Kampf gegen das Coronavirus Die Welt unter Hausarrest
"Covid-19 ist eine Pandemie, die keine Grenzen kennt", schrieben Tedros Adhanom Ghebreyesus, der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Uno-Nothilfekoordinator Mark Lowcock jüngst in einem Gastbeitrag. Weit über eine halbe Million Corona-Infektionen und mehr als 25.000 Tote zählt die amerikanische Johns-Hopkins-Universität weltweit.
Im Kampf gegen das Virus stehen Regierungen auf der ganzen Welt vor enormen Herausforderungen - und begegnen ihnen mit unterschiedlichen Maßnahmen. Vielerorts wurden nationale Ausgangssperren verhängt, etwa in Indien oder in zahlreichen europäischen Ländern. Anderswo geht man bei der Beschränkung des öffentlichen Lebens weniger weit.
Manche Regierungen stehen in der Kritik, weil sie den Ernst der Situation herunterspielten. Unter anderem deshalb beschreiten in manchen Ländern Bundesstaaten eigene Wege. Andernorts setzen die Regierenden ihre Anordnungen mit größter Schärfe durch. Die Folge sind tiefe Eingriffe in die Bewegungsfreiheit und andere Rechte. Der Einsatz von Apps und die massive Erhebung von Daten zur Bekämpfung des Virus bergen mittelfristig Gefahren für die Privatsphäre von Bürgern. Schließlich bietet die Krise Autokraten wie dem ungarischen Premier Victor Orbán die Gelegenheit, demokratische Regeln auszuhebeln.
So ist die Lage in 21 Ländern auf sechs Kontinenten. Der globale Kampf gegen Corona im Überblick.

Strenge Regeln, harte Strafen, leere Straßen: Französische Polizisten auf der Trocadero-Terasse vor dem Eifelturm
Foto: Andreina Flores/ dpaIn Frankreich gilt seit dem 17. März eine strenge, zunächst auf zwei Wochen begrenzte Ausgangssperre im ganzen Land. Alle Franzosen dürfen nur noch mit einem ausgefüllten Passierschein ihre Wohnungen und Häuser verlassen - und das auch nur, wenn sie dafür bestimmte Gründe haben. Als solche gelten dringend notwendige Arztbesuche, dringende Einkäufe von Lebensmitteln oder Apothekengänge, die Versorgung älterer Menschen, sportliche Aktivitäten oder eine Arbeit, die kein Homeoffice erlaubt.
Anfang dieser Woche sind die Maßnahmen noch einmal verschärft worden: Zusätzlich zum Datum muss auf dem Passierschein, den sich jeder auf der Website des Innenministeriums herunterladen kann, auch die Uhrzeit vermerkt werden, zu der man das Haus verlässt. Mehr als eine Stunde Ausgang pro Tag ist nicht mehr erlaubt. Jogger dürfen sich nur maximal einen Kilometer von ihrem Zuhause entfernen, auch alle anderen müssen in ihrem Umfeld bleiben und dürfen sich nur in einem Umkreis von zwei Kilometern bewegen.
Bei Nichtbefolgen dieser strengen Regeln gibt es harte Strafen, die bei Polizeikontrollen verhängt werden. Die geringste Strafe beträgt 135 Euro, die höchste 1500 Euro. Bei Wiederholungstätern sind auch Gefängnisstrafen möglich. Auch die Geschäfte, in denen die Franzosen noch einkaufen dürfen, sind von der Regierung genau aufgelistet worden: Lebensmittelgeschäfte, Supermärkte, Tabak- und Zeitschriftenläden sowie Apotheken gehören dazu. Buchhandlungen, Friseure und Fitnessstudios sind seit Langem geschlossen. Schon in der Nacht zum 15. März mussten auch Cafés und Restaurants schließen.
Die Polizei ist in ganz Frankreich, vor allem aber in Paris sehr präsent auf den Straßen. Die meisten Franzosen halten sich an die neuen Regeln, wohl auch weil die Zahl der Infizierten und Toten von Tag zu Tag dramatisch steigt und die Zustände in den französischen Krankenhäusern immer beängstigender werden. In den Vororten rund um Paris hat die Regierung die größten Schwierigkeiten, die Ausgehsperre durchzusetzen. Wer dort zu siebt auf 50 Quadratmetern wohnt, teilweise in heruntergekommenen und von Schimmel befallenen Wohnungen, dem fällt es besonders schwer, das Haus nicht zu verlassen.
Auf absehbare Zeit dürfte es keine Lockerung der Maßnahmen geben. Der wissenschaftliche Rat, der die Regierung berät, empfahl jüngst dringend eine Verlängerung der landesweiten Ausgehsperre um weitere vier Wochen, also bis Ende April. Bisher hat Präsident Emmanuel Macron die Empfehlungen des Rates weitgehend befolgt.

Premier Boris Johnson: "Sie müssen zu Hause bleiben"
Foto: POOL/ REUTERSNoch vor zwei Wochen hielt Premierminister Boris Johnson Händewaschen für eine ausreichende Vorkehrung gegen das Virus. Im Kampf gegen Corona setzte Johnson da noch auf eine Strategie der "Entschärfung". Alte und Kranke sollten isoliert werden, alle anderen aber beim Leben und Wirtschaften "so weitermachen wie gewohnt".
Zuletzt nahmen die Zahlen der Infizierten und Toten in Großbritannien aber deutlich zu. Johnsons Regierung hat nun eine radikale Wende vollzogen. Mit einer "sehr simplen Anweisung" wandte sich der Premier jüngst an die Bevölkerung: "Sie müssen zu Hause bleiben." Wenig später wurde Johnson selbst positiv auf das Virus getestet.
Die Bevölkerung steht damit faktisch unter Hausarrest. Raus dürfen Briten und Nordiren nur noch für die allernötigsten Einkäufe oder um sich einmal am Tag die Beine zu vertreten. Ausgenommen sind nur diejenigen, die in Schlüsselberufen tätig sind. Die meisten Läden bleiben geschlossen, Ansammlungen von mehr als zwei Personen sind - von Beerdigungen abgesehen - verboten.
Verstöße gegen den Maßnahmenkatalog können teuer werden - Geldstrafen belaufen sich auf bis zu 1000 Pfund - es droht auch Haft.
In Deutschland übergab die Telekom dem Robert Koch-Institut jüngst anonymisierte Standortdaten von Millionen Handynutzern. Diese sollen zeigen, ob Kontaktsperren und sonstige Maßnahmen wirken. Die britische Regierung führt Berichten zufolge ebenfalls Gespräche mit Mobilfunkanbietern, um sich einen ähnlichen Zugang zu Daten zu sichern.

