Brexit-Gespräche Britische Regierung lässt EU-Ultimatum verpuffen

Per Gesetz will die britische Regierung Teile des Brexit-Deals mit der EU aushebeln - und zeigt sich unbeeindruckt von einem Ultimatum aus Brüssel. Die EU spricht von "Vertrauensbruch", verhandelt aber weiter.
Brexit-Verhandlungen in Brüssel: keine Absicht zum Einlenken

Brexit-Verhandlungen in Brüssel: keine Absicht zum Einlenken

Foto: POOL / REUTERS

Die Europäische Union will trotz britischer Pläne zur einseitigen Änderung des Brexit-Abkommens weiter mit London am geplanten Handelspakt arbeiten. Dies hat EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic in Brüssel mitgeteilt. Ein von der EU gesetztes Ultimatum zur Abkehr von der Vertragsverletzung läuft offenbar ins Leere: Die britische Regierung habe keine Absicht zum Einlenken erkennen lassen, räumte Sefcovic ein.

Nach dem britischen EU-Austritt soll bis Ende Oktober ein Handelsabkommen stehen, um die Wirtschaftsbeziehungen von 2021 an zu regeln, wenn die Übergangsfrist abgelaufen ist. Allerdings empört sich Brüssel darüber, dass sich London mit einem "Binnenmarktgesetz" über das vereinbarte Austrittsabkommen hinwegsetzen will. Konkret geht es um mehrere Schlüsselregelungen zu Nordirland im Brexit-Vertrag (mehr dazu lesen Sie hier ).

"Äußerst ernsthafte Verletzung" des Brexit-Vertrages

Sefcovic hatte eine Frist bis Ende September - also Mittwoch - gesetzt, die umstrittenen Klauseln zurückzunehmen. Bei einer Sitzung des sogenannten Gemeinsamen Ausschusses habe der britische Staatsminister Michael Gove allerdings keinen Hinweis gegeben, dass Großbritannien dazu bereit sei, sagte Sefcovic. Der Kommissionsvize nannte die Pläne einen "Vertrauensbruch".

Die Verabschiedung des Binnenmarktgesetzes sei "eine äußerst ernsthafte Verletzung" des Brexit-Vertrages, sagte Sefcovic. Die EU werde "zu gegebener Zeit über die weiteren Schritte" zum rechtlichen Vorgehen gegen das britische Vorhaben informieren. Möglich in dem Fall ist eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof oder die Anrufung des Streitschlichtungsgremiums des Austrittsvertrages. Bekommt die EU dort Recht, könnten Strafgelder gegen Großbritannien verhängt werden.

Gove selbst bestätigte, dass die von der britischen Regierung geplanten Klauseln im Gesetz blieben. Das sei notwendig als "Sicherheitsnetz" und werde vom Parlament unterstützt. Das britische Unterhaus soll am Dienstag erneut über das geplante Binnenmarktgesetz abstimmen.

Michael Gove (2.v.l.) beim Verlassen einer Sitzung: "Diese Klauseln werden im Gesetz bleiben"

Michael Gove (2.v.l.) beim Verlassen einer Sitzung: "Diese Klauseln werden im Gesetz bleiben"

Foto: Francisco Seco / AP

Trotz des Streits über das Binnenmarktgesetz sollen die Verhandlungen über das nächste Abkommen wie geplant weiterlaufen. Die vorerst letzte Runde ist für Dienstag bis Freitag angesetzt. Das Handelsabkommen ist für EU-Unternehmen von größter Bedeutung. Ende des Jahres verlässt Großbritannien nach einer Übergangsphase auch den EU-Binnenmarkt und die Zollunion. Ohne Vertrag droht ein harter Brexit mit Zöllen und weiteren großen Handelshemmnissen.

Großbritannien ist nach seinem Austritt aus der EU bis Ende des Jahres während einer Übergangsphase noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion. In dieser Zeit wollen beide Seiten ihre künftigen Beziehungen aushandeln und insbesondere ein Handelsabkommen vereinbaren. Die Gespräche dazu kommen aber seit Monaten nicht voran. Am Dienstag beginnt die neunte und vorerst letzte Verhandlungsrunde. Ein Durchbruch erscheint angesichts der verhärteten Positionen äußert unwahrscheinlich.

asa/dpa
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