Coronawelle in China Satellitenbilder chinesischer Krematorien deuten auf deutlich mehr Tote hin
China spürt die Auswirkungen der aktuellen beispiellosen Coronainfektionswelle offenbar stärker, als es die politische Führung in Peking offiziell eingesteht. Satellitenaufnahmen untermauern nun Beobachtungen, wonach Krematorien und Bestattungshäuser in einigen Großstädten bereits seit Tagen unter massiv erhöhter Last arbeiten.
Wie unter anderem die »Washington Post « und der Sender CNN mit Verweis auf einen Abgleich der Bilder eines Bestattungshauses außerhalb Pekings zwischen Ende Dezember und Anfang Januar berichten, entstand dort etwa ein neuer Parkplatz. In den Städten Kunming, Chengdu, Tangshan und Huzhou seien zudem Schlangen wartender Autos vor Bestattungshäusern zu sehen.
Die Berichte stimmen den Medien zufolge mit Augenzeugenberichten von vor Ort überein, wonach zahlreiche Krematorien und Bestattungshäuser überfüllt sind. CNN zufolge wurden in Peking bereits weitere provisorische Einrichtungen gebaut, um die Toten vorübergehend zu lagern.
»Es war noch nie so voll«
Familien müssen demnach tagelang darauf warten, ihre Angehörigen beerdigen oder einäschern zu lassen. »Ich arbeite seit sechs Jahren hier und es war noch nie so voll«, zitierte etwa die »Washington Post« einen Mitarbeiter eines Bestattungshauses in Chongqing.
In China werden Verstorbene oft von einem Bestatter abgeholt, dann folgt meist eine Einäscherung. Dass der Betrieb an den Krematorien im Winter leicht erhöht ist, ist laut »Washington Post« nicht ungewöhnlich. In diesem Jahr liege das Aufkommen an Toten allerdings deutlich über den Vorjahreszeiträumen.
Offiziellen Angaben zufolge ist die Zahl der täglichen Coronatoten indes weiter extrem niedrig. Seit dem 7. Dezember, als das Land seine vormals strikten Pandemiemaßnahmen vollständig aufhob, wurden in dem Land mit mehr als 1,4 Milliarden Einwohnern etwa nur 37 Todesfälle gemeldet. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sowie die USA werfen China vor, das Ausmaß des derzeitigen Coronaausbruchs zu verschleiern. »Wir fordern China weiter dazu auf, schneller, regelmäßig, verlässlich Daten über die Krankenhauseinweisungen und Todesfälle zur Verfügung zu stellen«, sagte etwa WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Einigen Hochrechnungen zufolge könnten im Rahmen der massiven Infektionswelle bis Ende April 1,7 Millionen Menschen in China sterben. Der deutsche Wissenschaftler Thorsten Lehr von der Universität des Saarlandes sagte dem SPIEGEL dagegen zuletzt , wegen der unsicheren Datenlage lasse sich der weitere Verlauf in China nur schwer prognostizieren.