Nach zwei Jahren Pandemie Die Welt öffnet sich

Israel lässt auch Ungeimpfte einreisen, in Mallorcas Nachtleben gibt es kaum mehr Beschränkungen: Viele Länder weltweit heben die meisten ihrer Coronamaßnahmen auf.
Am 12. Februar endete auf Mallorca die 3G-Regel – so auch an diesem Strand in Arenal

Am 12. Februar endete auf Mallorca die 3G-Regel – so auch an diesem Strand in Arenal

Foto: Clara Margais / dpa
Globale Gesellschaft

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Von Lettland über Israel bis Südafrika: Zahlreiche Länder und Regionen haben ihre Coronaeinschränkungen gelockert oder ganz abgeschafft. Die Lockerungen werden mit der abflachenden Omikron-Welle und in den meisten Fällen mit hohen Impfquoten begründet. Es profitieren in vielen Ländern Reisende und Touristen aus dem Ausland – auch ungeimpfte.

So lässt Israel erstmals seit Pandemiebeginn ungeimpfte Touristen ohne Sondergenehmigung einreisen. Ausländerinnen und Ausländer müssen seit dem vergangenen Dienstag lediglich zwei PCR-Tests absolvieren – einen vor Abreise und einen nach Einreise. Bisher war die Einreise für Touristen grundsätzlich nur mit vollständiger Impfung möglich. Auch die Fünf-Tages-Quarantäne nach Einreise fällt weg.

Die Omikron-Infektionszahlen sinken in Israel seit Januar. Das Gesundheitsministerium meldete am Dienstag noch 8372 neue Fälle für den Vortag. Derzeit gelten rund 64 Prozent der 9,4 Millionen Bürger als vollständig geimpft.

Mallorca hat die meisten der noch geltenden Coronaeinschränkungen aufgehoben. Bestehen bleibt, wie in ganz Spanien, nur die geltende Maskenpflicht in Innenräumen sowie das Rauchverbot in den Außenbereichen von Gaststätten.

Ein Sprecher der Regionalregierung hatte die Aufhebung der Vorsichtsmaßnahmen mit der guten Entwicklung der Infektionszahlen sowie der hohen Impfquote auf den Balearen begründet. Abgeschafft werden zahlreiche Restriktionen, darunter die Beschränkungen der Besucherzahlen, etwa in der Gastronomie, im Nachtleben, bei Kultur-, Sport- und anderen Veranstaltungen sowie auch in Seniorenheimen.

Viele der Einschränkungen zur Eindämmung der Pandemie waren auf den Balearen bereits in den vergangenen Wochen immer weiter gelockert worden. Die Zahl der Neuinfektionen sinkt seit Wochen, lag zuletzt bei 170, nachdem dieser Wert vor einem Monat noch bei mehr als 1400 gelegen hatte.

»Ich weiß, dass Sie müde, frustriert und erschöpft sind.«

US-Präsident Joe Biden

Während in Hongkong angesichts stark steigender Infektionszahlen ein harter Lockdown immer wahrscheinlicher wird und in Neuseeland Impfpflichtgegner gegen die strengen Coronaregeln demonstrieren, waren andernorts bereits in den vergangenen Tagen weitgehende Lockerungen angekündigt oder umgesetzt worden: darunter in Großbritannien, Italien, Frankreich und Island.

In Lettland sind am vergangenen Dienstag zahlreiche Regeln weggefallen, der im Oktober 2021 verhängte Gesundheitsnotstand wurde beendet. In dem baltischen EU-Land muss seit dem 1. März im Einzelhandel kein sogenannter Grüner Pass für Geimpfte oder Genesene mehr vorgezeigt werden.

Auch die bislang geltenden Beschränkungen der Öffnungszeiten werden aufgehoben, Unterhaltungs- und Freizeitstätten dürfen wieder Kunden empfangen. Dort gilt ebenso wie im gastronomischen Bereich, bei Veranstaltungen und für mehrere Berufsfelder aber bis 1. April weiter die 2G-Regel. Gültig bleiben zudem Maskenpflicht, Abstandsregeln und Hygienevorschriften.

In den USA hat US-Präsident Joe Biden die Menschen im Land auf eine Zukunft eingestimmt, in der die Pandemie nicht mehr ihren gesamten Alltag bestimmt. »Seit mehr als zwei Jahren hat Covid jede Entscheidung in unserem Leben und im Leben dieser Nation beeinflusst. Und ich weiß, dass Sie müde, frustriert und erschöpft sind«, sagte Biden am Dienstag bei seiner Ansprache zur Lage der Nation. Aber dank des Durchhaltevermögens der Menschen gehe es nun vorwärts.

