Vor Senatoren-Stichwahl in Georgia Trump macht wieder Wahlkampf – und setzt Gouverneur unter Druck

Donald Trump mit Georgias Gouverneur Brian Kemp im Jahr 2018
Foto: John Bazemore / APDonald Trump bleibt stur. Der scheidende US-Präsident sträubt sich weiter, seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl im November einzugestehen.
Nach Dutzenden juristischen Rückschlägen, final zertifizierten Wahlergebnissen in mehreren entscheidenden Bundesstaaten und Aufforderungen von republikanischen Parteikollegen, das Resultat anzuerkennen, geht er nun dort in die Offensive, wo er noch letzte Chancen wittert, den Sieg seines Konkurrenten Joe Biden anzufechten. Etwa in Georgia.
Wie unter anderem die »Washington Post« berichtet, hat Trump den dortigen republikanischen Gouverneur Brian Kemp nun mit einem Telefonanruf unter Druck gesetzt.
Demnach rief Trump Kemp am Samstagmorgen Ortszeit an, um ihn dazu zu bewegen, das dortige Parlament dazu zu bringen, Bidens Sieg zu kippen. Vor einigen Tagen hatte ein Sprecher von Kemp bereits mitgeteilt, dass das Gesetz es dem Gouverneur untersage, sich in die Wahl einzumischen.
Trump scheint das nicht zu stören. Sollte Kemp oder der »Secretary of State« in Georgia erlauben, die Unterschriften auf den Wahlzetteln zu überprüfen, werde er den Bundesstaat »schnell und einfach« gewinnen, legte Trump auf Twitter nach. »Wenn wir Georgia gewinnen, ergibt sich alles andere von selbst.«
As I told the President this morning, I’ve publicly called for a signature audit three times (11/20, 11/24, 12/3) to restore confidence in our election process and to ensure that only legal votes are counted in Georgia. #gapol https://t.co/xdXrhf1vI2
— Brian Kemp (@BrianKempGA) December 5, 2020
Kemp erwiderte ebenfalls auf Twitter pflichtschuldig, er habe mehrfach zur Unterschriftsprüfung aufgerufen, »um das Vertrauen in unseren Wahlprozess wiederherzustellen«. Was Kemp nicht erwähnte: Der Gouverneur hat den Sieg Bidens laut »New York Times « bereits am Vortag gemeinsam mit anderen Vertretern des Bundesstaats offiziell bestätigt. Trump schien nicht überzeugt. In einem weiteren Tweet schrieb er, Kemp hätte »wenigstens« eine Sondersitzung einberufen können.
Während selbst ein Wahlsieg in Georgia an Trumps Gesamtniederlage nichts mehr ändern kann und auch die Ergebnisse in den anderen Bundesstaaten in keiner Weise beeinträchtigt, ist Georgia für Trump und die Republikaner aber dennoch enorm wichtig . In dem Ostküstenstaat findet in wenigen Wochen die Wahl der Senatoren und Senatorinnen für den US-Senat statt.
Entscheidung in Georgia – Demokraten leicht vorn
Trump wollte am Samstagabend (19 Uhr Ortszeit) in Valdosta für die Wiederwahl der beiden republikanischen Senatoren David Perdue und Kelly Loeffler werben. Sie müssen sich am 5. Januar in Stichwahlen den Demokraten Jon Ossoff und Raphael Warnock stellen. Die Wahl ist von herausragender Bedeutung, weil sie über die Mehrheitsverhältnisse im Senat entscheidet.
Bei den Wahlen am 3. November konnten sich die Republikaner bereits 50 der 100 Sitze in der Parlamentskammer sichern. Mit nur einem Senatorenposten aus Georgia hätten sie eine Mehrheit – und könnten damit entscheidende Vorhaben des künftigen Präsidenten Joe Biden blockieren und behindern. Der Senat muss etwa wichtige Personalentscheidungen des Präsidenten bestätigen.
Sollte es dagegen den Demokraten gelingen, beide Sitze in Georgia zu erobern, gäbe es im Senat ein Patt. Dann hätte die Demokratin und gewählte Vizepräsidentin Kamala Harris – die zugleich Präsidentin des Senats ist – bei Stimmengleichheit das letzte Wort. Die Demokraten des gewählten Präsidenten Joe Biden hätten damit faktisch eine Mehrheit. Umfragen sahen in Georgia zuletzt die beiden demokratischen Herausforderer knapp vorne.
Im Repräsentantenhaus – der anderen Parlamentskammer im US-Kongress – konnten die Demokraten ihre Mehrheit verteidigen. Bei der doppelten Stichwahl in Georgia entscheidet sich nun, ob künftig nicht nur das Weiße Haus und das Repräsentantenhaus, sondern auch der Senat von den Demokraten kontrolliert wird. Voraussetzung für die Verabschiedung von Gesetzesentwürfen ist die Zustimmung von Senat und Repräsentantenhaus.
Ex-Präsident Barack Obama über die Stichwahl in Georgia
Trump ist nicht der Einzige, der in Georgia auf Wahlkampftour geht. Am Freitag warb auch Ex-Präsident Barack Obama eindringlich für die Wahl der beiden demokratischen Bewerber für den Senat. »Sie müssen verstehen, dass es hier nicht nur um Georgia geht«, sagte Obama bei einer Onlineveranstaltung der Demokraten.
»Hier geht es um Amerika, und hier geht es um die Welt.« Der frühere Präsident warnte, der Ausgang der Stichwahlen werde großen Einfluss auf die Biden-Präsidentschaft haben. Sollten die Republikaner ihre Mehrheit im Senat halten können, »dann können sie fast alles blockieren«, sagte Obama.
Selbst Vertraute Trumps widersprechen den Betrugsvorwürfen
Insgesamt zeigt sich der aus dem Amt gewählte Trump seit seiner Niederlage nur noch selten in der Öffentlichkeit. Die Veranstaltung in Georgia ist seine erste Kundgebung seit der Niederlage. Seine wiederholten und unbelegten Behauptungen, bei der Präsidentschaftswahl habe es großflächigen Betrug und Manipulationen gegeben, entbehren weiter jeder Grundlage.
Viele Republikaner fürchten derweil sogar, dass Trumps Tiraden vom angeblichen Betrug die Partei die Mehrheit im Senat kosten könnten. Am Dienstag sagte sogar Trumps Justizminister William Barr, dass es keine Beweise für Betrug in einem Maße gebe, das den Ausgang der Wahl ändern würde. Trumps Kommunikationschefin Alyssa Farah trat am Freitag zurück.