
Edel Rodriguez/ DER SPIEGEL

Die Lage: USA 2020 Wovor Trumps Republikaner wirklich Angst haben

Liebe Leserin, lieber Leser,
diesmal beschäftigen wir uns mit den Chancen der Demokraten, bei den Wahlen im November auch die Mehrheit im Senat zu erobern, mit Donald Trumps Schwiegertochter Lara - und mit der Aufregung um Trump und das Mittel Hydroxychloroquin.
Das Wahlkampfduell zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem Rivalen Joe Biden beherrscht alle TV-Sendungen und die Schlagzeilen der großen Zeitungen. Weit weniger Beachtung findet dagegen ein Machtkampf, der fast genauso wichtig ist. Die Schlacht um die Mehrheit im US-Kongress, speziell im Senat.
Der Hintergrund ist schnell erklärt: Die Senatsmehrheit ist seit Jahren das zentrale Machtinstrument des Präsidenten und der Republikaner. Nun ist diese Mehrheit in Gefahr. Zeitgleich mit der Präsidentenwahl am 3. November wird ein Drittel der Senatoren neu gewählt, die meisten davon sind Republikaner. Auch alle Abgeordneten des Repräsentantenhauses stehen zur Wahl, dort wird aber allgemein mit einem erneuten Erfolg der Demokraten um Nancy Pelosi gerechnet.
Die Trump-Partei hat im Senat aktuell einen Vorteil von 53 zu 47 Stimmen gegenüber den Demokraten. Damit können sie wichtige Personalien entscheiden, Gesetze blockieren oder Untersuchungen von möglichem Machtmissbrauch in der Regierung torpedieren, so wie zuletzt in der Ukraineaffäre. Nun müssen die Republikaner 23 Sitze verteidigen, während es bei den Demokraten lediglich zwölf sind.

Donald Trump und der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, müssen sich sorgen, dass ihre Partei die Mehrheit in der zweiten Kongresskammer verlieren könnte
Foto: BRENDAN SMIALOWSKI/ AFPDie Demokraten machen sich Hoffnungen, dass sie eine Reihe von republikanischen Sitzen erobern können. In Colorado, Maine, Arizona und North Carolina rechnen sie sich Chancen aus, weil die dortigen Kandidaten der Republikaner im Vergleich mit den Demokraten als schwach gelten. Seit einigen Wochen zeigen die Umfrageinstitute auch in Georgia und Montana gute Zahlen für die Demokraten. Vier bis fünf Siege könnten den Demokraten genügen, um die Mehrheit zu drehen. Auf ihrer Seite gilt lediglich der Senatssitz in Alabama als gefährdet, vielleicht noch Michigan.
Kein Wunder, dass die Demokraten alles daran setzen, den Senat zu drehen. Bewusst präsentieren sie in den umkämpften Staaten moderate Kandidaten, die auch für Anhänger der Republikaner wählbar wären. Großspender der Partei investieren Millionen in neue Stars wie den früheren Astronauten Mark Kelly, der in Arizona in Umfragen 13 Prozentpunkte vor der amtierenden republikanischen Senatorin Martha McSally liegt.
Wenn sie diese Zahlen sehen, wächst bei den Republikanern die Angst, dass sie ihre Mehrheit tatsächlich verlieren könnten. Sie würden dann in Washington praktisch kaum noch Gestaltungsmöglichkeit haben.
Der Verlust der Senatsmehrheit wäre auch für Trump ein Horrorszenario. Am Ende könnte er vielleicht das Weiße Haus behalten, wäre aber vollkommen eingemauert - von einem demokratischen Repräsentantenhaus und einem demokratischen Senat. Nur die Abwahl ist für einen Präsidenten noch schlimmer.
Hängt Trumps politische Zukunft an Montana?
Noch ist das Rennen natürlich nicht entschieden. Die Kandidaten der Republikaner in den meisten Staaten haben ihr Schicksal ganz eng mit dem des Präsidenten verknüpft. Sie setzen darauf, dass Trump bei ihren Wählern weiterhin populär ist und wollen in seinem Windschatten ihre Senatssitze verteidigen. Deshalb loben und preisen sie den Präsidenten bei jeder Gelegenheit. Zum Beispiel Senator Thom Tillis in North Carolina, der gern betont, Trump habe in der Coronakrise "sehr viel geleistet".
Die Trump-Lobhudelei kann funktionieren, ist aber keine Garantie für den Erfolg. Es wäre auch möglich, dass die Wähler ihre Stimmen aufteilen. Denkbar wäre das zum Beispiel in Montana. In dem nordwestlichen Bundesstaat ist Trump eine Art Volksheld, bei der Wahl 2016 gewann er dort mit 20 Prozentpunkten Vorsprung. Das Senatsrennen gilt jedoch als eng, weil der Kandidat der Demokraten, Steve Bullock, in Montana ebenfalls sehr populär ist. Er ist dort bislang Gouverneur.
Am Ende könnten die Wähler in Montana deshalb unterschiedlich abstimmen: Beim Präsidentenrennen halten sie zu Trump, beim Senat zu Bullock. Im besten Fall für die Demokraten wäre die Senatsmehrheit der Republikaner damit futsch – und Trump eingemauert. Siehe oben.
Wahlkampffigur der Woche …
… ist Lara Trump, die Frau von Eric Trump, dem zweiten Sohn des Präsidenten. Während sich Eric hauptberuflich vor allem um die Geschäfte des Trump-Immobilien-Imperiums kümmert, arbeitet seine Frau Lara im Wahlkampfteam des Präsidenten mit. Die gelernte TV-Redakteurin hat eine recht kuriose Rolle übernommen. Ein Mal in der Woche produziert und moderiert sie eine TV-Sendung für das Internet, die sich "Real News Update" nennt.

