Trump gegen Biden Diese Gruppen werden die US-Wahl entscheiden

Biden-Anhänger in der Pensionärssiedlung The Villages in Florida: 2016 stimmten Rentner mehrheitlich für Donald Trump
Foto: CHANDAN KHANNA / AFPWird Joe Biden der 46. Präsident der Vereinigten Staaten? In Umfragen liegt er teils deutlich vorn. Doch auf die Werte verlassen werden der Ex-Vizepräsident und seine Demokraten sich nicht.
Oder sichert sich Donald Trump bei der Wahl am 3. November eine zweite Amtszeit? Seine Basis hält nach wie vor zu ihm. Doch das allein wird für die Wiederwahl nicht genügen; Trump muss weitere Wählerkreise erschließen.
Ob sich am Ende der Amtsinhaber oder sein Herausforderer Biden durchsetzt, könnte auf das Wahlverhalten bestimmter Gruppen ankommen. Auf diese lohnt es sich besonders zu achten:
Vorstadtfrauen
Weiße Vorstadtfrauen waren 2016 mitverantwortlich für Donald Trumps Einzug ins Weiße Haus, laut einer Studie des Pew Research Center wählten 47 Prozent der weißen Frauen im Jahr 2016 Trump, nur 45 Prozent gaben ihre Stimme Hillary Clinton. Vorstadtfrauen sind eine umkämpfte Wählergruppe. Früher wählten sie mehrheitlich republikanisch, das hat sich gedreht: Laut einer Umfrage der "Washington Post " wollen 62 Prozent der Vorstadtfrauen Biden wählen. Bei ihren Männern ist das anders: 54 Prozent wollen am 3. November Trump wählen, nur 43 Prozent wollen für Biden stimmen. Ergibt einen Gender Gap von 19 Prozentpunkten.
Die Vorstadt ist kein monolithischer Block mehr. Das hängt auch mit der demografischen Entwicklung zusammen. Seit 2000 ist der Anteil weißer Vorstadtbewohner um acht Prozentpunkte gesunken, inzwischen sind 32 Prozent der Bevölkerung nicht weiß. Den größten Grund für die Entfremdung der Vorstadtfrauen von den Republikanern sehen Experten aber in Trumps Persönlichkeit. "Sie mögen Donald Trumps Stil nicht; sie finden, er ist ein Grobian, sie denken, er ist spaltend", sagte die demokratische Strategin Celinda Lake der News-Plattform "Vox.com ". Vorstadtfrauen hassten Chaos, sie wollten Stabilität.
In allen Swing States sind die Vorstadtfrauen eine wichtige Wählergruppe. Sie könnten die Wahl entscheiden.
Schwarze Wähler
In diesem Jahr könnten so viele schwarze Amerikanerinnen und Amerikaner an die Urne gehen wie nie zuvor: 30 Millionen sind wahlberechtigt . Mehr als ein Drittel von ihnen lebt in neun Bundestaaten, die für das Ergebnis entscheidend sein könnten: Arizona, Florida, Georgia, Iowa, Michigan, North Carolina, Ohio, Pennsylvania und Wisconsin. Trump gewann all diese Staaten 2016 – allerdings teilweise mit einer hauchdünnen Mehrheit.
Die Schwarzen könnten dieses Mal den Wandel bringen, denn eine Mehrheit von ihnen favorisiert Joe Biden. Mehr als 90 Millionen US-Bürger haben laut dem "United States Elections Project" bereits im Rahmen des "Early Voting" ihre Stimme abgegeben. Unter Schwarzen zeichnet sich dabei eine hohe Wahlbeteiligung ab – vor allem in Staaten wie North Carolina und Georgia.
Das könnte Biden zugute kommen, obwohl der Demokrat an sich nicht für Euphorie in dieser Wählergruppe sorgt. Einer Umfrage vom Sommer zufolge waren vor allem junge Schwarze unentschieden . Viele von ihnen mögen demnach Trump nicht, können sich aber ebenso wenig für Biden begeistern.
Weiße Frauen ohne College-Abschluss
Weiße ohne höhere Bildung wählten 2016 mit überwältigender Mehrheit Donald Trump. 64 Prozent stimmten für ihn, nicht einmal ein Drittel der Weißen ohne College-Abschluss wählte Hillary Clinton. Weiße Männer ohne College-Abschluss unterstützen mehrheitlich immer noch Trump.
