China baut Universität in Budapest Orbáns riskanter Flirt mit Peking

In Europa gerät Ungarns Premier Orbán zunehmend ins Abseits. Nun sucht er die Nähe zu Peking. In Budapest sollen die Chinesen ein umstrittenes Projekt umsetzen – und könnten so Einfluss auf die Hochschulpolitik nehmen.
Ungarns Premier Orbán

Ungarns Premier Orbán

Foto: Stephanie Lecocq/ picture alliance / dpa

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Einst wurden auf dem »Großen Marktareal« (»Nagyvásártelep«) in Ungarns Hauptstadt Budapest Schlacht- und Zuchttiere gehandelt, Getreide, Gemüse. Heute liegt das Gelände brach. Die Regierung unter Viktor Orbán will »Nagyvásártelep« jetzt neu erschließen. Dazu hat sie sich einen ungewöhnlichen Partner gesucht: Die Fudan-Universität aus Shanghai soll bis 2024 an der Donau einen Campus errichten.

Dass eine Hochschule aus dem kommunistischen China im postkommunistischen Ungarn eine Art Zweigstelle errichten darf, ist umstritten: Der Budapester Bürgermeister protestiert, weil er dort Studentenwohnungen bauen lassen wollte. Die Opposition befürchtet Spionage und politische Einflussnahme, Investigativjournalisten haben aufgedeckt, dass die Finanzierung des Projektes durch China bereits diskret abgesprochen wurde.

Budapests Bürgermeister warnt vor Pekings Einfluss

Und die EU ist irritiert: Die Orbán-Regierung hatte gerade erst die von George Soros finanzierte Central European University aus dem Land gedrängt. Sie verbreitet die Verschwörungstheorie, der Milliardär wolle Europa mit Flüchtlingen fluten. Und nun lässt sie sich von China eine Hochschule bauen.

Der Bürgermeister von Budapest, Gergely Karácsony, ist ein erbitterter Gegner Orbáns und fühlt sich betrogen: »Es könnte sich herausstellen, dass das Wort des Premiers nichts wert ist.« In seiner Lesart habe es eine Verabredung zwischen seiner Stadt und der Regierung gegeben, auf dem »Nagyvásártelep« Studentenunterkünfte zu bauen. Entwürfe des Architekturbüros »Snøhetta « zeigen Glasfronten an der Haupthalle, viel Grün und eine Freitreppe zum Wasser.

Karácsony hat Widerstand angekündigt für den Fall, dass die Fudan-Universität nach Ungarn expandiert. Er ist gegen eine »Eliteuniversität, die den Prinzipien und dem Einfluss der Chinesischen Kommunistischen Partei« diene.

Der Budapester Fudan-Campus soll für 5000 Studentinnen und Studenten gebaut werden. Es wäre die erste Zweigstelle der chinesischen Hochschule – die in Shanghai wie alle chinesischen Universitäten Marxismus-Leninismus als Pflichtfach auf dem Plan hat.

Orbáns Regierung verschließe die Augen vor der Gefahr für die nationale Sicherheit durch das Fudan-Projekt, warnte der Oppositionsabgeordnete Péter Ungár am Dienstag im Parlament. China könne tiefen Einblick und sogar Einfluss auf die Hochschul-Lehrinhalte seines Landes erhalten, etwa zum Beispiel bei der Diplomatenausbildung.

Architektenentwurf für eine Studentenstadt in Budapest: Kredit aus Peking?

Architektenentwurf für eine Studentenstadt in Budapest: Kredit aus Peking?

Foto: ZOA 3D / Snøhetta

Investigativjournalisten vom Portal www.direkt36.hu  haben zudem aufgedeckt, dass auch die Finanzierung des akademischen Projektes unter chinesischer Kontrolle bleibt. So habe die Regierung Verträge vorbereitet, die vorsehen, dass Budapest einen Kredit über 1,5 Milliarden Euro in China aufnimmt, es werden chinesische Arbeiter sein, die den Bau an der Donau vorantreiben und dabei vor allem chinesische Materialien verwenden. Die Orbán-Regierung hat die Presseberichte nicht dementiert.

Orbán möchte außenpolitischen Spielraum gewinnen

Viktor Orbán nähert sich China vor allem deshalb an, weil er seine außenpolitischen Spielräume vergrößern möchte. Deshalb hat er im Alleingang früh Sputnik V in Russland eingekauft, deshalb treibt er auch den Bau einer Bahnlinie Budapest-Belgrad mit chinesischer Hilfe voran.

In der EU ist er zuletzt immer mehr ins Abseits geraten: Dem Rauswurf aus der christdemokratischen EVP-Parteienfamilie kam seine Fidesz-Partei mit einem Austritt zuvor. Ungarn drohen zudem Strafen durch den neu geschaffenen EU-Rechtsstaatsmechanismus. Kai-Olaf Lang, Osteuropa-Experte am Berliner Thinktank »Stiftung Wissenschaft und Politik«  sagt: »Es geht Orbán nicht darum, den Austritt aus der EU vorzubereiten, aber darum, sich möglichst viele Optionen offenzuhalten.«

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