Wahlkampf in den USA Debatte mit Aus-Knopf

Donald Trump und Joe Biden während der ersten Debatte in Cleveland
Foto:Patrick Semansky / AP
Chaos, ein überforderter Moderator, Kandidaten, die ständig gleichzeitig redeten, ein Präsident, der den Herausforderer nicht ausreden ließ, und persönliche Beleidigungen: Das ist die kurze Zusammenfassung des ersten TV-Duells zwischen dem amtierenden amerikanischen Präsidenten Donald Trump und dem früheren Vizepräsidenten Joe Biden. An diesem Donnerstag findet das zweite - und letzte - Duell vor der Präsidentschaftswahl am 3. November statt.
Damit sich nicht wiederholt, was beim ersten Mal geschah, hat die Kommission für präsidiale Debatten in den USA eine Neuerung beschlossen: Der Stummschaltknopf wird eingeführt. Dieser wird aber nur während der zwei Minuten eingesetzt, die jeder Kandidat am Anfang der sechs Themenblöcke hat, um seine eigene Haltung darzulegen. Während dem offenen Teil der Debatte dürfen sich Trump und Biden also weiter munter unterbrechen.
Hier die weiteren Fakten: Das Duell startet um 21 Uhr Ortszeit (3 Uhr morgens in Deutschland), wird 90 Minuten dauern und findet auf dem Gelände der Belmont-Universität in Nashville statt. Moderieren wird die NBC-Journalistin Kristen Welker. Darum wird es gehen:
Die Bekämpfung der Coronakrise
Amerikanische Familien
Ethnien in Amerika
Klimawandel
Innere Sicherheit
Führung
Die Themen hat Welker festgelegt. Trump attackierte die Moderatorin im Vorfeld der Debatte, nannte sie "fürchterlich" und "total parteiisch". Sein Wahlkampfteam unterstellte der Kommission für präsidiale Debatten, sie hätten den Fokus der Diskussion verschoben. Mitglieder der Kommission widersprachen. "Wie das Trump-Wahlkampfteam weiß, liegt der Inhalt der Debatte außerhalb des Aufgabenbereichs der Kommission und wird nur von den Moderatoren entschieden", schrieb Kommissionsmitglied John C. Danforth, ein Republikaner, in einem Gastbeitrag für die "Washington Post".
Laut "New York Times " haben Trumps Wahlkampfstrategen dem Präsidenten dazu geraten, Biden nicht dauernd zu unterbrechen. "Um eine erfolgreiche Debatte zu haben, muss der Präsident auf Angriff schalten, ohne beleidigend zu sein", zitierte die Zeitung Brett O'Donnell, einen republikanischen Strategen.
Trump wird Bidens Sohn angreifen
Trump hat in den vergangenen Tagen angedeutet, dass er vor allem auf angeblich geleakte Dateien von einem Computer von Joe Bidens Sohn Hunter Biden eingehen wolle. An der Echtheit der Dokumente gibt es erhebliche Zweifel.
Schon während der ersten Debatte hatte Trump Bidens Sohn Hunter angegriffen und behauptet, dieser sei "unehrenhaft" wegen seines Kokainkonsums aus der Armee entlassen worden. Biden erwiderte, sein Sohn habe ein Drogenproblem gehabt. Aber er habe es überwunden. "Ich bin stolz auf ihn", sagte Biden.
Trumps Aussage ist faktisch falsch. Hunter Biden wurde zwar aus der Armee entlassen, weil er einen Drogentest nicht bestand, aber nicht "unehrenhaft". Das berichtet ein Reuters Faktencheck .
Der Angriff des Präsidenten gegen Hunter Biden sorgte für viel Kritik. Der Journalist Eric Garcia schrieb über seine eigene Alkohol- und Sexsucht und dass Trumps Kommentare zu mehr Stigmatisierung führten. Im Jahr 2018 sind in den USA täglich 128 Menschen an den Folgen einer Opioidsucht gestorben, 67.300 Menschen starben an einer Drogenüberdosis. Das sind die offiziellen Zahlen des Center for Disease Control (CDC).
Trumps Berater fürchten laut "New York Times", dass diese Art der Angriffe Biden mehr Sympathie verschaffen könnte. In allen wichtigen Umfragen liegt Biden derzeit mit mehreren Prozentpunkten deutlich vor Trump. Für den Präsidenten könnte die Debatte die letzte Gelegenheit sein, die wenigen unentschiedenen Wähler noch von sich zu überzeugen. Fraglich ist, ob er dieses Ziel mit einer besonders brutalen Rhetorik erreichen kann. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Trump ein Interview mit dem CBS-Format "60 Minutes" abgebrochen hatte. CNN zitierte eine nicht genannte Quelle, wonach dem Präsidenten die Fragen nicht gefallen hätten.
Biden will über Themen sprechen
Biden will sich auf seine alte Strategie konzentrieren und hauptsächlich über seine politischen Inhalte sprechen: die Bekämpfung der Coronakrise, die Wirtschaftslage und Steuererhöhungen für Reiche. Laut "New York Times" rüstet Bidens Team sich für harte Angriffe, auch gegen seine Familie. Biden wird wohl auch die Frage beantworten müssen, ob er die Zahl der Richter am Supreme Court erhöhen möchte, bisher ist er eine Antwort schuldig geblieben. Er hat versprochen, die Frage noch vor der Wahl zu beantworten.
Eine andere Frage könnte das Gesundheitssystem betreffen. Biden will Obamacare ausweiten. Einige Kommentatoren fürchten, dass dies der erste Schritt zu einem Modell sein könnte, in der die private Krankenversicherung keine Rolle mehr spielt. In der Vergangenheit hat Biden sich für die Erhaltung der privaten Krankenversicherung ausgesprochen.
Interessant dürfte Bidens Umgang mit Trumps Angriffen werden. Während der letzten Debatte hatte Biden den Präsidenten einen "Clown" genannt und ihn an einer Stelle aufgefordert, er solle die Klappe halten.
Das zweite TV-Duell war ausgefallen, weil Trump sich nach einer Corona-Infektion weigerte, an einem virtuellen Format teilzunehmen. Stattdessen fanden zeitgleich zwei Townhall-Veranstaltungen mit jeweils einem Kandidaten statt. Für viele Zuschauer war das wohl aufschlussreicher als das chaotische erste Duell. Das nutzte vor allem Biden. Seine Townhall-Veranstaltung erinnerte eher an eine Pressekonferenz als an Reality-TV. Weniger Skandal, mehr Substanz. Die Amerikaner goutierten es: Bidens Einschaltquoten waren besser als die von Trump.