Korruptionsvorwürfe gegen Premier Demonstranten fordern Rücktritt der Regierung Bulgariens

Polizei und Demonstranten treffen in Sofia aufeinander
Foto: VASSIL DONEV/EPA-EFE/ShutterstockMehrere Tausend Demonstranten haben am Mittwoch in der bulgarischen Hauptstadt Sofia den Rücktritt der Regierung gefordert. Anlass ist die erste Parlamentssitzung nach der Sommerpause, bei der es um eine Verfassungsänderung geht.
Bei den Protesten blockierten die Demonstranten das Parlamentsgebäude unter dem Motto "Großer Volksaufstand". Sie beschuldigen die bürgerlich-nationalistische Regierung, korrupt zu sein und zugunsten von Oligarchen zu handeln. Die Demonstranten versuchten, ein massives Polizeiaufgebot rund um das Parlament zu umgehen. Dabei schwenkten sie weiß-grün-rote Nationalfahnen und warfen mit Äpfeln, Tomaten und falschen 500-Euro-Banknoten. Beide Seiten sollen Pfefferspray benutzt haben. Zudem sollen Demonstranten Steine und Flaschen auf die Beamten geworfen haben.
16 Menschen wurden infolgedessen in Kliniken gebracht, darunter auch ein Reporter des nationalen Fernsehens.
Die von Premierminister Bojko Borissow vorgeschlagenen Änderungen soll die nunmehr 56 Tage andauernde Protestwelle entschärfen. Sie würden die Macht des Generalstaatsanwalts erhöhen, die Zuständigkeiten des Präsidenten und des Justizministers verringern und die Zahl der Abgeordneten von 240 auf 120 verringern.
Die Opposition und Rechtsexperten werfen Borissow vor, mit dem scheinbaren Eingehen auf die Forderungen der Demonstranten seine Macht bis zu den Wahlen im März 2021 erhalten und frühzeitige Neuwahlen verhindern zu wollen. Der Premier hatte am Dienstag bekannt gegeben, seine Regierung werde weiterarbeiten.
Auch Präsident verlangt Rücktritt des Premiers
Auch Staatspräsident Rumen Radew verlangt den Rücktritt der Mitte-rechts-Regierung. Zugleich appellierte er am Dienstag an die Parlamentarier, die Pläne des Premierministers zur Verfassungsänderung abzulehnen. Ein Erfolg bei der Abstimmung gilt als unwahrscheinlich. Präsident und Premier befinden sich seit Längerem in einem Konflikt.
Lokalen Medienberichten zufolge erschien Ministerpräsident Borissow nicht persönlich im Parlament. Die aktuelle Protestwelle ist die größte in Bulgarien seit 2014.