"Zona rossa": Gesichtsmasken und leere Straßen in Rom
Foto:Elisa Lingria/ DPA
Bereits am 31. Januar hat Italien für sechs Monate einen Nationalen Gesundheitsnotstand erklärt und den Chef der Zivilschutzbehörde, Angelo Borrelli, zum Krisenmanager ernannt. Als die Regierung in Norditalien lokale Brutstätten identifizierte, verhängte sie am 22. Februar eine rote Zone in mehreren Kommunen in der Lombardei und Venetien. 50.000 Einwohner durften das Sperrgebiet nicht mehr verlassen - damals waren in ganz Italien erst 132 Identifizierte gemeldet, die allermeisten davon im Norden.
Aber die Epidemie war nicht mehr zu stoppen. Am 4. März schloss die Regierung landesweit alle Schulen und Universitäten. In der Nacht zum 8. März wurden in der Lombardei und benachbarten Gebieten mehr als 16 Millionen Einwohner unter Quarantäne gestellt, betroffen waren auch Mailand, Venedig und Padua. Nur zwei Tage später erklärte Ministerpräsident Giuseppe Conte schließlich ganz Italien zur roten Zone. Zu diesem Zeitpunkt waren landesweit etwa 10.000 Infizierte gemeldet.
Seither hat die Regierung ihre Maßnahmen mehrfach verschärft. Mehr als 60 Millionen Italiener dürfen ihr Haus im Wesentlichen nur noch zum Einkaufen verlassen. Außerdem dürfen sie aus medizinischen Gründen vor die Tür oder wenn sie Angehörige pflegen. Oder in überlebenswichtigen Unternehmen oder Behörden arbeiten, also zum Beispiel im Gesundheitswesen, in der Lebensmittelindustrie oder bei Energieversorgern. Abgesehen von als "essenziell" erklärten Bereichen wurde die gesamte Produktion im Land gestoppt.
Wer aus den genannten Gründen seine Wohnung verlässt, muss ein Formular bei sich tragen, das inzwischen in der vierten Variante vorliegt und immer präzisere Angaben verlangt. Darin sind die Personalien und die Handynummer anzugeben, zudem muss man erklären, warum man auf die Straße geht. Und dass man die Sanktionen kennt, wenn man gegen die strengen Vorschriften verstößt. Im schlimmsten Fall drohen Strafen von mehreren Tausend Euro und bis zu fünf Jahre Haft. Ein massiver Polizeieinsatz soll für Disziplin sorgen, jeden Tag werden etwa 200.000 Bürger kontrolliert. Einwohner auf der Straße werden mitunter auch aus der Luft per Drohne überwacht.
Viele Regionen und Kommunen haben zusätzliche Regeln erlassen. In manchen Städten ist das Joggen komplett verboten, anderswo dürfen sich Bürger maximal 200 Meter von ihrer Wohnung entfernen oder nur einmal pro Woche einkaufen gehen.

Medizinisches Personal in Madrid: Täglich jubeln ihnen die Spanier von ihren Balkons aus zu
Foto: SUSANA VERA/ REUTERSDer spanische Premierminister Pedro Sánchez rief am 14. März in einer dramatischen Fernsehansprache den Notstand aus und erklärte eine strikte Ausgangssperre. Inzwischen wurde sie bis zum 12. April verlängert. Die meisten Läden haben geschlossen, sogar das Joggen im Park oder der Besuch bei Verwandten ist verboten. Mit dem Hund darf man Gassi gehen, aber auch nur in der Nähe des eigenen Hauses.
Die spanische Polizei kontrolliert die Einhaltung scharf, in Madrid sogar mit Drohnen. In den ersten zehn Tagen wurden 100.000 Anzeigen geschrieben und 9000 Bürger festgenommen. Ein Mann wurde auf Teneriffa gar zu vier Monaten Haft verurteilt, weil er sich den Behörden widersetzte. Anfangs versuchten noch viele Spanierinnen und Spanier, zum Ferienhaus an den Küsten zu gelangen, es bildeten sich lange Staus. Inzwischen betont die Regierung, dass der Großteil der Bürger sich an die Vorgaben halte.
Das hat auch damit zu tun, dass der Höhepunkt der Infektionswelle in Spanien noch nicht überwunden ist und besonders Madrid immer mehr zum Katastrophengebiet wird, die Zahl der Toten steigt in der Hauptstadt schneller als in der chinesischen Provinz Hubei. Auch deswegen fordert in Spanien derzeit niemand die Rückkehr zur Normalität, obwohl die Einschränkungen der Grundrechte enorm sind. Die baskischen und katalanischen Nationalisten setzen sich sogar für eine Verschärfung der Ausgangssperre ein.
Auch einige wenige Experten sprechen sich dafür aus, darunter der katalanische Mediziner Oriol Mitja, der mit seinem Team erforscht, wie sich die Ausbreitung des Virus verlangsamen lässt. Schon Ende Februar hatte Mitja Verbote von Großveranstaltungen und weitere drastische Einschränkungen gefordert. "Wir reagieren nur, statt zu antizipieren", schrieb er damals. Jetzt fürchtet er, dass ohne weitere Verschärfungen die Ausbreitungsgeschwindigkeit nicht ausreichend gesenkt wird.

Ungarns Premier Orbán: dauerhafter Notstand
Foto: Tamas Kovacs/ APSeit Jahren hebelt der ungarische Regierungschef Viktor Orbán demokratische Kontrollmechanismen systematisch aus. Wichtige Posten in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft sind mit Loyalisten besetzt. Seit 2010 regiert er mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament.
Seine Regierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der es ihm ermöglichen würde, im Rahmen eines Notstands von womöglich unbegrenzter Dauer per Dekret zu regieren. Das Papier sieht vor, dass die Regierung den am 11. März wegen der Pandemie verhängten Notstand ohne die Zustimmung des Parlaments unbegrenzt verlängern kann.
Wörtlich heißt es darin, die Regierung solle damit das Recht erhalten, "die Anwendung bestimmter Gesetze per Dekret auszusetzen", feste Vorgaben nicht einzuhalten und "andere außergewöhnliche Maßnahmen einzuführen, um die Stabilität des Lebens, der Gesundheit, der persönlichen und materiellen Sicherheit der Bürger wie der Wirtschaft zu garantieren".
Kritiker fürchten, das Gesetz würde das Machtgefüge in Ungarn zugunsten der Regierung und zuungunsten des Parlaments verändern. Für Beunruhigung sorgt auch eine Klausel in dem Entwurf, die die Möglichkeit einer "erzwungenen parlamentarischen Pause" vorsieht.
In der Coronakrise schloss Ungarn Mitte März Schulen und Kitas. Die Grenzen sind nur für Waren, Pendler und heimkehrende Ungarn geöffnet. Premier Orbán verkündete jüngst Ausgangsbeschränkungen, die bis zum 11. April gelten sollen: In den kommenden zwei Wochen dürfen die Menschen ihre Wohnungen oder Wohnorte nur noch auf dem Weg zur Arbeit und der Beschaffung der Grundversorgung verlassen. Eine weitere Ausnahme gibt es für den Transport von Kindern zur Aufsicht in Schulen und Kindergärten. Erlaubt bleiben auch Spaziergänge im Freien bei Einhaltung eines Abstands.

