Donald Trump, US-Präsident:
»Wie alle Amerikaner, bin ich empört über die Gewalt, die Gesetzlosigkeit und das Chaos. Ich habe sofort die Nationalgarde und die Bundespolizei losgeschickt, um das Gebäude zu sichern und die Eindringlinge zu vertreiben. Amerika ist und muss immer eine Nation von Recht und Ordnung sein.«
Wie bitte? Donald Trump verurteilt plötzlich, dass seine Anhänger gewaltsam in ein Regierungsgebäude eingedrungen sind. 30 Stunden sind zu diesem Zeitpunkt seit dem Sturm auf das US-Kapitol vergangen - mehr als ein ganzer Tag. Der US-Präsident hatte die Menge selbst mit einer Rede angestachelt. Vor diesem Hintergrund wirkt sein jüngster Auftritt wie blanker Hohn
Donald Trump, US-Präsident:
»Die Demonstranten, die in das Kapitol eingedrungen sind, haben den Sitz der amerikanischen Demokratie mit ihren Gewalttaten und ihrer Zerstörung geschändet. Ihr repräsentiert nicht unser Land. Und an diejenigen, die das Gesetz gebrochen haben: Ihr werdet bezahlen.«
Zur Erinnerung: Am Mittwoch, während das Chaos um das Kapitol noch tobte, verbreitete Trump diese wohlmeinende Videobotschaft:
Donald Trump, US-Präsident:
»Das war eine betrügerische Wahl. Aber wir können diesen Menschen nicht in die Karten spielen. Wir brauchen Frieden. Geht nach Hause, wir lieben euch, ihr seid sehr besonders.«
Gerade mal einen Tag später gibt sich Trump, der in seiner Amtszeit Hass geschürt und die Spaltung der USA vorangetrieben hat, plötzlich versöhnlich.
Donald Trump, US-Präsident:
»Wir haben gerade eine intensive Wahl hinter uns. Die Emotionen kochen hoch. Aber jetzt müssen sich die Gemüter beruhigen, Ruhe muss wiederhergestellt werden.«
Offenbar will der US-Präsident den Eindruck vermitteln, er hätte mit all dem, was passiert ist, nichts zu tun. Als wäre er nur ein Beobachter. Dabei war es, der die Gemüter seiner ohnehin wütenden Fans weiter und weiter angestachelt hat, mit Lügen über eine angeblich gestohlene Wahl, mit scharfen Attacken gegen Demokraten, die Medien, die Demokratie. Bis hin zur Eskalation der Gewalt in Washington. Fünf Menschen sind in Folge der Ausschreitungen gestorben, darunter ein Polizist.
In seiner Erklärung liefert Trump auch eine Erklärung dafür, warum er sich so lange und so vehement gegen Joe Bidens Sieg gestellt hat.
Donald Trump, US-Präsident:
»Mein Team hat jeden legalen Versuch unternommen, die Wahlergebnisse anzufechten. Mein einziges Ziel war es, die Integrität der Wahl zu garantieren. Indem ich das getan habe, habe ich die amerikanische Demokratie verteidigt.«
In Wahrheit hat Donald Trump die Demokratie schwer und nachhaltig beschädigt. Nach den Ausschreitungen forderten zahlreiche Politiker, darunter auch Republikaner, Trump noch vor dem 20. Januar des Amtes zu entheben, um weiteren Schaden zu verhindern. Gut möglich, dass Trump nun auch deshalb einlenkte.
Donald Trump, US-Präsident:
»Der Kongress hat die Ergebnisse nun bestätigt. Eine neue Regierung wird am 20. Januar vereidigt werden. Ich konzentriere mich jetzt darauf, eine reibungslose, geordnete und nahtlose Machtübergabe zu garantieren. Dieser Moment ruft nach Heilung und Versöhnung.«
In diesem Punkt hat er ausnahmsweise Recht. Die USA müssen heilen. Von den Wunden, die der eigene Präsident den Vereinigten Staaten zugefügt hat.