Nach Corona-Quarantäne Brexit-Verhandlungen werden persönlich fortgesetzt

Brexit-Unterhändler Michel Barnier und David Frost bei einem Treffen in Brüssel (Archiv)
Foto:YVES HERMAN / AFP
Nach einer vorsorglichen Corona-Quarantäne hat der EU-Unterhändler Michel Barnier die Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt mit Großbritannien in London fortgesetzt. »Die persönlichen Verhandlungen können weiter gehen«, schrieb Barnier auf Twitter. Auf britischer Seite leitet Chefunterhändler David Frost die Runde.
EU-Unterhändler Barnier war am Freitagabend in der britischen Hauptstadt angekommen. Zuvor war er eine Woche in Quarantäne, weil ein Mitglied seines Verhandlungsteams positiv auf Corona getestet worden war. Beide Seiten hatten weiter per Videoschalte verhandelt.
Gut einen Monat vor dem Ende der Brexit-Übergangsphase drängt die Zeit – zumal ein möglicher Handelspakt nach einer Einigung zwischen Brüssel und London noch ratifiziert werden müsste. »Dieselben erheblichen Differenzen bestehen weiter«, schrieb Barnier. Bei den drei wichtigsten Streitpunkten blieben tiefe Gräben: faire Wettbewerbsbedingungen, Fischereirechte und Kontrollinstrumente gegen eine befürchtete Verletzung des Brexit-Abkommens.
Der britische Unterhändler Frost erklärte, man werde weiter intensiv an einer Einigung arbeiten. Ein Deal müsse aber »uneingeschränkt die Souveränität Großbritanniens respektieren«.
Ohne Abkommen drohen Zölle
Großbritannien ist Ende Januar aus der EU ausgetreten, verlässt aber erst zum Jahresende auch den Binnenmarkt und die Zollunion. Ohne ein Anschlussabkommen drohen Zölle und zusätzliche Handelshemmnisse. Das würde sich auch auf die deutsche Wirtschaft auswirken.
»Eine Einigung über ein neues Handelsabkommen in letzter Sekunde muss kommen. Alles andere wäre ein Desaster«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang, der »Rheinischen Post«. Die enge wirtschaftliche Verzahnung der Länder mache einen Kompromiss dringend notwendig, nur so könne Planungssicherheit entstehen.
Auch in Großbritannien ist der Druck immens: Die nordwalisische Fischindustrie exportiere 90 Prozent ihrer Produkte in die EU, sagte der Regierungschef von Wales, Mark Drakeford, der Nachrichtenagentur dpa. Ohne Handelsvertrag könne es zu Lieferproblemen kommen, und die Ware könne verderben. »Verzögerungen im Ablauf könnten das Ende dieser Industrie bedeuten«, sagte Drakeford.