Gesichtsmasken am Roten Platz: Wladimir Putin schickt das Land für neun Tage in die Ferien
Foto: Valery Sharifulin/ TASS/ DPASpät reagierte Wladimir Putin auf die Coronakrise. Am 25. März wandte er sich in einer Ansprache an die Russinnen und Russen - und appellierte an sie, das Coronavirus ernst zu nehmen. Ab Samstag schickt er das Land nun für neun Tage in die Ferien, bei vollem Lohn - "Putin-Ferien" nennen die Russen die Tage.
Eine Quarantäne bedeuten sie nicht. Selbstisolierung und Abstandhalten auch nicht unbedingt, der Präsident verwendete diese Worte nicht. Er verkündete lieber Hilfsmaßnahmen für sozial Schwächere und die Wirtschaft. Die wirtschaftliche Lage ist ohnehin angespannt wegen des gefallenen Rubelkurses und des Preiskampfes am Ölmarkt.
Russland schloss zwar im Januar seine Grenzen zu China, im März dann auch alle anderen, schickte Heimkehrer aus dem Ausland für zwei Wochen in häusliche Quarantäne. Anfangs aber wurde dies nicht immer von den Behörden nachverfolgt. Jetzt sollen Verstöße noch härter mit Geld- und Haftstrafen geahndet werden.
Offiziell gibt es erst Hunderte Infizierte und wenige Tote im Land. Kremlsprecher Dimitrij Peskow erklärte: "Wir haben de facto keine Epidemie. De facto ist die Situation bei uns viel besser als in vielen anderen Ländern." Es klingt nach Durchhalteparolen, wiegt viele in vermeintlicher Sicherheit. Doch an den offiziellen Angaben gibt es Zweifel, die Kritiker, Oppositionspolitiker und Aktivisten in den sozialen Medien sowie unabhängige Medien äußern.
Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin, Corona-Koordinator für ganz Russland, räumte in dieser Woche erstmals ein, dass die Dunkelziffer höher liegen dürfte. Er ist der Manager in dieser Krise, verordnete für die 15-Millionen-Metropole Moskau auch die Schließung der Parks, Cafés und Restaurants während der "Putin-Ferien". Die über 65-Jährigen und chronisch Kranken müssen in seiner Stadt schon zu Hause bleiben. Sobjanin appellierte an alle, soziale Distanz zu wahren und wenn möglich in den Wohnungen zu bleiben. Inzwischen wird dazu auch in der Moskauer U-Bahn und den Staatskanälen aufgerufen. Aber erst nach und nach kommt das Leben in der Hauptstadt zur Ruhe.

Staatschef Selenskyj: Das öffentliche Leben in der Ukraine ist auf ein Minimum heruntergefahren
Foto: Uncredited/ dpaWolodymyr Selenskyj wartete nicht lange: Gerade hatten die Behörden die ersten ukrainischen Corona-Toten bekanntgegeben, da verkündete er am 13. März, die Grenzen zu schließen, und wenig später auch das öffentliche Leben in der Ukraine auf ein Minimum herunterzufahren.
Seit dem 17. März öffnen nur noch Supermärkte, Apotheken, Banken und Tankstellen. Seit dem 18. März fährt die U-Bahn in den Städten nicht mehr. In den Bussen dürfen nur noch bis zu zehn Passagiere sitzen - sonst drohen den Fahrern saftige Geldstrafen. Der durchschnittliche Monatsverdienst liegt in der Ukraine bei 360 Euro. Allerdings bilden sich Schlangen an den Haltestellen, da die Menschen sonst nicht zur Arbeit kommen, was für viel Ärger sorgt.
Inzwischen wurde für das ganze Land der Notfall ausgerufen - zunächst galt er für bestimmte Regionen, darunter die besonders betroffenen Gebiete Kiew und Czernowitz im Westen mit den meisten Corona-Fällen. In Kiew sind die Straßen leer, die Menschen halten Abstand. Der Ausnahmezustand mit Ausgangssperren wurde noch nicht verhängt, auch wenn Innen- und Gesundheitsminister immer wieder darauf drängen. Das Gesundheitswesen ist in keinem guten Zustand. In Krankenhäusern fehlt es auch an Schutzkleidung und Masken, Patienten mit Symptomen wurden nach Medienberichten bereits abgewiesen.
Die Zahl der Infizierten steigt. Noch liegt sie im dreistelligen Bereich, wenige Tote sind zu beklagen. Doch die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Tests fehlten, inzwischen wurden auch Expresstests aus China geliefert. Hunderttausende Ukrainer arbeiten wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage und geringen Löhnen in Westeuropa, um sich und ihre Familien zu ernähren. Über 80.000 sind bereits zurückgekommen. Zwei Wochen müssen sie in Quarantäne, wer die nicht beachtet, dem drohen hohe Geldstrafen oder gar Gefängnis, wenn er jemanden anstecken sollte. Wie sie weiter Geld verdienen sollen, wissen sie nun nicht.

Bewohner von Wuhan: Die Abriegelung der Stadt soll demnächst aufgehoben werden
Foto: CHINA DAILY/ REUTERSAm 23. Januar, etwa vier Wochen nach Ausbruch des neuen Coronavirus, riegelte Chinas Regierung das Epizentrum der Krise ab - zuerst die Elf-Millionen-Stadt Wuhan, dann in dichter Folge weitere Großstädte, schließlich die ganze Provinz Hubei. Der öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt, bis auf Apotheken und Supermärkte alle Geschäfte geschlossen und den Bürgern untersagt, ihre Wohnanlagen zu verlassen. Die Polizei und sogenannte Nachbarschaftskomitees wurden angewiesen, die Einhaltung der Quarantäne durchzusetzen.
Die in dieser Größenordnung bis dahin einzigartige Massenquarantäne wurde im Verlauf des Februars auf andere Provinzen ausgedehnt, nicht überall so radikal wie in Hubei, aber Ende Februar lebten mehr als 700 Millionen Chinesen unter einer mehr oder weniger strengen Form von Lockdown. Zugänge zu Wohnhäusern werden auch außerhalb von Hubei bis heute von Nachbarschaftskomitees kontrolliert, in Einkaufszentren und an U-Bahn-Stationen wird Passanten und Passagieren die Temperatur gemessen.
Millionen von Bürgern haben sich, teils von ihren Arbeitgebern dazu verpflichtet, teils freiwillig, auf Apps registriert, welche ihre Bewegungsprofile mit den Gesundheitsdatenbanken der Regierung abgleicht. Diese Apps vergeben sogenannte Gesundheitscodes, die inzwischen in vielen öffentlichen Einrichtungen vorgelegt werden müssen.
In der Nacht zum 25. März wurde die strikte Abriegelung der Provinz Hubei aufgehoben, am 8. April soll die Stadt Wuhan folgen. Trotzdem müssen Bürger nachweisen, dass sie gesund sind, bevor sie Provinzgrenzen überschreiten. Besonders streng sind die Regelungen in der Hauptstadt Peking, wo derzeit niemand aus dem Ausland einreisen darf, ohne sich einem Corona-Test zu unterziehen und sich dann in eine 14-tägige Quarantäne zu begeben.

