Covid-19 in den USA Ansteckungsgefahr für Trumps Wahlkampf

Mann mit Schutzmarke in San Francisco: Die Corona-Krise könnte für Trump gefährlich werden. "Trump macht uns alle krank", heißt es schon bei der "New York Times"
Foto: Bloomberg/ Getty ImagesDer Präsident blickte ernst, als er vor den TV-Kameras über den ersten Todesfall in den USA berichtete. Im nordwestlichen Bundesstaat Washington sei leider eine Person an den Folgen einer Coronavirus-Erkrankung gestorben, sagte Donald Trump im Weißen Haus. Es war eine "wundervolle Frau".
Tatsächlich war es ein Mann.
Für den Fehler konnte Trump offenbar nichts, er soll von Mitarbeitern seines eigenen Gesundheitsdienstes falsch informiert worden sein, hieß es später. Doch wenn es Trumps Absicht gewesen sein sollte, die Bevölkerung mit seinem Auftritt zu beruhigen, könnte dieses Durcheinander das genaue Gegenteil bewirkt haben.
In den USA wachsen die Zweifel, ob der Präsident und seine Regierung auf eine mögliche Coronavirus-Epidemie richtig vorbereitet sind. "Trump macht uns alle krank", ängstigt sich die "New York Times" auf ihren Meinungsseiten. Die "Washington Post" berichtet von angeblichem "Chaos im Weißen Haus". Trumps demokratischer Herausforderer Mike Bloomberg schimpft: "Der Präsident ist nicht bereit für eine solche Krise. Er setzt uns alle einer echten Gefahr aus."
Trump sendet widersprüchliche Signale
Tatsächlich verfestigt sich der Eindruck, dass Trump auch in dieser Krise vorrangig an einer Frage interessiert ist: Was bedeutet das alles für seine Chancen, im November wiedergewählt zu werden?
Mit Sorge verfolgt der Präsident vor allem den Absturz der Börse an der Wall Street um mehr als zehn Prozentpunkte. Nachdem Trump den Höhenflug beim Dow-Jow-Index bislang stets als Gradmesser für seinen Erfolg als Präsident angesehen hat, kann ihm ein weiterer Sinkflug naturgemäß gar nicht gefallen. Prompt appellierte er am Wochenende an die US-Notenbank Federal Reserve, durch weitere Zinssenkungen einem Abflauen der Konjunktur entgegenzuwirken. "Die Fed sollte endlich damit anfangen, hier Führung zu zeigen", mahnte Trump.
Ein deutlicher Rückgang des Wirtschaftswachstums infolge der Coronavirus-Krise würde Trump unter Druck setzen. Die starke Wirtschaft ist sein wichtigstes Wahlkampfthema. Ebenso gefährlich wäre für den Präsidenten aber auch, wenn mehr und mehr Wähler den Eindruck bekommen würden, er wäre der Krise nicht gewachsen. Seine demokratischen Herausforderer wie Bloomberg oder auch Joe Biden lauern im Wahlkampf geradezu auf jede Gelegenheit, dem Präsidenten hier Missmanagement vorwerfen zu können.
So sendet Trump abwechselnd unterschiedliche Signale an eine nervöser werdende Bevölkerung. Mal präsentiert er sich als entschlossener Krisenmanager, der beim Kongress 2,5 Milliarden Dollar an Soforthilfen für den Kampf gegen das Virus beantragt und Beschränkungen für Reisende verkündet. Dann wieder versucht er, den Ernst der Lage herunterzuspielen.
Bei einem Treffen mit Fans verkündete Trump, seine Regierung habe alles unter Kontrolle. Man habe "fantastisch", "sehr gut" auf die ersten Coronavirus-Fälle im Land reagiert. Die oppositionellen Demokraten und die Medien würden die ganze Sache nur aufbauschen, um ihm zu schaden. Und sowieso: Das Virus werde bald wieder verschwinden, lautet die Prognose des Präsidenten. "Eines Tages wird es weg sein. Wie durch ein Wunder."
Mike Pence soll alles koordinieren
Trumps Unterstützer geben ihrem Idol derweil Schützenhilfe. Beim Sender Fox News behauptete sein Sohn Donald Junior, die Demokraten würden offenkundig hoffen, dass das Virus "viele Millionen Menschen" töten werde, um Trumps Gewinnerserie zu stoppen. Und der frühere republikanische Gouverneur von Arkansas, Mike Huckabee, schimpfte, Trump könnte wahrscheinlich höchstpersönlich aus jedem Infizierten das Virus "heraussaugen" und dann zum Meeresboden tauchen, um es dort wieder auszuspucken - er würde dann trotzdem noch beschuldigt werden, die Ozeane zu verschmutzen.
Fest steht: Gemessen an der Größe des Landes ist die Coronavirus-Ausbreitung in den USA derzeit noch überschaubar. Es gibt lediglich um die 70 registrierte Fälle. Das muss allerdings nicht so bleiben. Vor allem an der Westküste kommt es zu immer neuen Meldungen. Die zuständige Gesundheitsbehörde CDC, Centers for Disease Control and Prevention, warnt die Bevölkerung bereits seit Tagen davor, dass eine größere Epidemie möglich sei.
Zugleich häufen sich die Berichte über mangelnde Sorgfalt der Behörden im Umgang mit potenziell erkrankten Patienten. So wurden offenbar 14 erkrankte Amerikaner aus ihrer Quarantäne auf dem Kreuzfahrtschiff "Diamond Princess" in Japan zusammen mit gesunden Passagieren im selben Flugzeug in die USA zurückgebracht. Anschließend sollen diese Betroffenen auf einem Stützpunkt der Luftwaffe im Norden Kaliforniens von Behördenmitarbeitern ohne spezielle Ausbildung und Schutzkleidung in Empfang genommen worden sein.
Rund um die Luftwaffenbasis häufen sich nun Fälle von Kranken. Weiter nördlich im Bundesstaat Washington soll sich das Virus derweil seit Wochen unbemerkt ausgebreitet haben. Hektisch versucht die Trump-Regierung nun, die einzelnen Bundesstaaten wie Kalifornien in die Lage zu versetzen, mehr eigene Schnelltests an potenziell infizierten Menschen vorzunehmen. So soll eine weitere Ausbreitung des Virus auf die gigantischen Ballungsräume San Francisco oder Los Angeles eingedämmt werden.
Als obersten Koordinator für die Krise hat Trump seinen Vizepräsidenten Mike Pence eingesetzt. Der erließ erst mal eine Art Maulkorb für die Gesundheitsbehörden. Offenbar waren deren erste Warnungen vor dem Virus dem Weißen Haus zu alarmistisch.
Ein führender staatlicher Seuchenexperte wurde angewiesen, geplante TV-Auftritte wieder abzusagen. Sämtliche öffentliche Kommunikation zum Thema Coronavirus solle fortan durch sein Büro laufen, stellte Pence klar.
Dann hatte der oberste Koordinator auch schon wieder Besseres zu tun. Pence flog nach Florida, zu einer Spendengala für den Wahlkampf.