Trump vs. Biden US-Wahl wird zur Zitterpartie

Bei der US-Präsidentenwahl zeigt sich einmal mehr die Spaltung des Landes: Donald Trump und Joe Biden liefern sich ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Beide Kandidaten haben noch eine Chance auf den Sieg.
Gebannt verfolgen viele US-Bürger den Wahlausgang an den TV-Schirmen

Gebannt verfolgen viele US-Bürger den Wahlausgang an den TV-Schirmen

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MIKE BLAKE / REUTERS

Es hätte alles so einfach sein können für Donald Trump. Der US-Präsident träumte im Wahlkampf zuletzt von der "roten Welle", er wollte es den Demokraten in der Wahlnacht so richtig zeigen. Und nun das: Seine Präsidentschaft hängt in der Schwebe. Die Wahllokale sind in den meisten Staaten seit vielen Stunden geschlossen, es wird eifrig gezählt, und es steht immer noch kein Sieger fest. Weder Trump noch Biden haben zur Stunde die magische Grenze von 270 Stimmen im Electoral College, dem Wahlleutegremium, erreicht.

Mindestens genauso groß dürfte die Ernüchterung bei Joe Biden und seinen Demokraten sein. Sie hatten gehofft, Trump schon durch einen frühen K.-o.-Schlag in den Südstaaten Florida, Georgia und North Carolina die Wiederwahl streitig zu machen. Doch aus diesem Plan ist nichts geworden. Nun müssen auch Biden und Co. warten. Am Ende könnte die Wahl wie schon 2016 in den nördlichen Bundesstaaten Michigan, Wisconsin und Pennsylvania entschieden werden. Die Auszählung dort dauert noch an und könnte sich im schlimmsten Fall sogar über mehrere Tage hinziehen.

Offiziell üben sich beide Seiten natürlich weiterhin in Optimismus. Trump werde die Wahl ganz sicher gewinnen, die Umfragen seien falsch, heißt es bei den Republikanern. Trump selbst behauptete via Twitter, er liege "weit vorn". Aber seine Gegner bei den Demokraten würden versuchen, ihm seinen Sieg zu "stehlen".

Joe Biden zeigte sich ebenfalls siegesgewiss: "Wir fühlen uns gut. Wir glauben, wir sind auf dem Weg, diese Wahl zu gewinnen", sagte Joe Biden bei einem kurzen Auftritt vor Anhängern in seiner Heimatstadt Wilmington in Delaware.

Licht und Schatten für beide Seiten

Tatsächlich gibt es beim bisherigen Stand des Rennens für beide Seiten Licht und Schatten. Einmal mehr zeigt sich bei dieser Wahl die tiefe Spaltung der USA, die vielerorts zu extrem knappen Wahlergebnissen führt.

Die Demokraten hatten sich ganz klar mehr erhofft. Aus der viel beschworenen "blauen Welle" dürfte wohl nichts werden. Nun müssen sie sogar fürchten, dass Trump erneut den Sieg erringt und für vier weitere Jahre das Weiße Haus besetzt.

Die gute Nachricht für Joe Biden ist, dass er wohl noch gewinnen kann. Nach dem Stand der Dinge ist es ihm gelungen, Trump den wichtigen Bundesstaat Arizona abzujagen, bislang eine Hochburg der Republikaner. Würde er zusätzlich zum Beispiel noch Michigan und Wisconsin erobern, wäre er Präsident.

Zugleich ist es ihm bislang gelungen, wichtige Staaten zu halten, die Hillary Clinton 2016 gewann. Trump hatte wohl darauf gehofft, Biden New Hampshire und Minnesota abzunehmen. Doch daraus ist nichts geworden.

Insgesamt scheint es Biden auch gelungen zu sein, mehr Rentner und Wähler in den Vororten der großen Städte zu gewinnen. Die Demokraten hoffen nun, dass die Auszählung der letzten Stimmen ein ähnliches Bild ergibt, wie bei den Midterm-Wahlen 2018. Da deutete zunächst einiges auf einen Sieg der Republikaner hin, doch als dann, oft erst nach Tagen, alle Stimmen aus vielen Ballungszentren ausgezählt waren, konnten die Demokraten massiv aufholen – und das Repräsentantenhaus erobern.