»Es ist an der Zeit, dass die Amerikaner wieder zur Arbeit gehen und unsere großartigen Innenstädte wieder füllen. Menschen, die von zu Hause aus arbeiten, können sich sicher fühlen und ins Büro zurückkehren«, so Biden. Er wolle sich nicht damit abfinden, mit dem Virus zu leben. So wie auch andere Krankheiten bekämpft worden seien, solle auch Covid-19 bekämpft werden. Besonders wichtig sei dafür die Impfung.

Die Omikron-Welle hatte die USA, wo seit Beginn der Pandemie mehr als 950.000 Menschen im Zusammenhang mit einer Coronainfektion starben, im Dezember mit voller Wucht getroffen. Mittlerweile sind die Fallzahlen massiv zurückgegangen.

Auch in Deutschland, wo die Infektionszahlen seit Längerem rückläufig sind, wird gelockert. Das Robert Koch-Institut (RKI) streicht alle Länder von seiner Liste der Hochrisikogebiete – was insbesondere die Wiedereinreise von Reiserückkehrern nach Deutschland erleichtern wird. Ab Donnerstag, so schreibt das RKI auf seiner Internetseite , werde kein Land mehr als Hochrisikogebiet deklariert.

»Kein infektionsfreier Sommer«

»Mit verbreitetem Auftreten der Omikron-Variante zeigt sich, dass die Fähigkeit dieser Variante, eine bedrohliche Erkrankung hervorzurufen, weniger schwerwiegend ist im Vergleich zu den vorherigen vorherrschenden Varianten«, erklärte das RKI. Deshalb würden nur noch solche Regionen zu Hochrisikogebieten, in denen gefährlichere Varianten verbreitet sind.

Zuletzt galten noch 62 Länder und Regionen als Hochrisikogebiete, darunter die meisten Nachbarländer Deutschlands. Sie alle werden am Donnerstag von der Liste genommen.

Der Virologe Christian Drosten mahnt, dass man sich trotz der sinkenden Infektionszahlen im kommenden Sommer mit Omikron anstecken könne. Zum einen sei der jetzige Impffortschritt nicht ausreichend, zum anderen sei die Infektionstätigkeit durch Omikron weiter hoch, sagte der Wissenschaftler von der Berliner Charité am Dienstag im Podcast »Coronavirus-Update« bei NDR-Info. »Deshalb gehe ich davon aus, dass es keinen infektionsfreien Sommer geben wird.«

Drosten gab zu bedenken, dass beispielsweise in Südafrika die Omikronwelle mitten im Hochsommer steil gestiegen sei. Von einer »ungebändigten« Welle im Sommer gehe er aber nicht aus.

Drosten halte es entsprechend auch im Sommer für ratsam, weiter in Innenräumen Masken zu tragen. Besonders das Tragen von FFP2-Masken in Innenräumen sei auf lange Sicht »die effizienteste Maßnahme überhaupt«. Er rief klar dazu auf, sich impfen beziehungsweise boostern zu lassen.

Mit Blick auf im weiteren Jahresverlauf wieder sinkende Temperaturen äußerte Drosten die Einschätzung, es werde auch wieder zu einer Winterwelle kommen. Diese werde zwar nach seiner Hoffnung nicht mit einer schweren Krankheitslast in der Bevölkerung einhergehen, die Gefahr von Arbeitsausfällen im großen Stil werde es aber weiter geben. »Die Pandemie ist nicht nur vorbei, wenn durch die Impfung die Krankheitsschwere abgeschnitten ist, sondern wenn durch bestimmte Modifikationen in der Bevölkerung auch diese hohe Übertragbarkeit beendet ist«, mahnte er.

Dieser Beitrag gehört zum Projekt Globale Gesellschaft

Unter dem Titel »Globale Gesellschaft« berichten Reporterinnen und Reporter aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa – über Ungerechtigkeiten in einer globalisierten Welt, gesellschaftspolitische Herausforderungen und nachhaltige Entwicklung. Die Reportagen, Analysen, Fotostrecken, Videos und Podcasts erscheinen in einer eigenen Sektion im Auslandsressort des SPIEGEL. Das Projekt ist langfristig angelegt und wird von der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) unterstützt.

Ein ausführliches FAQ mit Fragen und Antworten zum Projekt finden Sie hier.

mst/dpa
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