Donald Trump hat Covid-19 Der amerikanische Patient

Donald Trump und First Lady Melania haben sich mit dem Coronavirus infiziert. Die Diagnose stürzt die USA in eine tiefe Krise - und könnte den Präsidentschaftswahlkampf auf den Kopf stellen.
Von Marc Pitzke, New York
Hat Corona: Donald Trump

Hat Corona: Donald Trump

Foto: JOSHUA ROBERTS / REUTERS

Erst ein Tweet, dann die offizielle Bestätigung: "Heute Abend wurden die First Lady und ich positiv auf Covid-19 getestet", gab US-Präsident Donald Trump um 0.54 Uhr (Ortszeit) auf seinem Lieblingsmedium bekannt. Zehn Minuten später verbreitete das Weiße Haus ein knappes Memo von Trump-Leibarzt Sean Conley: Ja, das Ehepaar Trump habe sich angesteckt.

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So wurde das Undenkbare denkbar: Der mächtigste Mann der Welt, der das Coronavirus monatelang heruntergespielt hatte, der das Tragen von Masken offen verspottet hatte, der sich so gern als unbezwingbar darstellt, hat sich nun selbst infiziert. Im Alter von 74 Jahren.

Die Hiobsbotschaft wirbelt nicht nur den US-Wahlkampf auf noch unvorhersehbare Weise durcheinander, nur 32 Tage vor dem Wahltag. Auch könnte sie die USA in eine Krise ohnegleichen stürzen - eine Krise, deren Ausmaß keiner absehen kann.

Der Brief, in dem der Arzt des Weißen Hauses die Infektion von Donald und Melania Trump bestätigte

Der Brief, in dem der Arzt des Weißen Hauses die Infektion von Donald und Melania Trump bestätigte

Trumps Diagnose kam freilich nicht allzu überraschend. Seine engste Beraterin Hope Hicks, die ihm seit 2015 zur Seite steht, wurde bereits am Donnerstagmorgen positiv getestet und liegt offenbar krank zu Hause. Das Weiße Haus hielt Hicks' Testergebnis zunächst geheim, bis es abends durchsickerte. Erst dann rückte der West Wing mit der Wahrheit heraus.

Dies ist ein schockierender Ernstfall, den niemand hier geübt hat - trotz Trumps legerer Haltung zum Virus, zumindest nach außen hin. "It is what it is", hatte er gesagt, so ist das eben. Doch was passiert nun?

Auch infiziert: Trumps engste Beraterin Hope Hicks

Auch infiziert: Trumps engste Beraterin Hope Hicks

Foto: LEAH MILLIS / REUTERS

Trumps Chancen auf Genesung sind statistisch gesehen gut. Er ist angeblich asymptomatisch erkrankt und genießt die beste ärztliche Betreuung in den USA. Trotzdem ist er, als übergewichtiger Senior von ansonsten weitgehend unklarer Gesundheit, in der Hochrisikogruppe für einen problematischen Krankheitsverlauf. 80 Prozent der Amerikaner, die an Covid-19 sterben, sind älter als 65.

Laut Leibarzt Conley geht es Trump und der First Lady "zu dieser Zeit" gut. Sie stehen unter Quarantäne. Doch so viele Fragen bleiben ungeklärt. Kann er weiterregieren? Wird er weiter twittern? Was erfährt die Welt - und was kann man einem Weißen Haus glauben, das seine Glaubwürdigkeit lange verspielt hat? Allein die Geheimniskrämerei um Hope Hicks und Trumps eigenes Testergebnis, das womöglich schon länger vorlag, lässt stutzen.

War die erste Debatte auch die letzte? Trump und Biden am Dienstag

War die erste Debatte auch die letzte? Trump und Biden am Dienstag

Foto: JIM WATSON / AFP

Die beiden noch geplanten TV-Debatten zwischen Donald Trump und Joe Biden - übernächste Woche und in der Woche darauf - fallen jetzt höchstwahrscheinlich aus. Das dürfte für Trump fast von Vorteil sein, nach dem Fiasko vom Dienstag.

