Coronakrise in den USA Kampf um die Maske

Donald Trump bei einem Besuch der Ford-Werke in Michigan
Foto:Daniel Mears/ imago images/ZUMA Wire
Für ein paar Tage im März lief es gut, für den Präsidenten und für sein Land. Donald Trump hatte sich entschlossen, auf seine Fachleute zu hören und das Coronavirus ernst zu nehmen. Viele Staaten verhängten Ausgangssperren und verfügten, Abstand zu halten. Die USA nahmen den Kampf gegen Covid-19 endlich auf.
Die Bürger honorierten das. Trumps Zustimmungswerte stiegen auf ein Rekordhoch. In Umfragen äußerten sich 47,3 Prozent zufrieden über seine Politik, so viele wie nie seit seinem Amtsantritt.
Es war der Moment, in dem Trump eine der fatalsten Fehlentscheidungen seiner Regierungszeit traf: Er beschloss, das Virus zu politisieren.
Schon ein paar Wochen zuvor hatte er Corona als "demokratischen Schwindel" bezeichnet. Diesmal verpackte er seine Botschaft subtiler: Als die amerikanische Seuchenbehörde CDC den Gebrauch von Gesichtsmasken empfahl, machte Trump klar, dass er keine tragen werde: "Ich kann mir das für mich selbst irgendwie nicht vorstellen."
Er hat diese Linie durchgehalten. Wenn es eine Konstante in Trumps Corona-Politik gibt, dann ist es die Ablehnung der Maske. Noch vor zwei Wochen erklärte er in einem Interview mit dem "Wall Street Journal", manche Bürger trügen die Maske nur, um ihre Ablehnung ihm gegenüber zum Ausdruck zu bringen.
Wer Trump verehrt, trägt keine Maske
In Wirklichkeit ist es umgekehrt. Wer Maske trägt, tut dies, um sich und seine Umgebung vor einer Infektion zu schützen. Viele Menschen, die keine Maske tragen, wollen dagegen auf diese Weise ihre Unterstützung für den Präsidenten bekunden.
Die Maske ist zum politischen Erkennungsmerkmal in Zeiten von Corona geworden. Wer durch das republikanisch dominierte Oklahoma fährt, der findet problemlos Cafés, in denen weder das Personal noch die Kundschaft Maske trägt. Im benachbarten New Mexico, das eine demokratische Gouverneurin hat, bedecken dagegen die meisten Bürger Mund und Nase.
Über Ausgangssperren und Social Distancing wird weitgehend sachlich diskutiert. Das Maskentragen dagegen ist eine Glaubensfrage, zumindest beim harten Kern der Trump-Anhänger.
Sie glauben nicht, dass das Virus so gefährlich ist wie behauptet. Maskenträger sind für sie demokratische Weichlinge . Die Alternative lautet aus ihrer Sicht: "Maske oder Freiheit"; wobei damit in der Praxis die Freiheit gemeint ist, andere zu gefährden.
Trumps Rechnung schien zunächst aufzugehen. Das Virus verbreitete sich vor allem in den Großstädten, die meist von demokratischen Bürgermeistern regiert werden. Die republikanischen Stammwähler auf dem Land hatten weit weniger Probleme mit dem Coronavirus, auch ohne Maske.
Die Strategie des Präsidenten wendet sich jetzt gegen ihn
Seit Covid-19 aber in den republikanischen Hochburgen wütet, wendet sich Trumps Strategie gegen ihn. Staaten wie Texas, Florida und Arizona melden seit Wochen Höchstzahlen bei den Neuinfektionen, das Virus gerät außer Kontrolle. Republikanische Gouverneure wie der Texaner Greg Abbott, die sich strikt gegen eine Maskenpflicht ausgesprochen hatten, änderten ihren Kurs.
Doch solange Trump an seiner Linie festhält, wird das nicht reichen. Zwar hat er unlängst erklärt, er sei "absolut für Masken", aber seine Anhänger wissen, dass das nicht ernst gemeint ist.

Keine Masken im Gesicht: Junge Zuhörer bei einer Trump-Veranstaltung in Phoenix
Foto: CARLOS BARRIA/ REUTERSBei seiner Rede zum Nationalfeiertag am Mount Rushmore saßen Tausende Zuhörer dicht gedrängt, die meisten ohne Masken. Bei einem Auftritt in einer Megachurch in Phoenix eine Woche zuvor hatten seine Kampagnenmanager erklärt, das Maskentragen sei jedem freigestellt, obwohl in der Stadt eine Maskenpflicht herrscht. Auch bei der nächsten Großkundgebung in New Hampshire, die im Freien stattfinden soll, was die Experten für weniger gefährlich halten, empfiehlt das Trump-Team das Tragen der Maske. Freiwillig, natürlich, nicht als Verpflichtung.
Solange Trump seine Haltung nicht ändert, werden es viele seiner Fans aber auch nicht tun. In Texas haben bereits örtliche Behörden mitgeteilt, sie würden das Bußgeld wegen Verstoßes gegen die Maskenpflicht nicht eintreiben. Das Virus wird sich so nicht eindämmen lassen.
Trump kann seine Haltung nicht mehr korrigieren
Das schadet Trump, aber wie soll der Präsident jetzt einen neuen Kurs begründen? Als er die Maske zum Symbol erklärte, hat sich Trump die Möglichkeit genommen, seine Haltung zu korrigieren.
Die Weigerung, das Gesicht zu bedecken, ist für ihn und seine Bewunderer zu einer Frage der politischen Identität geworden. Die kann man nicht einfach wechseln, schon gar nicht vor einer Wahl.
Wirksam bekämpfen kann Trump die Pandemie nicht mehr. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als sie für bewältigt zu erklären. Amerika stehe vor einem gewaltigen Sieg über Covid-19, erklärte er am 4. Juli - zu einer Zeit, als seine Parteifreunde in den Bundesstaaten die ersten Lockerungen aus Angst vor dem Virus wieder zurücknahmen.
Es gibt für Trump aus dieser Situation keinen guten Ausweg. Er steckt in einer Falle fest, die er sich selbst gestellt hat.