Medienbericht Chinas Ballons sind offenbar Teil eines weltweiten Überwachungsprogramms

Ein mutmaßlicher Spionageballon über den USA wurde abgeschossen, ein weiterer über Lateinamerika gesichtet: Laut »Washington Post« gehören die Fluggeräte zu einem chinesischen Netzwerk – das sich über fünf Kontinente erstreckt.
Bergungsarbeiten vor der US-Ostküste nach Abschuss von Ballon

Bergungsarbeiten vor der US-Ostküste nach Abschuss von Ballon

Foto: US Navy / Lt. j. g. Jerry Ireland / EPA

Der Fall des von den USA abgeschossenen mutmaßlichen Spionageballons aus China beschäftigt Sicherheits- und Militärkreise auch rund eine Woche nach der ersten Sichtung weiter – und sorgt mittlerweile auch auf höchster politischer Ebene für Debatten.

Das zerstörte Flugobjekt ist einem Bericht der »Washington Post«  zufolge Teil eines umfangreichen Überwachungsprogramms Pekings. Derartige Ballons hätten seit Jahren Informationen über militärische Einrichtungen in Ländern und Gebieten gesammelt, die für China von strategischem Interesse seien, berichtete die Zeitung am Dienstagabend (Ortszeit) unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise.

Dazu zählten zum Beispiel Japan, Indien, Vietnam, Taiwan und die Philippinen. Die Ballons würden zum Teil von der Küste der südchinesischen Insel Hainan aus operieren. Sie seien bisher über fünf Kontinenten gesichtet worden.

Das jüngste Auftauchen des mutmaßlich zu Spionagezwecken genutzten chinesischen Überwachungsballons über US-Territorium hat die ohnehin frostigen Beziehungen beider Länder noch weiter abgekühlt.

Botschaften werden mit Infos versorgt

Washington wirft China vor, das Land habe mit dem Ballon Militäreinrichtungen ausspionieren wollen. Die Regierung in Peking sprach dagegen von einem zivilen Forschungsballon, der vom Kurs abgekommen sei. Ein weiteres Exemplar war kurz nach der ersten Sichtung über Lateinamerika aufgespürt worden. China entschuldigte sich bei Costa Rica für den Überflug.

»Die Chinesen haben eine unglaublich alte Technologie mit modernen Kommunikations- und Beobachtungsmöglichkeiten kombiniert, um Informationen über die Streitkräfte anderer Länder zu sammeln«, zitierte die »Washington Post« einen nicht namentlich genannten US-Regierungsvertreter.

Das US-Außenministerium hat der Zeitung zufolge an jede US-Botschaft detaillierte Informationen über die Überwachungsballons geschickt, die mit Verbündeten und Partnern geteilt werden können. »Unsere Verbündeten und Partner sind sehr daran interessiert«, so der Regierungsvertreter.

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Peking will keinen Anruf aus den USA

China hat nach Pentagon-Angaben zudem einen Anrufversuch von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin abgeblockt. Das Pentagon habe direkt nach dem Abschuss des Ballons am Samstag einen Anruf auf einer sicheren Leitung zwischen Austin und dem chinesischen Verteidigungsminister Wei Fenghe angefragt, erklärte Ministeriumssprecher Pat Ryder am Dienstag. »Leider hat die Volksrepublik China unseren Antrag abgelehnt.«

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»Wir glauben an die Wichtigkeit, offene Kommunikationskanäle zwischen den USA und der Volksrepublik China zu behalten, um unsere Beziehungen verantwortungsvoll zu managen«, erklärte Ryder. »Drähte zwischen unseren Streitkräften sind in solchen Momenten besonders wichtig.« Die USA würden sich weiterhin für offene Kommunikationskanäle einsetzen.

Der Überflug des mutmaßlichen Spionageballons über die USA hatte in den vergangenen Tagen für Aufsehen, Empörung und neuen Spannungen zwischen Washington und Peking gesorgt. Biden ließ den Ballon schließlich am Samstag an der US-Ostküste über dem Atlantik von einem Kampfflugzeug abschießen, als der Ballon sich nicht mehr über dem Festland befand. Jetzt läuft die Bergung der Trümmer, die USA erhoffen sich von der Auswertung wichtige Erkenntnisse.

Am Montag erklärte das Außenministerium in Peking, der Abschuss habe die Beziehungen zwischen der Volksrepublik und den Vereinigten Staaten »ernsthaft beeinträchtigt und beschädigt«.

jok/dpa
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