Chu Wenhong packt ihre Sachen: Die gebürtige Chinesin macht sich Mitte Januar bereit für ihren Flug nach Shanghai. Ein paar Tage zuvor wurden die Einreisebeschränkungen für China gelockert. Gerade noch rechtzeitig für das chinesische Neujahrsfest, das dieses Jahr am 22. Januar begann.
Chu Wenhong, gebürtige Chinesin:
»Endlich kann ich zurück. Auch, wenn das Ticket teuer ist. Aber das chinesische Neujahrsfest steht kurz bevor, und ich will die Feiertage mit meiner Familie verbringen.«
Ihre Familie wohnt in Shanghai. Sie hingegen lebt seit 1994 in Singapur – besitzt seit zehn Jahren sogar die Staatsbürgerschaft. Seit drei Jahren hat die 54-Jährige ihre Familie nur per Videochat gesehen.
Chu Wenhong, gebürtige Chinesin:
»Ich sorge mich um meine Eltern. Beide hatten Covid und sind ziemlich alt. Zum Glück haben sie die Krankheit überstanden, aber ihr Gesundheitszustand ist trotzdem nicht gut. Deshalb möchte ich so schnell wie möglich nach China, um sie zu sehen.«
Als Antwort auf die landesweiten Proteste gegen Chinas Null-Covid-Politik lockerten Städte wie Peking Ende 2022 ihre Maßnahmen – trotz steigender Infektionszahlen. Im Dezember kündigte China schließlich sogar landesweite Lockerungen an. Positiv getestete Menschen müssen seither nicht mehr in Quarantäne, Lockdowns von ganzen Stadtteilen gehören der Vergangenheit an, und Reisen sind seit dem 8. Januar für Chinesinnen und Chinesen wieder fast ohne Einschränkungen möglich.
Die Bevölkerung will die neue Reisefreiheit nutzen – die Nachfrage ist hoch.
In Nordchina soll der Infektionshöhepunkt Ende 2022 erreicht worden sein. Von Anfang Dezember bis Mitte Januar seien laut chinesischer Regierung knapp 60.000 Menschen an und mit Covid-19 gestorben. Diese Zahl berücksichtige aber nur Todesfälle, die in Krankenhäusern registriert wurden. Wie zuverlässig diese Angaben sind, ist jedoch fraglich. Seit Anfang Dezember könnten laut dem britischen Gesundheitsdatenunternehmen Airfinity circa 1,47 Millionen Menschen verstorben sein. Berichte über Krematorien, die landesweit maßlos überfüllt waren, machten die Runde.
Entgegen den Befürchtungen ist jedoch nach aktuellem Kenntnisstand keine neue Infektionswelle durch die Aufhebung der Einreisebeschränkungen und das Neujahrsfest ausgelöst worden. Das könnte auch daran liegen, dass es in der Bevölkerung bereits eine gewisse Grundimmunität gibt. Chinesische Epidemiologen gehen davon aus, dass sich rund 80 Prozent der 1,4 Milliarden Chinesinnen und Chinesen seit Beginn der Pandemie infiziert haben.
Nach knapp sechs Stunden Flug ist Chu Wenhong in Shanghai gelandet. Die letzten Kilometer legt sie mit dem Taxi zurück.
Chu Wenhong, gebürtige Chinesin:
»Gleich ist es so weit: Darauf habe ich drei Jahre lang gewartet. Ich werde jeden Moment mit meiner Mutter genießen. Ich habe sie so lange nicht gesehen. Mein Vater, meine jüngere Schwester und meine Nichte sind auch da.«
Cao Yafang, Mutter:
»Sie hat sich kaum verändert, und es geht ihr gut – jetzt sind wir beruhigt. Sie hat mir gesagt, dass sie sich viele Sorgen um uns macht und nicht mehr richtig schlafen konnte. Wir müssen uns deswegen zukünftig wieder öfter besuchen.«
Das chinesische Neujahr feierten auch unzählige andere Familien im Land. Seit der Lockerung der Coronamaßnahmen sind 2,9 Millionen Menschen ein- und ausgereist – gab die chinesische Grenzbehörde Anfang Februar bekannt. Trotz Anstieg sind es immer noch deutlich weniger Reisen als vor der Pandemie. Das dürfte auch daran liegen, dass Touristen ohne chinesische Staatsbürgerschaft weiterhin nicht einreisen dürfen.