Die Einwohner von Tokio müssen ihr tägliches Leben kaum einschränken - noch
Foto: BEHROUZ MEHRI/ AFPDie 13 Millionen Einwohner von Tokio müssen - ebenso wie die Menschen im Rest des Landes - ihren Alltag bislang nicht durch eine Ausgangssperre einschränken. In den Parks bewundern sie die Kirschblüten, sie gehen weiter essen, shoppen, trinken. Doch das tägliche Leben könnte sich bald ändern.
Die Gouverneurin der Stadt, Yuriko Koike, rief die Bürger am Mittwoch dazu auf, so viel wie möglich zu Hause zu bleiben und auch am Wochenende nicht hinauszugehen. Man sei in einer kritischen Phase "vor einer möglichen Explosion von Infektionen". Denn in dieser Woche stieg die Zahl der Ansteckungen in Tokio. Wenn der Appell an die soziale Distanzierung jetzt nicht fruchte, so Koike, sei eine Ausgangssperre die letzte Option. Die Einwohner von Tokio strömten zu den Supermärkten, um sich mit Lebensmitteln einzudecken.
Zwar wurden Schulen bereits geschlossen, und Firmen forderten ihre Mitarbeiter auf, von zu Hause aus zu arbeiten. Aber von der geringen Zahl an Infektionen und Todesfällen beruhigt, ging das normale Leben eben weitgehend weiter. Dabei achten viele Japaner allerdings schon lange darauf, Gesichtsmasken zu tragen und Hygienestandards einzuhalten.
Im Gegensatz zu anderen Staaten beschloss die Regierung von Premierminister Shinzo Abe keine harten Maßnahmen, die die Freiheit der Menschen einschränkten oder der Wirtschaft schadeten. Es wurde auch nicht massenhaft getestet. Nur etwa 25.000 Menschen mussten sich Tests unterziehen. Experten streiten darüber, ob die tatsächliche Zahl der Infektionen deutlich über der offiziellen liegt - weil schlicht nicht genug Fälle erkannt wurden. So schreibt die Deutsche Botschaft in Japan: Das Infektionsrisiko in dem Land sei "nicht seriös einzuschätzen. Von einer hohen Dunkelziffer von Infektionen, bedingt durch die geringe Zahl durchgeführter Tests, ist auszugehen."
Lange hielt Japan an den Olympischen Spielen im Sommer fest, erst diese Woche wurde deren Verschiebung beschlossen. Eine von Abe eingesetzte Expertengruppe soll nun regeln, wie der Ausbruch des Coronavirus im Land besser gehandhabt wird. Öffentliche Veranstaltungen werden abgesagt, mehrere Parks in Tokyo und öffentliche Gebäude werden teilweise oder ganz bis Mitte April geschlossen. Das Parlament hat bereits ein Gesetz verabschiedet, das dem Premier erlaubt, im Krisenfall den Notstand auszurufen und Japan den Stillstand zu verordnen.
In Südkorea gilt keine Ausgangssperre. Als demokratisches Land, betont die Regierung, wolle man solche harten Einschränkungen für die Bürger vermeiden. Dies sei möglich, weil die Menschen "die hygienischen Standards gut einhalten und sich an die Regeln der sozialen Distanzierung halten", so Vize-Gesundheitsminister Kim Ganglip. Selbst in der stark betroffenen südlichen Stadt Daegu wurde kein Lockdown verkündet.
Seit Wochen ruft die Regierung aber dazu auf, daheim zu bleiben und auf Abstand zu gehen. "Lasst uns eine Pause machen vom sozialen Leben", wirbt etwa die Hauptstadt Seoul. Alle Schulen und Kindergärten sind geschlossen. Firmen sollen, wenn möglich, auf Homeoffice umsteigen und ihre Mitarbeiter anweisen, außerhalb der Stoßzeiten zur Arbeit zu kommen. Öffentliche Einrichtungen wie Museen haben ebenfalls nicht geöffnet.
Orte, an denen sich viele Menschen aufhalten - wie Fitnessstudios, Internetcafés und Nachtklubs - gelten als Risikozonen. Ihnen wird seit Mitte März dringend empfohlen, den Betrieb einzustellen. In jedem Fall müssen Besucher mindestens einen Meter Abstand voneinander halten und Gesichtsmasken tragen. Schon mit den ersten Infektionsfällen begannen die meisten Koreaner, Masken zu tragen. Die Erinnerung an den Ausbruch der Infektionskrankheit Mers vor fünf Jahren ist noch allzu präsent.
Die wichtigste Säule von Südkoreas Strategie gegen das Coronavirus ist es, massenhaft Menschen zu testen, die Symptome zeigen oder aus Risikogebieten kommen. Mehr als 360.000 Tests sind durchgeführt worden. Von jedem positiv getesteten Menschen wird mithilfe von Handy- und Kreditkarten ein Bewegungsprofil erstellt, sodass sein Weg genau nachvollzogen werden kann. Alle identifizierten Kontaktpersonen müssen für zwei Wochen zu Hause in Quarantäne, per App überwacht. Sie erhalten ein Paket mit Essen und Hygieneartikeln.
Durch all diese Maßnahmen glauben die Behörden, einen recht guten Überblick über die Zahl der Infektionen im Land zu haben. Sie sehen daher keine Notwendigkeit für eine Ausgangssperre.
Die Zahl der Neuinfektionen ist zuletzt nicht mehr so stark gestiegen. Nach wochenlangem Abstandhalten und Zuhausebleiben sind die Koreaner aber ermüdet, zudem locken die frühlingshaften Temperaturen nach draußen. Die Regierung fürchtet neue Infektionsherde. Daher hat sie ihren Appell erneuert, in der Anstrengung nicht nachzulassen. Premierminister Chung Sye-kyun sagte: "Wir können Verhalten nicht tolerieren, das die Gemeinschaft gefährdet."

Ägyptens Kampf gegen das Virus: Desinfektion der Pyramiden
Foto: Nariman El-Mofty/ dpaAm Mittwochabend um kurz nach 19 Uhr legte sich eine gespenstische Stille über den Millionenmoloch Kairo. Das öffentliche Leben kam zum Erliegen - nicht nur in der Hauptstadt, sondern überall in Ägypten. Es war der Auftakt einer zweiwöchigen Ausgangssperre. Von 19 Uhr abends bis 6 Uhr morgens darf vorläufig niemand das Haus verlassen.
Polizisten in den Straßen kontrollieren die Einhaltung. Bei Verstößen drohen drastische Geldstrafen in Höhe von umgerechnet 250 Euro oder Haft. In der ersten Nacht kamen es am Stadtrand von Kairo zu einem tragischen Unfall. Ein Lastwagen raste in einen Stau an einem Checkpoint, den die Polizei errichtet hatte. 18 Menschen kamen dabei ums Leben.
Mit der Ausgangssperre sollen abendliche Treffen auf öffentlichen Plätzen und in Teehäusern unterbunden werden, um die Verbreitung des Coronavirus zu bremsen. Dass die Maßnahmen ausreichen, ist zweifelhaft. Zur Rushhour standen die Pendler in den U-Bahnen in Kairo am Donnerstag dicht an dicht.
Unter den Corona-Toten im Land sind auch hochrangige Militärs. Generalmajor Khaled Shaltout, Leiter des Wassermanagements bei der ägyptischen Armee, starb am vergangenen Wochenende. Nach Angaben aus Kairo hatte er sich mit dem Virus infiziert, als er mit seiner Einheit öffentliche Plätze sterilisiert hatte.

