News zum Erdbeben vom Donnerstag Sechsköpfige Familie aus Trümmern befreit

Tausende Gebäude in der Türkei sind zerstört
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Die Zahl der Toten ist auf mehr als 22.000 gestiegen. Allein in der Türkei seien 18.991 Menschen ums Leben gekommen, hieß es am Mittag. Aus Syrien wurden zuletzt 3384 Tote gemeldet.
Rettungskräfte konnten einen Zehnjährigen lebend aus einem eingestürzten Haus in der Stadt Kahramanmaraş bergen.
Der »Guardian« berichtet, dass es in einigen Städten Syriens und der Türkei aus Platzmangel immer schwieriger wird, die Erdbebenopfer zu beerdigen.
Die USA haben die Sanktionen gegen Syrien gelockert, um humanitäre Hilfe zu erleichtern.
Helfer haben in der Südosttürkei ein zehn Monate altes Baby mit seiner Mutter gerettet – die beiden harrten 90 Stunden unter den Trümmern aus.
Gedenkminute in europäischen Fußball-Ligen
16.35 Uhr: Die Fußball-Ligen in Deutschland, England, Italien, Spanien und Frankreich haben eine Schweigeminute für die vielen Opfer des Erdbebens angekündigt. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) erklärte, sie empfehle den Spielern während der Partien am Wochenende auch »das Tragen eines Trauerflors, um der Opfer der verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien zu gedenken«. Zugleich verwies die DFL auf eine Webseite mit Spendenkonten für die Erdbebenopfer.
Nato schickt Notunterkünfte in die Türkei
16.29 Uhr: Die Nato schickt mobile Notunterkünfte in die von dem verheerenden Erdbeben betroffenen Regionen der Türkei. Diese könnten etwa mit Heizungen, Stromgeneratoren und medizinischen Behandlungsbereichen ausgestattet werden, teilte das Militärbündnis in Brüssel mit. In den Unterkünften sollten Menschen untergebracht werden, die ihr Zuhause durch das Erdbeben verloren hätten.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte das Vorhaben: »Die Nato steht in großer Solidarität zu unserem Bündnispartner Türkei, die Bereitstellung dieser Schutzeinrichtungen wird dazu beitragen, Leben zu retten«, sagte der Norweger. Wann die Unterkünfte in der Türkei ankommen und wie viele es sein werden, war zunächst allerdings unklar.
Türkische Gemeinde fordert Visaerleichterungen für Erdbeben-Opfer
16.20 Uhr: Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) fordert Visaerleichterungen für Betroffene des verheerenden Erdbebens. Das würde kein Geld kosten und den Ämtern in Deutschland die Arbeit erleichtern, erklärte die TGD-Bundesvorsitzende Aslihan Yesilkaya-Yurtbay in einer in Berlin veröffentlichten Mitteilung.
Es könne unmöglich die Antwort der deutschen Regierung sein, dass die betroffenen Menschen »Pässe, Tickets und finanzielle Mittel nachweisen sollen, wenn sie gerade alles verloren haben oder ihre Wohnungen und Häuser nicht mehr betreten können«, betonte Yesilkaya-Yurtbay. Zumindest Verwandten und Freunden von hierzulande lebenden Menschen müsse die Möglichkeit gegeben werden, Nachweise erst in Deutschland zu erbringen. Noch einfacher sei es, diese auf ein Minimum zu reduzieren.
Der Co-Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu sagte: »Gerade Menschen aus den betroffenen Gebieten in der Türkei haben oft Familie und Freunde in Deutschland, die sie aufnehmen wollen.« Diese Aufnahmebereitschaft dürfe die Bundesregierung nicht unbeantwortet lassen. Längerfristig brauche es dringend Programme für Aufbauhilfen.
Die Bundesregierung stellte eine »pragmatische Lösung« für Visa für Überlebende der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien in Aussicht. Als Angehörige von Drittstaaten benötigen die Betroffenen zur Einreise in den Schengen-Raum ein Visum.
Syrisches Regime erlaubt nach eigenen Angaben humanitäre Hilfslieferungen in Rebellengebiete
16.11 Uhr: Die syrische Regierung hat die Lieferung von humanitärer Hilfe an die Frontlinien des Bürgerkriegs genehmigt. Das melden zumindest staatliche Medien.
Die Verteilung der Hilfsgüter wird demnach in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, dem Roten Kreuz und dem Syrisch-Arabischen Roten Halbmond erfolgen, um zu gewährleisten, dass die Hilfe bei denjenigen ankommt, die sie benötigen.
Zuvor gab es aus dem Nordwesten des Landes die Vorwürfe, dass das Regime keine dringend benötigte Hilfe an die Gebiete weiterleite, die nicht unter der Kontrolle der Regierung stehen. Auch die Uno forderte Machthaber Assad auf, humanitäre Hilfe in allen syrischen Gebiete zu ermöglichen.
Zahl der Erdbebentoten steigt auf mehr als 22.000
16.08 Uhr: Die Zahl der Toten nach den Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist allein in der Türkei auf 19.338 gestiegen. Mehr als 77.000 Menschen seien verletzt worden, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan in Malatya. Aus Syrien wurden zuletzt 3384 Tote gemeldet. Somit wurden nun mindestens 22.722 Todesopfer in beiden Ländern gezählt, wobei viele weitere befürchtet werden.
