Unbehagen in Coronakrise Diese Republikaner sind auf Distanz zu Trump

Donald Trump (am Donnerstag in Greenville, North Carolina)
Foto:CARLOS BARRIA / REUTERS
Weniger als drei Wochen vor der US-Präsidentenwahl gehen mehrere prominente Republikaner auf Distanz zu Präsident Donald Trump. Dabei steht der Umgang mit der Coronakrise im Mittelpunkt.
So kritisierte der Trump-Vertraute Chris Christie unter anderem die Schutzvorkehrungen im Weißen Haus. Er habe angenommen, sich dort in einer "sicheren Zone" zu befinden. "Ich lag falsch."
Christie hatte Trump unter anderem geholfen, sich auf die TV-Debatte mit seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden vorzubereiten. Er wurde danach rund eine Woche im Krankenhaus wegen einer Covid-19-Erkrankung behandelt.
"Niemand sollte hochmütig sein"
Christie war früher Gouverneur von New Jersey. Der Ton, den er in einer Stellungnahme am Donnerstag und einem TV-Auftritt am Freitag einschlug, stand in scharfem Kontrast zu Äußerungen Trumps. So warnte Christie davor, das Virus auf die leichte Schulter zu nehmen.
"Es ist etwas, das man sehr ernst nehmen muss", erklärte er und rief dazu auf, Masken zu tragen und Abstand zu halten. "Niemand sollte glücklich sein, das Virus zu bekommen, und niemand sollte hochmütig darüber sein, sich angesteckt zu haben oder andere anzustecken." Unterdessen nährte der Präsident bei einem TV-Auftritt erneut Zweifel am Nutzen von Masken.
Bereits vergangene Woche hatte der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, gesagt, dass er seit Anfang August nicht im Weißen Haus gewesen sei - wegen der Sorge um den dortigen Umgang mit Coronavirus-Risiken. Seine Äußerungen wurden von einigen politischen Beobachtern in Washington als Freibrief für Republikaner gewertet, sich nicht mehr mit Kritik an Trump zurückzuhalten. Trump liegt in Umfragen deutlich hinter Biden zurück.
Der republikanische Senator Ben Sasse attackierte unterdessen in einer Telefonkonferenz mit Wählern den Amtsinhaber auf breiter Front. Trump gebe Geld "wie ein betrunkener Matrose" aus und "küsst Diktatoren den Hintern", schimpfte Sasse in einem Mitschnitt, den die konservative Website "Washington Examiner" veröffentlichte.
Trumps Führung in der Coronakrise sei zudem weder vernünftig noch verantwortungsvoll gewesen. Sasse warnte auch, dass die Republikaner wegen Trump dauerhaft an Einfluss bei den Wählern verlieren könnten.
Manche unterstützen sogar Biden
Der einflussreiche republikanische Senator Lindsey Graham, der dem Justizausschuss vorsitzt, bescheinigte seinen Kollegen aus der demokratischen Partei offen starke Aussichten bei der Präsidentenwahl am 3. November. "Ihr habt gute Chancen, das Weiße Haus zu gewinnen", sagte Graham in einer Ausschusssitzung am Donnerstag. Er selbst muss um seine Wiederwahl im Bundesstaat South Carolina im November bangen.
Der republikanische Gouverneur von Massachusetts, Charlie Baker, erklärte öffentlich, bei der Präsidentschaftswahl nicht für Trump zu stimmen. Seine Sprecherin veröffentlichte ein Statement, in dem es heißt, Baker könne "Trump als Präsident nicht unterstützen" . Vorrang habe für ihn die Bekämpfung der Pandemie. Baker gilt als moderater Republikaner mit guten Kontakten zu den Demokraten.
Laut "Forbes" haben außerdem der republikanische Gouverneur von Vermont, Phil Scott, sowie der Senator von Utah und frühere republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney erklärt, nicht für Trump zu stimmen.
Noch weiter gehen laut "Forbes" die früheren republikanischen Gouverneure von Ohio und Michigan, John Kasich und Rick Snyder: Sie unterstützen offen Biden.
Große Bedeutung dürfte der politische Umgang mit der Coronakrise haben. Zweieinhalb Wochen vor der Wahl hat die Zahl der bestätigten Infektionen in den USA die Schwelle von acht Millionen überschritten. Nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität starben bis Freitag mehr als 218.000 Menschen an oder mit einer Corona-Infektion. Die USA sind damit vor Brasilien und Indien das Land mit den meisten bestätigten Infektions- und Todesfällen.
Zuletzt ist die Zahl der Infektionen in den USA wieder angestiegen - auf mehr als 60.000 neue Fälle pro Tag. Experten zeigen sich besorgt, dass es nicht gelingt, die Ausbreitung des Virus unter Kontrolle zu bekommen, zumal die Grippesaison beginnt.
Trump macht Rekordschulden
Als Folge der Corona-Pandemie gab die US-Regierung am Freitag das größte Haushaltsdefizit der US-Geschichte bekannt. Im Ende September ausgelaufenen Haushaltsjahr explodierte die Neuverschuldung auf 3,1 Billionen Dollar (2,6 Billionen Euro), ein Anstieg von 218 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Defizit ist mehr als doppelt so groß wie das bisherige Rekorddefizit von 1,4 Billionen Dollar im Jahr 2009 während der weltweiten Finanzkrise.
Insgesamt ist die öffentliche Verschuldung der US-Regierung während der Amtszeit von Präsident Trump deutlich gestiegen und liegt nun bei rund 21 Billionen Dollar. Das entspricht fast der jährlichen Wirtschaftsleistung der USA.
Zwischen Regierung und Kongress wird seit Monaten über ein weiteres billionenschweres Konjunkturpaket verhandelt. Trumps Republikaner und die Demokraten haben aber immer noch sehr unterschiedliche Vorstellungen dazu. Eine Einigung vor der US-Wahl am 3. November scheint daher unwahrscheinlich.