Menschenleerer Platz in Teheran: Kein anderes Land in der Region traf das Virus so heftig
Foto: Ahmad Halabisaz/ dpaObwohl das Land von der Corona-Welle am frühesten und härtesten im Nahen Osten getroffen wurde, taumelt Iran sehenden Auges in eine noch größere Katastrophe: Trotz offiziell eingeräumten 2348 Toten (Stand Freitag) und Zehntausender Infizierter wurde bislang keine der am schwersten getroffenen Städte unter Quarantäne gestellt, ja wurde nicht einmal die gigantische Reisewelle zu Noruz, dem iranischen Neujahr, aufgehalten.
Nach Angaben des Iranischen Roten Halbmonds sind drei Millionen Iraner um den 21. März aufgebrochen quer durchs Land, davon 2400 bestätigt Infizierte. Dies werde die Infektionswelle noch einmal beschleunigen, fürchten Mediziner. Ohnehin liege die Dunkelziffer mehrfach höher als die Zahl der eingeräumten Fälle.
Zwar sind seit dem 5. März alle Schulen und Universitäten, seit dem 22. März alle Einkaufszentren landesweit geschlossen; auch soll seit vergangenem Dienstag jeweils nur etwa die Hälfte der Beamten zum Dienst erscheinen, die anderen von zu Hause arbeiten. Aber weitergehende Maßnahmen wurden bis zuletzt nicht ergriffen, obwohl bereits seit Februar alle 31 Provinzen Irans vom Coronavirus befallen sind, obwohl verzweifelte Mediziner Hilferufe posten, dass viele von ihnen selbst erkrankt sind, es an Masken und allem Material mangele.
Doch Staatsoberhaupt Ali Khamenei bleibt bei seiner Linie, dass die Pandemie nur eine weitere amerikanische Verschwörung gegen Iran sei - aller wissenschaftlichen Erkenntnis und allen Bemühungen des iranischen Gesundheitsministeriums zum Trotz. Sichtbar wurde der Machtkampf zuletzt am Sonntag, als ein abreisebereites Team von "Ärzte ohne Grenzen", das in Isfahan eine mobile Klinik mit 50 Betten einrichten sollte, plötzlich doch nicht kommen durfte.
Irans Grenzen sind offiziell seit Wochen schon geschlossen: vor allem, weil die Nachbarländer Türkei, der Irak, Afghanistan sie aus Furcht vor Einschleppung des Virus ihrerseits dichtgemacht hatten. Doch die Wirklichkeit sah anders aus: Aus dem Irak flog die staatliche, vom ehemaligen Transportminister und heutigen Milizführer Hadi Ameri kontrollierte Fluglinie Iraqi Airways allein von Bagdad aus täglich drei Städte in Iran an, trotz wütender Proteste in der Bevölkerung. Erst die komplette Schließung des Flughafens am 17. März beendete die Flüge. In Afghanistan war es der schiere Druck aus Iran fliehender Rückkehrer, der die ursprüngliche Schließung zum Kippen brachte. Etwa 15.000 Afghanen querten vergangene Woche täglich die Grenze. "Wir können diesen Menschen nicht verbieten, in ihr eigenes Land zu kommen", sagte ein Zollbeamter.

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu: "Bleiben Sie zu Hause und bleiben Sie am Leben"
Foto: Yonatan Sindel/ JINI/ XinHua/ DPADie Sorge in Israel begann früh: Am 30. Januar, als sich das Coronavirus noch fast ausschließlich in Asien ausbreitete, strich Israel alle Flugverbindungen nach China. Israelis, die von dort zurückkehrten, mussten zwei Wochen lang in häusliche Quarantäne. So wollte man verhindern, dass das Virus nach Israel eingeschleppt wird.
Es nützte nichts. Am 21. Februar wurde eine Israeli positiv getestet. Sie war Passagierin auf der "Diamond Princess" gewesen, einem Kreuzfahrtschiff, das in Hongkong auslief und auf dem ein erkrankter Passagier offenbar zahlreiche andere infizierte. Die Frau wurde in Israel isoliert, doch andere Erkrankte blieben unentdeckt. Ende Februar meldete sich ein Mann, der in Italien Urlaub gemacht hatte, bei den israelischen Behörden. Als das Virus bei ihm festgestellt wurde, hatte er schon mehrere Menschen angesteckt. Der Ausbruch nahm seinen Lauf.
Um zu verhindern, dass noch mehr Reisende das Virus unbemerkt verbreiten, verhängte Israel am 9. März eine 14-tägige Zwangsquarantäne für jeden, der das Land betritt. Wenige Tage später wurden Schulen und Universitäten geschlossen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu verhängte schließlich einen landesweiten Notstand: Israelis dürften ihre Wohnungen nur noch verlassen, wenn es "absolut notwendig" sei. Erlaubt seien Einkäufe, der Weg zur Arbeit oder zu einer medizinischen Behandlung. Seit dem 25. März dürfen sich Spaziergänger sogar nur noch hundert Meter weit von ihrem Haus entfernen. Wer dagegen verstößt, dem droht ein Bußgeld zwischen 500 und 5000 Israelischen Schekel (ca. 120 bis 1200 Euro).
Die israelische Bevölkerung trägt die Maßnahmen bislang mit. "Wenn Sie ihre Familien nicht schützen, wird es hier eine Katastrophe geben", warnte Netanyahu in einer Ansprache. "Bleiben Sie zu Hause und sie bleiben am Leben."
Bei der Bekämpfung des Virus greift der Staat teils auf Methoden aus dem Kampf gegen den Terror zurück. Netanyahu autorisierte jüngst den Inlandsgeheimdienst Schin Bet, Mobiltelefone zu kontrollieren und Bewegungsprofile zu erstellen. So sollen die Behörden herausfinden, mit wem Infizierte engen Kontakt hatten. Bürgerrechtsgruppen kritisieren das als massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Israelis, das Oberste Gericht des Landes hat die Praxis inzwischen aber gebilligt.