Auch die großen Wahlkampfevents Trumps, seine Rallys mit Zehntausenden Fans, die ihm zujubeln, ohne Masken und eng gedrängt, sind jetzt wahrscheinlich erst mal passé. Mit anderen Worten: Dieser Wahlkampf ist so gut wie vorbei. Das hat es noch nie gegeben. Schon gibt es Gerüchte, dass Trump die Krise nutzt, um erneut einen Aufschub des Wahltermins ins Spiel zu bringen.

Auch Biden muss aufpassen. Hope Hicks zeigte Medienberichten zufolge bereits am Mittwoch erste Symptome, als sie mit Trump zu mehreren Auftritten nach Minnesota geflogen war. Doch waren sie oder Trump auch schon am Dienstag infiziert? Bei der TV-Debatte befanden sich der Präsident und sein mitgereistes Team - ohne Masken - in einem Saal mit dem 77-jährigen Biden.

Eng und ohne Masken: Trump-Auftritt am Mittwoch

Eng und ohne Masken: Trump-Auftritt am Mittwoch

Foto: LEAH MILLIS / REUTERS

Nach ersten Informationen von NBC flogen in den letzten Tagen - außer dem ahnungslosen Presse-Pool - mindestens 20 Personen mit Trump an Bord der "Air Force One" durch die Gegend und sind damit gefährdet. Darunter seine Kinder Ivanka, Donald Jr. und Eric, Schwiegersohn Jared Kushner, Stabschef Mark Meadows, Anwalt Rudy Giuliani, Topberater Stephen Miller und Dan Scavino sowie Sprecherin Kayleigh McEnany. Korrekterweise müsste sich jetzt der gesamte West Wing in Quarantäne begeben. Was die zentralen US-Regierungsgeschäfte gefährlich ausbremsen würde. Bestenfalls.

Podcast Cover

Trump flog am Donnerstag - als er schon von dem Risiko wusste - auch noch mal eben nach New Jersey, zu einem Treffen mit Anhängern hinter verschlossenen Türen. Es ist fraglich, dass auch dabei jemand Abstand hielt oder eine Maske trug.

Sprecherin McEnany blieb vorsichtshalber in Washington zurück. Trotzdem gab sie, als die Lage intern längst bekannt war, noch seelenruhig eine Pressekonferenz - ohne Maske. Von Hope Hicks sagte sie kein Wort.

Wie es weitergeht, hängt ganz davon ab, wie Trumps Infektion verläuft - ein unberechenbarer Ausblick. Wenn sie glimpflich vorübergeht, dürften die Folgen gering bleiben.

Doch was geschieht, wenn Trump so krank wird, dass er arbeitsunfähig ist? Dann würde Vizepräsident Mike Pence das Ruder übernehmen. Sollte auch Pence sich infizieren oder bereits infiziert haben, fiele die Regierungsmacht an die Nummer drei auf der Nachfolgeliste - Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses. Ausgerechnet.

"Ein Ende der Pandemie ist in Sicht."

Donald Trump am Donnerstag

Mit Trump wird nun ein weiterer Staatschef, der die Pandemie aus politischen Gründen heruntergespielt hat, von dem Virus heimgesucht. Das Schicksal ereilte zuvor auch schon den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro - und Boris Johnson.

Schon gibt es auch Vermutungen, dass Trump eine Krankheit und mögliche Genesung zu seinen Gunsten nutzen könnte. Eine "Guardian"-Reporterin erinnerte bereits auf Twitter  daran, dass der britische Premier von seiner eigenen Infektion profitiert habe.

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Erst am Donnerstag hatte Trump mal wieder behauptet, die Coronakrise sei bald vorbei: "Ein Ende der Pandemie ist in Sicht" sagte er in einer aufgezeichneten Videobotschaft  für ein Galadinner. "Nächstes Jahr wird eines der großartigsten Jahre in der Geschichte unseres Landes werden."

In der Nacht verschickte das Weiße Haus einen revidierten Terminplan Trumps für diesen Freitag. Gestrichen waren ein Treffen mit Anhängern in Washington und ein Großauftritt in Florida. Nur ein Tagesordnungspunkt blieb: "Ein Telefonat über Covid-19-Hilfe für krankheitsanfällige Senioren."

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