Bei weißen Frauen ohne College-Abschluss aber deutet sich eine Abkehr von Trump an: 47 Prozent dieser Wählergruppe wollen laut einer NPR-Umfrage von Anfang Oktober Biden ihre Stimme geben, und 50 Prozent möchten Trump wählen. Weiße Frauen ohne höhere Bildung machten 2016 circa 20 Prozent der Wählerschaft aus. Sollten sich diese Umfragen bewahrheiten, wird es für Trump schwer, die Wahl zu gewinnen.
Latinos
Latinos dürften in diesem Jahr erstmals die größte nicht weiße Wählergruppe bilden. Vor allem in den "Battleground States" Florida und Arizona dürfte ihr Wahlverhalten entscheidend werden.
Die wachsende Bedeutung ist nicht nur ein Ausdruck der zunehmenden Diversität im Land; Latinos sind ihrerseits eine äußerst vielfältige Gruppe. Die Heterogenität zeigt sich auch in ihren politischen Präferenzen: Eine Umfrage des Pew Research Center aus dem Jahr 2018 kam zu dem Ergebnis, dass Wähler mit puerto-ricanischen und mexikanischen Wurzeln zu den Demokraten tendierten (65 beziehungsweise 59 Prozent), während Kubaner (57 Prozent) eher Republikaner wählten.
Nirgends ist das in diesem Jahr deutlicher sichtbar als in Florida. Die Kubaner, die den größten Latino-Wählerblock im Staat bilden, ziehen Trump vor. Dieses Defizit will Biden wettmachen, in dem er Puerto-Ricaner von sich überzeugt. Sie bilden die zweitgrößte Gruppe und sind traditionell den Demokraten zugetan; Begeisterung für Biden wollte sich unter ihnen zuletzt dennoch nicht einstellen.
Ähnlich scheint die Lage in Texas: Einer Umfrage der "New York Times" und des Siena College zufolge werden Bidens Zuwächse unter weißen Vorstadtbewohnern im flächenmäßig größten Bundesstaat zum Teil dadurch relativiert, dass sein Vorsprung unter Latinos nicht so groß ist wie der Clintons vor vier Jahren. Demnach könnten gerade Hispanics Trump helfen, die gefährdete einstige Bastion der Republikaner zu halten. Allerdings waren Umfragen in Texas in den vergangenen Jahren besonders volatil.
Landesweit liegt Biden der jüngsten Pew-Erhebung zufolge unter Latinos 34 Prozentpunkte vor Trump. 2016 hatte Clinton sich noch mit 38 Punkten Vorsprung in der Gruppe durchgesetzt. Befragungen der "New York Times" zeigen eine besonders große "gender gap" unter Latinos: Während Biden demnach unter Frauen mit 59 zu 25 Prozentpunkten führt, beträgt sein Vorsprung unter Männern nur acht Punkte.
Eine spannende Frage wird auch die nach der Wahlbeteiligung sein. Eine Anfang Oktober durchgeführte Pew-Befragung kam zu dem Ergebnis, dass der Anteil der sehr motivierten Wähler unter Latinos geringer ist als in der US-Bevölkerung insgesamt.
Rentner
Bei der Präsidentschaftswahl 2016 waren mehr als ein Viertel aller Wähler älter als 65 Jahre: Die Rentner sind eine der wichtigsten Wählergruppen in den USA. Damals stimmte eine Mehrheit von ihnen für Donald Trump, er gewann mit 53 zu 44 Prozent . Auch in diesem Jahr sind die Rentner mächtig, vor allem in Staaten wie Florida, in denen sich viele von ihnen zur Ruhe gesetzt haben und wo das Ergebnis oft knapp ist.
Offenbar haben sich viele Senioren in den vergangenen Jahren aber von Trump abgewandt: Bei den Midterm-Wahlen 2018 schnitten die Republikaner deutlich schlechter ab unter den älteren Wählern als zwei Jahre zuvor. Umfragen zufolge erwägt eine Mehrheit der über 65-Jährigen inzwischen sogar, für Biden zu stimmen . Viele kritisieren vor allem Trumps Umgang mit dem Coronavirus, das für ältere Menschen besonders gefährlich ist. Dass Trump das Virus immer wieder herunterspielte, empfinden einige als Verhöhnung ihrer Sorgen.