Totale Ausgangssperre: In Jordanien wird das Essen derzeit in Bussen geliefert
Foto: MUHAMMAD HAMED/ REUTERSWährend europäische Politiker die Metapher vom Kriegszustand bemüht haben, nimmt Jordaniens Monarchie sie wörtlich: Seit Samstag, dem 21. März, gilt eine totale Ausgangssperre für die Bevölkerung. Keine kurzen Einkaufstouren, keine Spaziergänge, nichts ist erlaubt. Das Militär ist auf den Straßen, hat nach Regierungsangaben in den ersten zwei Tagen bereits 880 Menschen verhaftet.
Zuvor schon war der Verkehr zwischen den Provinzen gestoppt, der Flughafen geschlossen worden. Dass aber schlicht kein Mensch mehr das Haus verlassen darf, hat in dieser Schärfe noch kein anderer Staat im Nahen Osten angeordnet.
Um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, soll nun ein Pilotprojekt starten: Ein Joint Venture lokaler Behörden und privater Lieferdienste soll die Haushalte mit Brot, Wasser und Medikamenten versorgen. Bäckereien und Apotheken bleiben geöffnet, aber nicht für den Publikumsverkehr.
"Die Ausgangssperre gilt bis auf Weiteres, verlassen Sie nicht das Haus", warnte Regierungssprecher Amdschad Adayleh die Bevölkerung des absolutistischen Königreichs.

Flüchtlinge in Idlib: Gerade in den Lagern der Rebellenprovinz könnte das Virus schnell um sich greifen
Foto: AAREF WATAD/ AFP"Was sagen Sie Landsleuten, die Angst vor dem Coronavirus haben?", wurde Syriens Gesundheitsminister Nizar Yazigi am 12. März vom Staatsfernsehen gefragt. Seine Antwort: "Ich möchte sagen, dass die Syrische Arabische Armee Gott sei Dank den syrischen Boden von vielen Keimen gereinigt hat." Damit meinte er die Millionen Menschen, die vor dem Assad-Regime aus Syrien geflüchtet sind.
Ein paar Tage später musste Yazigi dann doch den ersten Corona-Fall melden. Nach offiziellen Angaben wurden bislang fünf Infizierte gezählt - angeblich allesamt Syrer, die aus dem Ausland zurückgekehrt sind. Die tatsächliche Zahl der Infizierten dürfte um ein Vielfaches höher liegen.
Experten verweisen auf den regen Flugverkehr zwischen Iran und Syrien. Auch in den Reihen der iranischen Revolutionswächter gibt es zahlreiche Infektionsfälle. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass auf diesem Wege das Coronavirus schon längst nach Syrien gelangt ist. Seit Mittwoch gilt eine nächtliche Ausgangssperre von 6 Uhr abends bis 6 Uhr morgens. Außerdem sind fast alle Geschäfte und Märkte geschlossen worden.
Das Regime hat die Sicherheitskräfte angewiesen, die Ausgangssperre durchzusetzen. Innenminister Mohamad al-Rahmoun sagte: "Jeder, der sich widersetzt, wird verhaftet und muss sich der Justiz stellen."
Besonders groß ist die Angst vor einer Epidemie in der Rebellenprovinz Idlib. In den dortigen Flüchtlingslagern leben Hunderttausende geschwächte Menschen auf engstem Raum nebeneinander. Das Virus könnte dort schnell um sich greifen.

Australiens Regierungschef Scott Morrison: Eltern können ihre Kinder zu Hause lassen - oder nicht
Foto: Peter Parks/ APAustraliens Premier Scott Morrison besteht hartnäckig darauf, dass Eltern ihre Kinder auch weiterhin zum Unterricht schicken können - obwohl sich diverse Gewerkschaften mit dem Verweis auf Schulen als Virenherde und die Gefahren für Kinder, Lehrer und anderes Personal vehement dagegen aussprechen. Zumindest die Schulpflicht ist mittlerweile aufgehoben worden. Es steht also allen Eltern frei, ihre Kinder daheim zu lassen.
Mancher Bundesstaat hilft sich selbst: Victoria hat Fakten geschaffen und die Osterferien kurzerhand im Alleingang vorverlegt. Regierungschef Morrison kündigte jüngst aber an, dass auch dort die Schulen nach den Ferien wieder öffnen sollen.
Vor einer Woche schloss Australien seine Grenzen für Ausländer ohne längerfristige Aufenthaltserlaubnis. Australier dürfen das Land künftig nur in Ausnahmefällen verlassen. Zu den weiteren Maßnahmen, die das Land inzwischen verhängt hat, gehört die Schließung vieler öffentlicher Einrichtungen und Geschäfte. Bei Beerdigungen dürfen nicht mehr als zehn Personen zugegen sein, bei Hochzeiten - einschließlich des Brautpaars - nicht mehr als fünf.
Im Supermarkt ist Toilettenpapier - wenn überhaupt - lediglich kurz nach Ladenöffnung zu bekommen, danach sind die Regale leer. Die Restaurants haben nahezu alle auf Take-away-Betrieb umgestellt und viele kleinere Geschäfte gleich ganz geschlossen. In der Öffentlichkeit amüsiert man sich über die nun übliche Begrüßung per Ellbogen und hält Abstand - auch am Strand.

Die Züge in Neu-Dehli bleiben stehen: Lässt sich die größte Ausgangssperre der Welt durchsetzen?
Foto: ADNAN ABIDI/ REUTERSEs ist die größte Ausgangssperre der Welt: Indiens 1,37 Milliarden Bürger - rund ein Fünftel der Menschheit - sollen drei Wochen lang zu Hause bleiben. In einer Fernsehansprache am 24. März verkündete Premier Narendra Modi seinem Volk die drastischen Maßnahmen, die das fragile Gesundheitssystem des Landes vor dem Kollaps bewahren sollen.
Indien hat bislang vergleichsweise wenige Fälle, nämlich weniger als tausend. Aber Experten fürchten, dass die Dunkelziffer groß sein könnte, weil das Land wenig testet. Und auch die Regierung scheint den eigenen Zahlen nicht zu trauen oder sie fürchtet, dass das Virus nicht mehr aufzuhalten sein könnte, wenn es sich erst einmal in den entlegenen Teilen des Landes verbreitet. Schon seit einer Woche fahren keine Züge und Busse mehr, die sonst jeden Tag viele Millionen von Menschen transportieren. Es gibt keine Flüge, Taxifahren ist verboten. Ausschließlich essentielle Einrichtungen wie Krankenhäuser, Apotheken und Lebensmittelläden dürfen noch geöffnet haben.
Gesundheitsexperten haben das strenge und schnelle Durchgreifen der Regierung gelobt. Es bleibt allerdings fraglich, wie sich solche Maßnahmen in einer Demokratie, in der rund 300 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze leben, überhaupt durchsetzen lassen.
Am Tag nach dem Inkrafttreten der Ausgangssperre kam es vielerorts zu Chaos. Polizisten patrouillierten die Straßen; bei Verstößen droht eine einjährige Haftstrafe. Welche Regeln aber tatsächlich greifen, wer noch vor die Tür darf und wer nicht, schien auch den Beamten nicht immer klar zu sein. Mehrere Firmen, die Nahrungsmittel und Medikamente nach Hause liefern, berichteten, dass Polizisten ihre Boten aufgehalten oder sogar angegriffen hätten.
Laster und Frachtzüge mit Lebensmitteln wurden an innerstaatlichen Grenzen gestoppt. Tausende Wanderarbeiter, die nun ohne Arbeit und Lohn dastehen, verließen die Städte und machten sich zu Fuß auf den Weg in ihre Heimatdörfer. Indiens Ärmste fürchten weniger das Virus als die Frage, wovon sie morgen leben sollen. Die Regierung hat angekündigt, sie mit Nahrung und Hilfsgeldern zu unterstützen.

