fieber, sei aber bei guter Gesundheit. Am Sonntag habe er sich krank gefühlt und am Montag einem Test unterzogen, nachdem er Symptome entwickelt habe, sagte Bolsonaro. Am Dienstag wollte er sich davon nichts mehr anmerken lassen.

"Schaut mich an, mir geht es gut", sagte der Präsident, als er nach seiner Ansprache vor Journalisten ein paar Schritte zurückging und die Maske abnahm. "Das Leben geht weiter." Er will in den kommenden Tagen in seiner Residenz in Brasília bleiben und die Regierungsgeschäfte über Videoschalten führen. Für diese Woche geplante Reisen nach Bahia und Minas Gerais sagte Bolsonaro ab.

DER SPIEGEL

Die Zahl der Corona-Toten im größten Land Lateinamerikas stieg indes binnen 24 Stunden um 1254 - das ist einer der höchsten Werte der vergangenen Wochen. Brasilien ist neben den USA derzeit einer der Brennpunkte der Corona-Pandemie. Bislang haben sich in dem Land 1,6 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, 66.741 Patienten sind im Zusammenhang mit der Lungenkrankheit Covid-19 gestorben. Experten gehen davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen noch deutlich höher liegen, da in Brasilien nur recht wenig getestet wird.

Wegen seines laxen Umgangs mit der Pandemie steht Bolsonaro schon seit Langem in der Kritik. Er bezeichnete die Lungenkrankheit Covid-19 immer wieder als "leichte Grippe" und stemmte sich gegen Schutzmaßnahmen. Auch zeigte er sich häufig ohne Mundschutz in der Öffentlichkeit, löste Massenaufläufe aus und machte Selfies mit Anhängern.

Seine eigene Erkrankung könnte ihm politisch jetzt sogar nützen. Nimmt sie bei ihm einen leichten Verlauf, dürfte er sich als lebender Beweis inszenieren, dass das Virus nicht besonders gefährlich sei. Erwischt es ihn doch heftiger, kann er zumindest auf Solidarität und Mitgefühl setzen.

Zuletzt hatte der Populist auch abseits der Gesundheitspolitik zu kämpfen: Sein Kabinett versinkt immer mehr im Chaos, die Justiz ermittelt wegen Korruption, der Verbreitung von Fake News und Kontakten zu kriminellen Milizen gegen sein direktes Umfeld.

mes/dpa
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