Die große Frage ist allerdings weiterhin, ob Bidens Strategie aufgeht, in den Staaten des Nordens zu punkten. Wie schon 2016 hat Trump dort nach bisherigem Stand viele Stimmen in den ländlichen Regionen eingesammelt. In den Hochburgen der Demokraten dauert die Auszählung der Stimmen noch an, das kann Biden helfen. Rund um die Metropole Detroit in Michigan, in Philadelphia in Pennsylvania und in Milwaukee, Wisconsin, muss er jedoch zurzeit noch sehr viele Stimmen bekommen, um Trump zu schlagen.

Trumps wichtiger Erfolg in Florida

Die gute Nachricht für Donald Trump ist, dass er bislang vor allem viele seiner wichtigen Hochburgen verteidigen konnte. Vor allem der klare Sieg in Florida ist für ihn ein gutes Zeichen.

Nach Auszählung von 96 Prozent der Wahlzettel liegt Trump in dem Südstaat fast 400.000 Stimmen und dreieinhalb Prozentpunkte vor seinem Herausforderer. Biden schlug sich um einiges schlechter als Hillary Clinton vor vier Jahren – obwohl er in den meisten Umfragen bis zuletzt knapp vor Trump gelegen hatte.

Trump konnte insbesondere die Latinos rund um Miami für sich mobilisieren, das hatte sich seit Monaten abgezeichnet. Sie waren bei der letzten Wahl noch im Lager der Demokraten geblieben. Trump stellte sich jedoch im Wahlkampf als Vorkämpfer gegen den Sozialismus in der westlichen Hemisphäre dar und konnte so bei den in Miami lebenden Kubanern und Venezolanern  punkten.

Das Ergebnis in Florida könnte auch eine Folge der unterschiedlichen Strategien der beiden Kontrahenten im Schlussspurt gewesen sein: Während Biden vier Termine in Pennsylvania absolvierte, sprach Trump am vergangenen Wochenende bis tief in die Nacht zu seinen Anhängern in Miami.

Wer holt Georgia?

Das gute Ergebnis für Trump in Florida setzte den Ton für die anderen beiden Battleground States im Südosten. Nach Auszählung von geschätzten 95 Prozent der Stimmen liegt Trump in North Carolina knapp vorn, nach Auszählung von 82 Prozent der Stimmen in Georgia ist sein Vorsprung dort sogar noch etwas deutlicher.

Im Unterschied zu Florida wurde Trump in diesen beiden Staaten aber noch nicht als Sieger ausgerufen. In North Carolina hatte es laut "New York Times" eine Panne bei der Übermittlung von Stimmen aus dem Randolph County gegeben.

Und auch in Georgia kam es offenbar zu Unregelmäßigkeiten: Ein Wasserbruch im Fulton County mit der Demokraten-Hochburg Atlanta führte zu einer Verzögerung bei der Stimmauszählung. Biden kann in Georgia also weiter hoffen: Die "New York Times" rechnet ihm in ihrer Prognose  gute Chancen aus, die Lage in dem südlichen Bundesstaat zu drehen.

Texas bleibt wohl rot

Unterdessen scheint Trump auf gutem Weg zu sein, den größten Brocken unter den umkämpften Bundesstaaten zu verteidigen: In Texas liegt er nach Auszählung von 93 Prozent aller Stimmen mit gut sechs Prozentpunkten vorn. Die Hoffnung der Demokraten, die im demografischen Wandel begriffene Republikaner-Hochburg zu erobern, wird sich in diesem Jahr sehr wahrscheinlich nicht erfüllen.

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Nun richten sich die Blicke also in den Norden. Dort konnte Trump Ohio verteidigen. Was das für die restlichen "Rostgürtel-Staaten" – Pennsylvania, Michigan und Wisconsin – verheißt, ist zur Stunde offen.

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