Coronakrise in den USA Präsident Trotzkopf

War was? Donald Trump spielt die rapide steigenden Corona-Infektionen im Land herunter - und plant die nächste Massenveranstaltung mit Tausenden Fans. Selbst in der eigenen Partei formiert sich Widerstand.
Von Roland Nelles, Washington
Donald Trump (im Juni 2020): Freude über die Arbeitsmarktdaten könnte von kurzer Dauer sein

Donald Trump (im Juni 2020): Freude über die Arbeitsmarktdaten könnte von kurzer Dauer sein

Foto: LEAH MILLIS/ REUTERS

Endlich einmal gute Nachrichten für Donald Trump. Mit einem kurzfristig anberaumten Auftritt feierte der Präsident die neuen, besseren Daten am US-Arbeitsmarkt. "Unsere Wirtschaft steht wieder unter Volldampf, sie kommt mit vollem Schwung zurück", freute sich Trump im Weißen Haus. Das alles sei Resultat der "historischen Leistung" seiner Regierung.

Das Coronavirus habe er auch unter Kontrolle. "Da gibt es jetzt ein paar Gegenden, in denen wir die Flammen oder Feuer austreten", so Trump. Insgesamt sei für ihn aber klar: "Es läuft sehr gut. Ich denke, das wird man bald sehen." In einem Interview  ergänzte er: Das Virus werde sicher "verschwinden".

Trump der Trotzkopf: Während immer noch Millionen Amerikaner ohne Job sind und etliche Bundesstaaten fast täglich neue Rekorde an Corona-Infektionen vermelden, tut der Präsident so, als sei alles in bester Ordnung.

DER SPIEGEL

In Wahrheit ist nichts gut. Der Rückgang der Arbeitslosenquote von einem Rekordhoch von 14,7 Prozent im April auf nunmehr elf Prozent im Juni ist zwar ein Hoffnungsschimmer. Dies zeichnet aber nicht unbedingt ein reales Bild der Lage.

Die Arbeitslosigkeit liegt weiterhin deutlich über der Quote von 3,5 Prozent, die vor Ausbruch der Krise gemessen wurde. Mehr als 14 Millionen Amerikaner, die im Zuge der Krise entlassen wurden, warten immer noch auf die Rückkehr an ihre Arbeitsplätze. Und: Ende Juli laufen einige der Milliarden-Programme der Regierung aus, die Arbeitslosen in der Not helfen sollten. Wirkliche Nachfolgelösungen gibt es noch nicht.

Ein Schein-Aufschwung

Ein weiteres Problem der scheinbar rosigen Zahlen ist, dass sie veraltet sind und die letzten beiden Wochen nicht berücksichtigen. Im Mai und Anfang Juni wurden vor allem in der Gastronomie viele Stellen geschaffen, weil Restaurants oder Bars in etlichen Bundesstaaten wieder öffneten. Mit der Rückkehr dramatisch hoher Zahlen von Corona-Infektionen in Regionen wie Kalifornien, Texas oder Florida könnten die Probleme in diesen Wirtschaftsbereichen nun von vorne losgehen. In Teilen von Kalifornien und in Texas müssen Bars und Restaurants erneut schließen. Andere Bundesstaaten werden folgen.

Trump und seine treuesten Verbündeten stemmen sich mit Macht gegen die Unsicherheit und Angst, die das Land nach der kurzen Phase der Erholung wieder erfasst haben. Am Freitag will der Präsident erneut Normalität vorgaukeln.

Im Bundesstaat South Dakota wird er am berühmten Mount Rushmore mit vielen Tausend Fans am Vorabend des amerikanischen Unabhängigkeitstags ein Feuerwerk anschauen. Auch eine Rede des Präsidenten ist geplant. An dem Berg sind die Gesichter von vier Präsidenten eingemeißelt, unter anderem sind George Washington und Abraham Lincoln zu sehen. Offenkundig hofft Trump darauf, dass von deren Glanz ein wenig auf ihn abfärbt.

Sause am Mount Rushmore

Dabei ist die Idee, am Mount Rushmore eine Massenveranstaltung dieser Art abzuhalten, schon allein deshalb umstritten, weil in der Gegend rund um den Berg eine hohe Waldbrandgefahr herrscht. Noch weit problematischer ist, dass Trump ähnlich wie bei seiner jüngsten großen Wahlkampfkundgebung in Oklahoma, bedenkenlos viele Menschen an einem Ort versammelt, ohne dass es eine Verpflichtung zum Tragen von Masken gibt. Masken sollen laut der republikanischen Gouverneurin Kristi Noem zwar am Eingang verteilt werden, das Tragen sei aber freiwillig. Es werde auch keine Regelungen geben, Mindestabstände zu anderen Teilnehmern einzuhalten, so die Trump-Unterstützerin.

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Für den Präsidenten häufen sich derweil die Warnzeichen, dass seine Politik und sein gesamtes Verhalten in der Krise nicht alle Parteifreunde in Begeisterung versetzt. Zumindest trauen sich mehr und mehr Republikaner in Washington, ihrem Präsidenten Widerworte zu geben.

Das jüngste Beispiel: Etliche Republikaner im Kongress sind offenbar entschlossen, zusammen mit den Demokraten Armee-Kasernen umzubenennen, die nach Südstaaten-Generälen benannt sind. Die Debatte war im Zuge der "Black Lives Matter"-Proteste aufgekommen. Trump weigert sich stur, den Umbenennungen zuzustimmen, und droht sogar mit seinem Veto. Dies könnte der Kongress wiederum mit einer breiten Mehrheit aus Republikanern und Demokraten überstimmen. Trump würde eine peinliche Schlappe kassieren.

Auch Trumps Weigerung, eine einheitliche Politik im Land zum Tragen von Masken zu forcieren, wird von mehr und mehr Republikanern kritisch gesehen. Sogar der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, verwies darauf, es sollte kein "Stigma" geben für Menschen, die Masken tragen. Die Kongressabgeordnete Liz Cheney verkündete: "Echte Männer tragen Maske". Dazu postete sie ein Foto ihres Vaters, des früheren Vizepräsidenten Dick Cheney.

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Trump lässt sich allerdings weiter nicht beeindrucken. Zwar räumte er jetzt in einem Interview ein, er sei "sehr für das Tragen von Masken". Er habe gar kein Problem damit. 

Dann machte er sich aber zugleich wieder darüber lustig. Trump verglich sich mit einem bekannten Western-Helden aus dem amerikanischen Fernsehen der Fünfzigerjahre. Er habe auch schon eine Maske getragen, verkündete der Präsident. "Sie war schwarz. Ich sah aus wie der Lone Ranger."

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