Beseitigt nach nur einem Tag: Kaum stand sie auf dem Sockel, wurde die Statue einer Black Lives Matter-Demonstrantin von den Behörden in der englischen Hafenstadt Bristol wieder abgebaut und wegtransportiert. Schließlich war die Statue "weder angefordert noch genehmigt" gewesen, so der Bürgermeister der Stadt, Marvin Rees.
Tatsächlich war die Statue ohne Wissen des Stadtrates aufgestellt worden. Die Skulptur des Londoner Künstlers Marc Quinn zeigt die Anti-Rassismus-Aktivistin Jen Reid mit erhobener Faust.
Auf demselben Sockel stand bis vor kurzem noch die Statue des britischen Sklavenhändlers Edward Colston.
Demonstranten, darunter Reid, rissen die Figur des in Bristol geborenen Colston im Juni nieder und warfen sie ins Hafenbecken der Stadt.
Aktivistin Reid hatte sich daraufhin nach der Aktion selber auf den leeren Sockel gestellt.
Jen Reid, Black-Lives-Mater-Aktivistin
"Ich habe meine Faust gestreckt, um die Macht dem Volk zurückzugeben, den Sklaven, die durch Colston gestorben sind."
Der Künstler Marc Quinn war von der Aktion Reids inspiriert.
Marc Quinn, Künstler
"Ich hatte ein Foto von Jen mit ihrer gestreckten Faust auf Instagram gesehen. Ich habe sofort an eine Skulptur gedacht. Ich dachte, dass man vielleicht diesen tollen Moment, den sie dort geschaffen hatte, bewahren könnte - für etwas länger als die 30 Sekunden ihrer Pose."
Bei den Einwohnern der Stadt kam die lebensgroße Statue aus Stahl und Kunstharz Harz durchaus gut an:
Catherine Jordan, Bewohnerin von Bristol
"Ich hoffe, Colston endet in einem Museum und wird neu bewertet. Vielleicht kann man ihn ja in Ketten legen oder so etwas. Es war an der Zeit, und eine Statue wie diese ist fantastisch."
David Hayes, Bewohner von Bristol
"Ja, die Aktion hat etwas von ausgleichender Gerechtigkeit: Wie Colston vom Sockel gerissen und zum Hafen gebracht wurde, das war sicher mehr als gerecht."
Der Sklavenhändler und konservative Abgeordnete Colston war an der Versklavung von 80.000 Menschen beteiligt.
Jen Reid, Black-Lives-Mater-Aktivistin
"Mal abgesehen davon, dass ich es bin: Ich finde diese Statue besagt definitiv, dass es vorbei ist mit Colston. Es ist Zeit für einen Wandel. Wir müssen vorwärts schauen: Die Leute müssen ins Gespräch kommen und informiert werden, das ist wirklich sehr wichtig.”
Reids Abbild blieb für nur etwa 24 Stunden stehen. Die Statue sei in ein Museum gebracht worden, erklärte der Stadtrat. Ihr Schöpfer Quinn könne sie sich dort abholen oder der Stadt spenden. Die Statue von Colston wurde inzwischen aus dem Hafenbecken gefischt – sie wird derzeit restauriert. Der Plan ist, sie im Museum aufzustellen, zusammen mit Plakaten aus den Anti-Rassismus-Protesten der vergangenen Monate. Vielleicht wird die Skulptur von Jen Reid ja neben ihm Platz finden. Der umkämpfte Sockel bleibt aber erst einmal leer.