Cyril Ramaphosa: "Unsere Aufgabe ist es, Leben zu retten"
Foto: SIPHIWE SIBEKO/ REUTERSAm Donnerstagabend, etwas mehr als vier Stunden bevor 2820 Soldaten auf die Straßen aller neun Provinzen des Landes ausschwärmen sollen, steht Cyril Ramaphosa hinter einem Rednerpult auf der Doornkop-Militärbasis in Johannesburg. Es ist dunkel, Scheinwerferlicht fällt auf sein ernstes, müdes Gesicht. Es ist das erste Mal in 24 Jahren südafrikanischer Demokratie, dass ein Staatspräsident in kompletter militärischer Uniform auftritt. Es ist der Vorabend des Tages, an dem der Lockdown in Kraft treten wird, des Tages, an dem das Land den ersten Covid-19-Toten betrauern wird.
Dieser Einsatz sei der wichtigste Auftrag der Armee, sagt Ramaphosa, der auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist. "Unsere Aufgabe ist es, Leben zu retten."
President #Ramaphosa: Our people will be looking to you to give them assurance, not as a force of might but as a force of kindness. The must know that you will be looking after them. Go and support our people. Go and defend our people. #COVID19 #CoronaVirusSA pic.twitter.com/NUjqi7RicU
— Presidency | South Africa 🇿🇦 (@PresidencyZA) March 26, 2020
Am Dienstag, dem 17. März, legte das South African Centre for Epidemiological Modelling and Analysis der Regierung alarmierende Hochrechnungen vor: Bei zu langsamem Vorgehen, hieß es, könnten 87.900 bis 351.000 Menschen in Südafrika an den Folgen des Virus sterben. Die Regierung verschärfte daraufhin die Notfallmaßnahmen weiter. Die Zahl der Infizierten allerdings stieg rapide an.
Am Montag dieser Woche dann kündigte Ramaphosa in einer abendlichen Ansprache einen 21-tägigen Lockdown an. Beginnend Donnerstagnacht, um Mitternacht. Alle nicht essenziell wichtigen Geschäfte und Unternehmen müssen geschlossen bleiben. Alle Bürger, die nicht systemrelevanten Berufen nachgehen, dürfen ihre Wohnungen, ihre Häuser, ihre Hütten nur verlassen, um Lebensmittel oder Medikamente zu kaufen oder einen Arzt aufzusuchen. Zur Überwachung der Einhaltung werden Polizei und Armee die Straßen patrouillieren. Er sehe, so Ramaphosa, keine andere Möglichkeiten, "um das Leben Hunderttausender zu retten".
Am Morgen nach dem Inkrafttreten der Ausgangssperre sind die Straßen Kapstadts so gut wie leer. Nur Obdachlose sitzen noch an den Straßenrändern. Die meisten Menschen in der Stadt scheinen die Anordnungen zu befolgen.
Anders sieht es in Langa aus, einem Township vor den Toren der Stadt. Die Polizei hat zwar Checkpoints an der Zufahrtsstraße errichtet, kontrolliert die Autos, die hinein- und hinausfahren wollen und warnt vor bestimmten Vierteln, wo es bereits jetzt Konflikte mit der Bevölkerung gebe. Im Towhnship selbst aber versammeln sich die Menschen weiter auf den Straßen, stehen in großen Gruppen vor ihren Häusern.
Vor ein ganz anderes Problem stellt der Lockdown die Weltgesundheitsorganisation. Für die WHO und andere Nichtregierungsorganisationen stellt sich in ganz Afrika, wo immer mehr Flughäfen schließen, wo immer mehr Fluggesellschaften ihre Maschinen am Boden belassen, die existenzielle Frage, wie sie nun Material und Personal in die Länder bekommen, die es zurzeit so dringend brauchen.

Ein Bad in der Menschenmenge - trotz Corona: Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro
Foto: ADRIANO MACHADO/ REUTERSDie Lage in Brasilien kann man als weitgehend konfus bezeichnen. Jair Bolsonaro, der rechtsextreme Präsident des Landes, begegnet dem Coronavirus mit einer Haltung, die weltweit vermutlich einzigartig ist. In den vergangenen Wochen hat Bolsonaro die Krise wiederholt als von den Medien geschürte Hysterie bezeichnet. Covid-19, glaubt er, sei nicht mehr als eine "kleine Grippe". Weil die Panik in seinen Augen nur zu einem unnötigen Einbruch der Wirtschaft führe, ist Bolsonaro gegen die Schließung von Geschäften oder die Einschränkung des öffentlichen Verkehrs.
Gegenwind bekommt der Präsident von Gouverneuren, die in ihren Bundesstaaten versuchen, die Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchzusetzen. In den Metropolen São Paulo und Rio de Janeiro wurde der Unterricht an Schulen und Universitäten ausgesetzt. Die meisten Geschäfte und Restaurants haben geschlossen. Die Menschen werden dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben und soziale Kontakte zu vermeiden. Mithilfe des Militärs werden an vielen Orten Feldlazarette hochgezogen oder Fußballstadien zu Krankenstationen umgerüstet. Die größte Sorge ist, dass sich das Virus in die dicht besiedelten Armenviertel der großen Städte ausbreitet, wo Millionen Menschen unter zum Teil katastrophalen hygienischen Bedingungen leben. Angesichts erster Fälle warnen die meisten Experten vor einem Tsunami, der auf die öffentlichen Krankenhäuser zurollt.
Auch Bolsonaros Gesundheitsminister geht davon aus, dass das Gesundheitssystem bei einer gleichbleibend schnellen Verbreitung des Virus "Ende April" kollabieren werde. Der Präsident hat trotzdem angekündigt, einige der von den Gouverneuren angeordneten Maßnahmen zurücknehmen zu wollen, unter anderem die Schließung der Schulen, weil Kinder und Jugendliche nicht zur Risikogruppe gehören. In diesem bizarren Streit obliegt es nun dem Obersten Gericht, darüber zu entscheiden, ob er die Kompetenz dazu besitzt.
Eine Mehrheit der brasilianischen Bevölkerung hingegen scheint ihr Urteil schon gefällt zu haben. Jeden Abend treten in den Wohnvierteln zahllose Bürger an ihre Fenster und klopfen auf Kochtöpfe, um ihren Unmut über einen Mann kundzutun, der in ihren Augen den Kontakt zur Wirklichkeit verloren hat. Viele Brasilianer fragen sich, ob Bolsonaro nur dilettiert oder ob er das Land mit voller Absicht auf den Abgrund zusteuert, um die von ihm verachteten demokratischen Institutionen zu entmachten. Die Frage ist, was schlimmer wäre.

Corona-Tontöpfe in Tijuana: Die Regierung fürchtet die wirtschaftlichen Folgen eines Lockdowns
Foto: Omar Martínez/ dpaDer linkspopulistische Präsident Andrés Manuel López Obrador wird kritisiert, weil er die Folgen des Coronavirus herunterspiele und Mexiko zu spät auf die Verbreitung des Virus reagiere. Noch am vergangenen Wochenende hatte López Obrador die Mexikaner dazu aufgerufen, auszugehen und bei seinen Touren durchs Land selbst Kinder und Anhänger geherzt. Er fürchtet die wirtschaftlichen Folgen eines Lockdown, deshalb hat die Regierung bislang darauf verzichtet.
Inzwischen hat sie allerdings die "Phase 2" der Bekämpfung des Virus ausgerufen, die strengere Maßnahmen vorsieht. Theater, Kinos, Bars und Museen in Mexiko-Stadt sind geschlossen. Bürgermeisterin Claudia Sheinbaum empfahl, auf Treffen mit mehr als 50 Teilnehmern zu verzichten. Viele Schulen und Universitäten haben auf Anordnung der Gouverneure oder aus eigener Initiative ihren Lehrbetrieb vorübergehend eingestellt. Am Mittwoch verkündete die Zentralregierung, dass sie sich auf "essenzielle" Funktionen beschränken werde. Eine Ausgangssperre gibt es aber nicht, viele Geschäfte und Restaurants sind weiterhin geöffnet. Flüge aus dem Ausland werden normal abgefertigt, die Grenzen sind geöffnet. In der Hauptstadt und einigen Landesteilen kam es zu ersten Plünderungen von Supermärkten.
Experten sind gespalten in ihrer Bewertung der mexikanischen Corona-Bekämpfung. Die panamerikanische Gesundheitsorganisation, eine Unterorganisation der WHO, hat die Regierung wiederholt für ihre Strategie zur Bekämpfung des Virus gelobt. Mexiko habe bereits im Januar als erstes lateinamerikanisches Land auf die Corona-Epidemie reagiert und das Gesundheitspersonal auf die Epidemie vorbereitet. Das Vorgehen der Regierung beruht auf den Erfahrungen mit dem 2009 ausgebrochenen Schweinegrippen-Virus H1N1, der von einem Schweinezuchtbetrieb in Mexiko ausging. Kritiker fürchten dagegen, dass Mexiko zu spät reagiert hat und die Entwicklung einen ähnlichen Verlauf wie in Italien oder Spanien nehmen könnte.
Die Gesundheitsbehörde behauptet, dass die Verbreitung des Virus in Mexiko langsamer verlaufe als in anderen Ländern. Von einem drastischen Anstieg der Internierungen wären die Krankenhäuser im Land jedenfalls überfordert: Es gebe nur 5523 Beatmungsgeräte im Land, benötigt würden während der befürchteten "Phase 3" des Krankheitsverlaufs jedoch 20.000, klagt Alejandro Macias, der 2009 im Gesundheitsministerium für die Bekämpfung von H1N1 zuständig war.

Der menschenleere Times Square in Manhattan: New York ist das Epizentrum der Coronakrise in Amerika
Foto: ---/ dpaSo still und leer wie dieser Tage war es in New York seit der Zeit der Terroranschläge vom 11. September 2001 nicht. Die Weltmetropole und der sie umgebende Großraum sind zum Epizentrum der Pandemie in den USA geworden. 60 Prozent aller neuen Corona-Fälle in den USA kommen nach Angaben des Weißen Hauses aus der Metropolregion.
Andrew Cuomo, der Gouverneur des gleichnamigen Bundesstaats, verkündete jüngst zusätzliche Einschränkungen: Erste Straßen werden komplett für den Verkehr gesperrt. Auch auf Sportplätzen sollen Maßnahmen der sozialen Distanzierung durchgesetzt werden; der Bevölkerung wird nahegelegt Kontaktsportarten wie Basketball zu meiden. Sollten die Maßnahmen auf freiwilliger Basis nicht funktionieren, warnte Cuomo, würde man sie für verpflichtend erklären. Zuvor waren bereits Schulen geschlossen worden. Restaurants dürfen nur noch ausliefern. Menschen, die nicht in Schlüsselberufen tätig sind, dürfen nur von zu Hause aus arbeiten.
"Wir müssen die Metropolregion New York City als Hochrisikogebiet behandeln", sagte US-Vizepräsident Mike Pence, der die Bemühungen des Weißen Hauses im Kampf gegen die Pandemie koordiniert. Pence rief alle Menschen, die in jüngerer Zeit New York in Richtung eines anderen Landesteils verlassen hatten, dazu auf, sich für 14 Tage in Isolation zu begeben.
Um eine Ausbreitung der Pandemie zu verhindern, wurden in zahlreichen US-Bundesstaaten Ausgangsbeschränkungen verhängt und nicht dringend benötigte Geschäfte geschlossen. Die wirtschaftliche Aktivität ist teilweise zum Erliegen gekommen. Kalifornien und der Midwest-Staat Illinois verhängten sogenannte "stay-at-home orders": Ausgangssperren auf ihrem gesamten Gebiet.
Weite Teile des Landes hatten lange kaum nennenswerte "Social distancing"-Maßnahmen ergriffen. Videos von feiernden Studenten kursierten jüngst noch in den Medien. Inzwischen haben die meisten Bundesstaaten zumindest die Schulen geschlossen.
US-Präsident Donald Trump hat die Bedrohung durch das Virus lange heruntergespielt. Zuletzt stellte er eine Lockerung der Maßnahmen um Ostern herum in Aussicht. Amerika werde bald wieder "geöffnet" sein, das Wirtschaftsleben wieder anlaufen. Zahlreiche Experten warnten vor einer Rückkehr zur Normalität binnen weniger Wochen. Die USA sind mittlerweile das Land mit den meisten Infektionen weltweit.
Von Marian Blasberg (Rio de Janeiro), Almut Cieschinger (Hamburg), Jens Glüsing (Mexiko-Stadt), Christina Hebel (Moskau), Laura Höflinger (Bangalore), Frank Hornig (Rom), Johannes Korge (Sydney), Mara Küpper (Hamburg), Steffen Lüdke (Saragossa), Katharina Graça Peters (Seoul), Christoph Reuter (Beirut), Alexandra Rojkov (Hamburg), Britta Sandberg (Paris), Alexander Sarovic (Berlin), Fritz Schaap (Kapstadt), Christoph Sydow (Berlin), Bernhard Zand (Peking),
Grafiken: Max Heber, Marco Kasang, Patrick Stotz