Evangelikale
Donald Trump ist mehrfach geschieden, hatte eine Affäre mit einer Pornodarstellerin. Früher wollte er Frauen die Entscheidung darüber überlassen, ob sie ein Kind austragen wollen. Alles Gründe, die ihn für Evangelikale eigentlich unwählbar machen müssten. Trotzdem haben bei der Wahl vor vier Jahren 77 Prozent der evangelikalen weißen Wähler ihre Stimme Trump gegeben. Noch immer sind seine Zustimmungswerte in dieser Gruppe besonders hoch, zuletzt lagen sie bei weißen Evangelikalen bei 72 Prozent, trotz der Coronakrise, die bisher mehr als 225.000 Menschen in den USA das Leben kostete.
Dabei mag Trump Evangelikale offenbar nicht besonders. Der republikanische Senator Ben Sasse erzählte seinen Wählern, der Präsident mache sich hinter verschlossenen Türen über Evangelikale lustig. Michael Cohen, der frühere Anwalt des Präsidenten, erzählte, Trump habe nach einem Treffen mit Evangelikalen, die mit ihm beteten und ihre Hände auf ihn legten, gesagt: "Kannst du diesen Bullshit glauben?" Sie halten zu ihm, vor allem wegen der Besetzung von Richterposten. Noch kurz vor der Wahl beriefen Trump und die Republikaner die ultrakonservative Richterin Amy Coney Barrett an den Supreme Court, dem höchsten Gericht der USA. Evangelikale hoffen, dass jetzt das liberale Abtreibungsrecht beschnitten und die Legalisierung der Ehe für schwule und lesbische Paare rückgängig gemacht wird.
Weiße Männer
Weiße Männer, vor allem jene ohne College-Abschluss, waren 2016 ein Hauptgarant für Trumps Wahlsieg. Einer Auswertung des Pew Research Center zufolge betrug sein Vorsprung vor Hillary Clinton in der Gesamtgruppe, die immerhin ein Drittel der ganzen Wählerschaft ausmachte, 30 Prozentpunkte. Bei jenen ohne College-Abschluss waren es sogar 50.
In diesem Jahr ist Trumps Vorsprung Umfragen zufolge immer noch deutlich, allerdings längst nicht so groß wie vor vier Jahren. In der jüngsten Pew-Umfrage führt der Präsident unter weißen Männern mit zwölf Punkten Vorsprung. Unter solchen ohne College-Abschluss liegt er 26 Punkte vor Biden: ein gutes Ergebnis aus Trumps Sicht, aber bei Weitem nicht so gut wie bei der vergangenen Wahl.
Biden führt laut Pew dagegen deutlich unter weißen Männern mit College-Abschluss: 21 Punkte beträgt sein Vorsprung. Damit erzielt er ein etwas besseres Ergebnis als Clinton, deren Vorsprung in dieser Gruppe vor vier Jahren 17 Punkte betrug.
Junge Wähler
Unter jungen Menschen ist die Wahlbeteiligung traditionell niedrig. In diesem Jahr wird das, glaubt man jüngeren Umfragen, anders sein. Eine acht Tage vor der Wahl veröffentlichte Harvard-Umfrage kam zu dem Schluss, dass das Interesse an der Wahl unter 18- bis 29-Jährigen in diesem Jahr so groß ist wie noch nie in der 20-jährigen Geschichte der Befragung. 63 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass sie "definitiv wählen werden".
Vor vier Jahren waren es 49 Prozent – der Wert kam der nach der Wahl ermittelten tatsächlichen Beteiligung sehr nahe: Diese lag einer Brookings-Auswertung zufolge bei 50 Prozent.
In der jüngsten Harvard-Befragung führte Biden unter den 18- bis 29-Jährigen, die wahrscheinlich abstimmen werden, mit 63 zu 25 Prozentpunkten vor Trump. Unter allen Menschen dieser Altersgruppe kam er auf 50 Prozentpunkte, Trump auf 26.