Kampf gegen das Coronavirus Die Welt unter Hausarrest

Ausgangssperren, massive Präsenz von Sicherheitskräften, Überwachung per Apps: Im Kampf gegen Corona greifen viele Regierungen zu drastischen Maßnahmen. Ein Überblick.

"Covid-19 ist eine Pandemie, die keine Grenzen kennt", schrieben Tedros Adhanom Ghebreyesus, der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Uno-Nothilfekoordinator Mark Lowcock jüngst in einem Gastbeitrag. Weit über eine halbe Million Corona-Infektionen und mehr als 25.000 Tote zählt die amerikanische Johns-Hopkins-Universität weltweit.

Im Kampf gegen das Virus stehen Regierungen auf der ganzen Welt vor enormen Herausforderungen - und begegnen ihnen mit unterschiedlichen Maßnahmen. Vielerorts wurden nationale Ausgangssperren verhängt, etwa in Indien oder in zahlreichen europäischen Ländern. Anderswo geht man bei der Beschränkung des öffentlichen Lebens weniger weit.

Manche Regierungen stehen in der Kritik, weil sie den Ernst der Situation herunterspielten. Unter anderem deshalb beschreiten in manchen Ländern Bundesstaaten eigene Wege. Andernorts setzen die Regierenden ihre Anordnungen mit größter Schärfe durch. Die Folge sind tiefe Eingriffe in die Bewegungsfreiheit und andere Rechte. Der Einsatz von Apps und die massive Erhebung von Daten zur Bekämpfung des Virus bergen mittelfristig Gefahren für die Privatsphäre von Bürgern. Schließlich bietet die Krise Autokraten wie dem ungarischen Premier Victor Orbán die Gelegenheit, demokratische Regeln auszuhebeln.

So ist die Lage in 21 Ländern auf sechs Kontinenten. Der globale Kampf gegen Corona im Überblick.

Strenge Regeln, harte Strafen, leere Straßen: Französische Polizisten auf der Trocadero-Terasse vor dem Eifelturm

Strenge Regeln, harte Strafen, leere Straßen: Französische Polizisten auf der Trocadero-Terasse vor dem Eifelturm

Foto: Andreina Flores/ dpa

In Frankreich gilt seit dem 17. März eine strenge, zunächst auf zwei Wochen begrenzte Ausgangssperre im ganzen Land. Alle Franzosen dürfen nur noch mit einem ausgefüllten Passierschein ihre Wohnungen und Häuser verlassen - und das auch nur, wenn sie dafür bestimmte Gründe haben. Als solche gelten dringend notwendige Arztbesuche, dringende Einkäufe von Lebensmitteln oder Apothekengänge, die Versorgung älterer Menschen, sportliche Aktivitäten oder eine Arbeit, die kein Homeoffice erlaubt.

Anfang dieser Woche sind die Maßnahmen noch einmal verschärft worden: Zusätzlich zum Datum muss auf dem Passierschein, den sich jeder auf der Website des Innenministeriums herunterladen kann, auch die Uhrzeit vermerkt werden, zu der man das Haus verlässt. Mehr als eine Stunde Ausgang pro Tag ist nicht mehr erlaubt. Jogger dürfen sich nur maximal einen Kilometer von ihrem Zuhause entfernen, auch alle anderen müssen in ihrem Umfeld bleiben und dürfen sich nur in einem Umkreis von zwei Kilometern bewegen.

Bei Nichtbefolgen dieser strengen Regeln gibt es harte Strafen, die bei Polizeikontrollen verhängt werden. Die geringste Strafe beträgt 135 Euro, die höchste 1500 Euro. Bei Wiederholungstätern sind auch Gefängnisstrafen möglich. Auch die Geschäfte, in denen die Franzosen noch einkaufen dürfen, sind von der Regierung genau aufgelistet worden: Lebensmittelgeschäfte, Supermärkte, Tabak- und Zeitschriftenläden sowie Apotheken gehören dazu. Buchhandlungen, Friseure und Fitnessstudios sind seit Langem geschlossen. Schon in der Nacht zum 15. März mussten auch Cafés und Restaurants schließen. 

Die Polizei ist in ganz Frankreich, vor allem aber in Paris sehr präsent auf den Straßen. Die meisten Franzosen halten sich an die neuen Regeln, wohl auch weil die Zahl der Infizierten und Toten von Tag zu Tag dramatisch steigt und die Zustände in den französischen Krankenhäusern immer beängstigender werden. In den Vororten rund um Paris hat die Regierung die größten Schwierigkeiten, die Ausgehsperre durchzusetzen. Wer dort zu siebt auf 50 Quadratmetern wohnt, teilweise in heruntergekommenen und von Schimmel befallenen Wohnungen, dem fällt es besonders schwer, das Haus nicht zu verlassen.

Auf absehbare Zeit dürfte es keine Lockerung der Maßnahmen geben. Der wissenschaftliche Rat, der die Regierung berät, empfahl jüngst dringend eine Verlängerung der landesweiten Ausgehsperre um weitere vier Wochen, also bis Ende April. Bisher hat Präsident Emmanuel Macron die Empfehlungen des Rates weitgehend befolgt.

Von Marian Blasberg (Rio de Janeiro), Almut Cieschinger (Hamburg), Jens Glüsing (Mexiko-Stadt), Christina Hebel (Moskau), Laura Höflinger (Bangalore), Frank Hornig (Rom), Johannes Korge (Sydney), Mara Küpper (Hamburg), Steffen Lüdke (Saragossa), Katharina Graça Peters (Seoul), Christoph Reuter (Beirut), Alexandra Rojkov (Hamburg), Britta Sandberg (Paris), Alexander Sarovic (Berlin), Fritz Schaap (Kapstadt), Christoph Sydow (Berlin), Bernhard Zand (Peking),
Grafiken: Max Heber, Marco Kasang, Patrick Stotz

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren