Erster Auftritt nach Corona-Erkrankung Trump fühlt sich "richtig stark"

Noch ist unklar, ob der US-Präsident weiter ansteckend ist. Bei seinem erstem Auftritt seit seiner Covid-19-Infektion zeigte er sich mit gewohnter Wahlkampfrhetorik. Seine Anhänger rückten vor dem Weißen Haus eng zusammen.
Donald Trump auf dem Balkon vor dem Weißen Haus: "Es wird verschwinden, es verschwindet"

Donald Trump auf dem Balkon vor dem Weißen Haus: "Es wird verschwinden, es verschwindet"

Foto: MANDEL NGAN / AFP

"Ich weiß ja nicht, wie es Euch geht, ich fühle mich prächtig, richtig stark", so begrüßte US-Präsident Donald Trump am Samstagmittag (Ortszeit) einige hundert Anhänger, fast ausschließlich aus der schwarzen und hispanischen Gemeinde rekrutiert - eine Bevölkerungsgruppe, die normalerweise nicht zu seiner Wählerschaft zählt. Doch Trump liegt in den meisten Umfragen inwischen deutlich hinter seinem demokratischen Kontrahenten Joe Biden, er muss jetzt retten, was zu retten ist.

Zur Not auch ohne Rücksicht auf Verluste. Trumps Rede dauerte rund 17 Minuten. Der Präsident sprach vom Balkon des Weißen Hauses, seine Anhänger hatten sich auf dem Rasen davor versammelt, viele trugen die typischen roten Trump-Kappen und hellblaue T-Shirts mit der Aufschrift "Blexit Backs the Blue", eine Kampagne zur Unterstützung der Polizei in den tumultösen Zeiten der "Black Lives Matter"-Proteste in zahlreichen US-amerikanischen Städten.

"Ich will, dass Ihr wisst, dass unsere Nation dieses furchtbare China-Virus besiegen wird", sagte Trump vor der jubelnden Anhängern. Die meisten von ihnen trugen Masken, hielten sich bei der Veranstaltung unter freiem Himmel jedoch nicht an die Abstandsregeln. "Es wird verschwinden, es verschwindet", sagte Trump über das Virus, durch das in den Vereinigten Staaten bereits mehr als 210.000 Menschen starben - und das seine Chancen auf eine Wiederwahl geschmälert hat.

In Washington D.C. herrscht eigentlich ein Versammlungsverbot von mehr als 50 Menschen, da das Weiße Haus samt Gelände jedoch Bundesgebiet ist, gilt eine Ausnahme. Nach Angaben des Weißen Hauses waren 2000 Personen zu dem Wahlkampt-Event eingeladen worden. Deklariert war die Kundgebung als "friedlicher Protest für Recht und Ordnung".

Erster Auftritt seit Corona-Erkrankung

Die Ansprache vom Balkon am Samstag war der erste öffentliche Auftritt von Trump seit seiner Corona-Infektion und seiner Entlassung aus dem Walter-Reed-Militärkrankenhaus vor weniger als einer Woche. Nach wie vor ist unklar, ob der Präsident noch ansteckend ist. Trump sagte in einem am Freitagabend ausgestrahlten TV-Interview, er sei getestet worden, habe die Werte aber noch nicht bekommen. Er sei aber virusfrei oder "am unteren Ende der Skala", behauptete er. Trump bekomme auch keine Medikamente mehr, "vermutlich seit acht Stunden oder so ähnlich".

Zum Status seiner Corona-Erkrankung sagte Trump am Samstag in seiner Rede nichts. Stattdessen erging sich der US-Präsident in Beschwörungen, dass man das Virus nun schnell besiegen werde. Zwar gebe es aktuell höhere Infektionen in Europa und Kanada, so Trump, doch "mit Hilfe von Wissenschaft und Medizin" werde man das Virus ausrotten.

Der Rest der Ansprache war gewohnte Trump-Wahlkampfrhetorik: Er lobte die Polizei und Sicherheitsorgane für ihren Einsatz während der Proteste, bei denen, so Trump, auch zahlreiche Häuser und Geschäfte von Schwarzen und Latinos geplündert und verwüstet worden seien.

Montag nach Florida - und dann zwei weitere Wahlkampfveranstaltungen

Trump geißelte die Politik der Demokraten und Joe Bidens als "jenseits von Sozialismus" und versprach neue Jobs "auf einem Level, dass Ihr noch nie zuvor gesehen habt". Ohnehin sei er der US-Präsident, der am meisten für die Schwarzen und Hispanics getan habe seit Abraham Lincoln, behauptete Trump. Am Ende rief er seine jubelnden Anhänger dazu auf, zur Wahl zu gehen.

Das für nächste Woche geplante zweite TV-Duell mit seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden wurde derweil offiziell abgesagt. Trump wollte keine Online-Debatte, sondern bestand auf einem realen Treffen. Die Kontrahenten sollen aber wie geplant am 22. Oktober aufeinandertreffen, wie die Veranstalter am Freitag mitteilten. Beide Seiten hätten für diesen Termin zugesagt.

Trumps Leibarzt Sean Conley hatte am Donnerstag mitgeteilt, der Präsident werde ab Samstag wieder öffentliche Termine absolvieren dürfen. Er war nach offiziellen Angaben am 1. Oktober positiv getestet worden. Trump sagte in dem TV-Interview am Freitag, dass bei ihm zeitweise eine Stauung in der Lunge festgestellt worden sei - zuvor hatte Conley auf Fragen danach nur von "erwarteten Befunden" gesprochen.

Ein für diesen Samstag geplanter Wahlkampfauftritt in Florida findet nun am Montag statt. Zudem kündigte Trumps Wahlkampfteam zwei weitere Wahlkampfveranstaltungen in der kommenden Woche an. So will Trump am Dienstag in Johnstown im Schlüsselstaat Pennsylvania und am Mittwoch in Des Moines im Bundesstaat Iowa auftreten.

Im Lager von Trumps Republikanern wächst derweil die Sorge um die Entwicklung des Wahlkampfs. "Wenn die Menschen am Wahltag wütend sind, könnten wir das Weiße Haus verlieren und die beiden Kongresskammern", sagte der republikanische Senator Ted Cruz. "Das könnte ein Blutbad werden."

bor/dpa

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