Brexit-Folgen EU leitet Verfahren gegen Großbritannien wegen Nordirland-Streits ein

Großbritannien und die EU streiten seit dem Brexit über Zollvorschriften in Nordirland. Nun hat die EU-Kommission ein Verfahren gegen London eingeleitet, nachdem London die bestehenden Regelungen ändern wollte.
EU-Kommissionsvizepräsident Šefčovič: Großbritannien verstoße »gegen das Völkerrecht«

EU-Kommissionsvizepräsident Šefčovič: Großbritannien verstoße »gegen das Völkerrecht«

Foto: Olivier Hoslet / EPA

Der Streit über Zollvorschriften für die britische Provinz Nordirland zwischen der Europäischen Union und Großbritannien hat eine neue Eskalationsstufe erreicht: Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien eingeleitet. Das Vorgehen Londons verstoße gegen internationales Recht und bedrohe den Frieden in Nordirland, erklärte Kommissions-Vizepräsident Maroš Šefčovič. Die britische Regierung hatte den Streit zu Wochenbeginn massiv verschärft und offiziell vorgeschlagen, einseitig bedeutende Änderungen am sogenannten Nordirland-Protokoll vorzunehmen.

Konkret geht es um drei rechtliche Verfahren: Zwei dieser Vertragsverletzungsverfahren werden neu eingeleitet, ein weiteres wieder aufgenommen. Diese können mit einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und einer Geldstrafe für London enden.

Trotz wiederholter Aufforderungen habe die britische Regierung es versäumt, das Protokoll umzusetzen, teilte die EU-Kommission mit. »Dies ist ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht.« Das sei nicht akzeptabel, sagte Šefčovič, der als EU-Kommissar für die Verhandlungen zwischen London und Brüssel zuständig ist.

Streit über Warenkontrolle

Nach dem Brexit war ein Streit darüber entbrannt, wie und wo Waren kontrolliert werden sollen, die aus Großbritannien nach Nordirland gebracht werden. Beide Seiten wollen eine Grenze auf der irischen Insel vermeiden, da befürchtet wird, dass dies in Gewalt enden und den Nordirlandkonflikt wieder anheizen könnte.

Das Nordirland-Protokoll ist Teil des 2019 geschlossenen Brexitabkommens. Es sieht vor, dass die zum Vereinigten Königreich gehörende Provinz weiter den Regeln des EU-Binnenmarkts und der Europäischen Zollunion folgt. Damit sollen Warenkontrollen zum EU-Mitglied Republik Irland verhindert werden, um ein Wiederaufflammen des Konflikts zwischen Gegnern und Befürwortern einer Vereinigung der beiden Teile Irlands zu verhindern. Dafür ist nun aber eine innerbritische Warengrenze entstanden.

London hatte dieser Regelung ursprünglich zugestimmt. Nun aber will die britische Regierung die meisten Kontrollen zwischen Nordirland und dem restlichen Großbritannien abschaffen und britische Händler für Waren nach Nordirland von der Pflicht zur EU-Zollanmeldung befreien. Die EU lehnt eine grundsätzliche Überarbeitung des Nordirland-Protokolls ab. Sie hat aber praktische Vereinfachungen bei den Kontrollen zugestanden.

col/AFP/Reuters/AP/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten