DER SPIEGEL

US-Wirtschaft während Coronakrise "Trump will seine politische Haut retten"

Das Coronavirus breitet sich in den USA rapide aus und trifft auch die Wirtschaft hart. Präsident Trump hat ein großes Hilfspaket angekündigt, er will eine schnelle Rückkehr zum Alltag. Experten sind skeptisch.

Es waren schon wieder rund 10.000. Zum dritten Mal in Folge lautet so in den USA die Zahl neuer Infektionen mit dem Coronavirus innerhalb eines Tages. New York City ist das US-Epizentrum der Pandemie: Hier leben rund 26.000 Infizierte, fast die Hälfte aller bundesweiten Fälle.

Aufgrund der rapiden Ausbreitung sollen die US-Bürger seit vergangener Woche auf Großteile des öffentlichen Lebens verzichten. 15 Tage lang.

Daraus ist nun auch ein wirtschaftlicher Streit entbrannt. Wie lange ist es sinnvoll, alles herunterzufahren, wie lange muss die Wirtschaft leiden? Ab wann können die Menschen zurück zum Alltag?

Roland Nelles, DER SPIEGEL:
"US-Präsident Donald Trump stellt sich ganz an die Spitze der Bewegung derjenigen, die finden, das sollte jetzt endlich mal zu Ende gehen hier mit dem Look down, und die Wirtschaft sollte endlich wieder durchstarten."

Donald Trump, US-Präsident:
"Letztlich ist es das Ziel, die Richtlinien abzuschwächen und in weiten Teilen des Landes Dinge wieder zu öffnen, sobald wir uns dem Ende dieses historischen Kampfes gegen den unsichtbaren Feind annähern. Das könnte eine Weile dauern, aber wir werden gewinnen. Wir werden gewinnen. Ich habe heute gesagt, dass ich hoffe, dass wir es bis Ostern schaffen. Das wäre, glaube ich, eine großartige Sache für unser Land. Und wir arbeiten alle sehr hart daran, das umzusetzen."

Aber Trump stößt damit auf Gegenwehr - vor allem aus dem medizinischen Lager

Roland Nelles, DER SPIEGEL:
"Natürlich gibt es auch die andere Seite, die Experten, die warnen, die sagen, es wäre ein riesiger Fehler, wenn man jetzt alles wieder bald aufmachen würde. Die dringend dazu raten, dass man weiterhin versuchen sollte, diese Kurve möglichst flach zu halten. Die berühmte Kurve."

Auch Dr. Anthony Fauci, der führende Epidemiologe in den USA, relativierte Trumps Wunsch, bis Ostern wieder alles zu öffnen. Sich auf einen konkreten Zeitpunkt festzulegen, sei kaum möglich.

Dr. Anthony Fauci, Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten:
"Das ist wirklich sehr flexibel. Wir haben uns gerade mit dem Präsidenten im Oval Office darüber unterhalten. Man kann ein Datum anvisieren, aber man muss da sehr flexibel sein. Von Tag zu Tag, von Woche zu Woche muss man bewerten, ob das, was wir versuchen, machbar ist."

Klar ist: Mitten im Wahlkampf hat Trumps Vorgehen in der Coronakrise auch politische Motive.

Roland Nelles, DER SPIEGEL:
"Er möchte natürlich auf jeden Fall vermeiden, dass am Ende, wenn im November gewählt wird, dass dann hinterher riesige Arbeitslosenheere hier auf der Straße stehen und die Leute sagen: "Warum hast du das nicht verhindert?" Und genau deshalb will er natürlich jetzt die Wirtschaft wieder in Gang bringen, auch um seine eigene Haut, seine politische Haut zu retten."

Dabei bekommt er Unterstützung. Auch der wirtschaftliche Berater des Weißen Hauses versicherte, dass die Krise zeitlich sehr begrenzt sei.

Larry Kudlow, Wissenschaftlicher Berater des Weißen Hauses:
"Wir steuern auf eine harte Zeit zu. Aber wir glauben, dass es sich nur um Wochen handelt. Wochen und Monate, auf keinen Fall Jahre."

Um die Probleme in dieser Phase abzuschwächen, haben sich US-Regierung und Senat im dritten Anlauf nun auch auf ein umfassendes Hilfspaket geeinigt. Es beinhaltet unter anderem zwei Billionen US-Dollar Soforthilfe.

Es gibt in der Krise aber auch deutlich radikalere und erschreckend skrupellose - Ansätze, um die Wirtschaft zu schützen.

Roland Nelles, DER SPIEGEL:
"Da ist zum Beispiel der stellvertretende Gouverneur von Texas, der findet, dass eigentlich die alten Leute sich opfern sollten für die jungen, sprich sich mit dem Virus infizieren sollten, sterben sollten womöglich sogar. Nur damit die Wirtschaft wieder laufen kann und die Jungen dann eine boomende Wirtschaft vorfinden."

Für eine Beruhigung der Diskussion auf politischer und wirtschaftlicher Ebene dürften solche Beiträge nicht sorgen. Aber Trump hat noch ein anderes Problem. Was bundesweite Maßnahmen angeht, ist seine Macht ohnehin begrenzt.

Roland Nelles, DER SPIEGEL:
"Er kann zwar sagen, dass er die Empfehlung, die er selber ausgesprochen hat, zum Social Distancing und anderen Dingen, dass er die wieder zurücknimmt. Aber in Wahrheit liegen auch viele dieser Kompetenzen in der Macht der Bundesstaaten. Und wenn zum Beispiel New York oder Virginia oder Florida oder Kalifornien finden, dass die Bürger weiter zu Hause bleiben sollten und zu Hause bleiben müssen, dann können sie das auch so beschließen. Der Präsident und die Bundesregierung haben da auch relativ wenig Möglichkeiten, das wirklich zu beenden."

(Video)
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