Lara Trump und ihr Mann Eric unterstützen das Familienoberhaupt Donald Trump im Wahlkampf
Foto: MANDEL NGAN/ AFPDie Sendung ist eine Aneinanderreihung von Lobpreisungen für Donald Trump und erinnert im Stil an das Staatsfernsehen in der früheren DDR, nur mit mehr Farbe und Tamtam.
Die oppositionellen Demokraten sind bei Lara Trump stets korrupt oder unfähig, ebenso wie die "Mainstream-Medien". Nur der Präsident hat immer recht. Natürlich. Belächeln sollte man Lara Trump und die Sendung trotzdem nicht. Jede Woche erreicht sie via Facebook und YouTube einige Hunderttausend Zuschauer, die sich mithilfe dieser "News" ihre Meinung bilden. Echt wahr.
Das sagen die Umfragen
Im Durchschnitt aller nationalen Umfragen liegt der Kandidat der Demokraten, Joe Biden, weiterhin deutlich vor Amtsinhaber Trump. Die Website RealClearPolitics sieht Biden bei 48,4 Prozent, Trump bei 43,7 Prozent.
Das ist nicht schön für Trump, doch es gibt auch eine gute Umfragenachricht für den Präsidenten. Interessant ist vor allem eine Erhebung im Auftrag des Senders CNN . Bei der Frage, wem sie in der Wirtschaftspolitik eher vertrauen würden, Biden oder Trump, sprach sich eine deutliche Mehrheit für Trump aus. Er hält bei dem Thema gegenüber Biden einen Vorsprung von zwölf Prozentpunkten.
Das kann zweierlei bedeuten: Wenn die Wähler mehrheitlich nur an ihre Geldbörse denken, gewinnt Trump. Wenn nicht, gewinnt Biden.
Der Social Media Moment der Woche
Seit Trump verkündet hat, er nehme als Prophylaxe gegen das Coronavirus das Mittel Hydroxychloroquin ist in sozialen Netzwerken wie Twitter wieder einmal der Teufel los. Für Furore sorgt der Fox-News-Moderator Neil Cavuto, der seine Zuschauer in einem Kommentar eindringlich davor warnte, es dem Präsidenten gleichzutun.
Er wiederholte, was viele Experten ebenfalls sagen: Hydroxychloroquin kann tödlich sein. Nun wird Cavuto dafür gefeiert - und attackiert. Trump persönlich schäumte vor Wut: "Bei Fox-News gibt es jetzt mehr Anti-Trump-Leute als je zuvor", klagte der Präsident in einem Tweet. "Ich schaue mich nach einem neuen Sender um."
Fox News's Neil Cavuto is stunned by Trump's announcement that he's taking hydroxychloroquine: "If you are in a risky population here, and you are taking this as a preventative treatment ... it will kill you. I cannot stress enough. This will kill you." pic.twitter.com/e6D5alfAgc
— Aaron Rupar (@atrupar) May 18, 2020
Unsere US-Storys der Woche
Diese beiden Geschichten aus unserem US-Wahlkampfteam der letzten Tage möchte ich Ihnen ans Herz legen:
Nötigungsvorwürfe gegen Trump-Herausforderer: "Joe Biden ist ein Mann, dessen Glaubwürdigkeit sehr zweifelhaft ist"
Präsident gegen Ex-Präsident: Was hinter Trumps Obama-Obsession steckt
Ich wünsche Ihnen eine gute Woche!
Herzlich
Ihr Roland Nelles