Die Menschen in den Erdbebengebieten sollten ihrem Staat vertrauen, sagte Erdogan, und »Lügen und Provokationen« in den sozialen Medien keine Beachtung schenken.
Sechsköpfige Familie nach mehr als hundert Stunden aus Trümmern gerettet
14.54 Uhr: Rettungskräfte haben in der Südosttürkei eine sechsköpfige Familie nach 102 Stunden unter den Trümmern lebend geborgen. Die Eltern mit ihren Kindern zwischen 15 und 24 Jahren seien ins Krankenhaus gebracht worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Ein Nachbarspaar aus demselben Gebäude sei nach 107 Stunden gerettet worden.
Die Helfer jubelten und klatschen, als sie die Frau auf einer Trage zum Krankenwagen brachten. Die Frau winkte den Rettern zu, wie auf CNN Türk zu sehen war. Die Reporterin des Senders brach vor Freude in Tränen aus. Die Rettung erfolgte in der Stadt İskenderun in der Provinz Hatay, die besonders stark vom Beben getroffen wurde.
In der Provinz wurden zudem eine 21-Jährige und ihr siebenjähriger Bruder nach 107 Stunden lebend geborgen, wie die an der Rettung beteiligte Feuerwehr der Küstenstadt Antalya mitteilte.
Türkei hat offenbar Hilfe aus Zypern abgelehnt
14.30 Uhr: Mehr als 7000 ausländische Helfer aus 61 Ländern suchen in der Türkei nach Überlebenden. Auch Zypern hat Hilfe angeboten, die aber offenbar abgelehnt worden ist. Das Außenministerium Zyperns hat via Twitter mitgeteilt, die Türkei habe das Angebot, ein Rettungsteam zu stellen, um bei der Suche nach Menschen zu helfen, »freundlich abgelehnt«.
In dem Tweet schreibt das Ministerium, dass das Angebot – das ursprünglich angenommen worden war – »immer noch gilt«.
Ein 15-köpfiges zypriotisches Rettungsteam sowie ein Arzt und ein Sanitäter waren demnach seit Mittwoch in Bereitschaft, um im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens in die Türkei zu reisen.
Die Türkei erkennt Zypern nicht als Staat an und hat seit 1974 Soldaten im türkisch-zyprischen Norden der Insel stationiert.
Despite initial acceptance of our offer to assist in rescue efforts, #Turkiye has “kindly declined” #Cyprus 🇨🇾 offer to deploy a Search & Rescue team on the ground.
— Cyprus MFA (@CyprusMFA) February 10, 2023
Proud & grateful for our Civil Protection Rescuers, always ready to save lives everywhere🙏
Offer still stands! pic.twitter.com/fDLdnm6zZn
Auswärtiges Amt: Bei Bebenhilfe keine Zusammenarbeit mit Assad
14.14 Uhr: Die Bundesregierung kooperiert bei der Erdbebenhilfe in Syrien nicht mit Präsident Baschar al-Assad. Das sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Man arbeite in dem vom Erdbeben betroffenen Gebiet in Syrien mit bewährten Partnern zusammen, »mit Organisationen der Vereinten Nationen und ganz konkret nicht mit der Regierung von Herrn Assad«.
In Syrien war nach Protesten gegen die Regierung 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Assad geht in diesem Krieg mit mehr als 350.000 Toten brutal gegen die eigene Bevölkerung vor. Ihm werden etwa Verbrechen gegen die Menschlichkeit angelastet, darunter der Einsatz von Chemiewaffen.
Helfer retten Zehnjährigen nach mehr als hundert Stunden unter Trümmern
13.30 Uhr: Rettungskräfte haben einen Zehnjährigen lebend aus einem eingestürzten Haus in der Türkei geborgen. Der Junge sei mehr als hundert Stunden unter Trümmern in der Stadt Kahramanmaraş eingeschlossen gewesen, teilte das israelische Militär mit. Die Rettungsaktion habe rund eine Stunde gedauert, anschließend sei der Junge in ein Krankenhaus gebracht worden.
Zahl der Toten steigt auf mehr als 22.000
13.22 Uhr: Die Zahl der Toten ist auf mehr als 22.000 gestiegen. Allein in der Türkei seien 18.991 Menschen ums Leben gekommen, sagte Präsident Recep Tayyip Erdoğan in Adiyaman. Aus Syrien wurden zuletzt 3384 Tote gemeldet.
Erdoğan bezeichnete das Erdbeben als eine der größten Katastrophen in der Geschichte der Türkei. Man habe mehr als 76.000 Menschen aus dem Erdbebengebiet heraus in andere Provinzen evakuiert.
Syrische Retter: Keine Uno-Hilfe im Nordwesten angekommen
13.01 Uhr: Im Nordwesten Syriens ist nach Angaben der syrischen Rettungsorganisation Weißhelme bis Freitag keine humanitäre Hilfe der Uno für die Erdbebenopfer eingetroffen. Der Chef der Weißhelme, Raed Al-Saleh, machte den Uno schwere Vorwürfe und appellierte an Regierungen in aller Welt, direkte Hilfe außerhalb der Uno zu organisieren. »Die Vereinten Nationen sind auf der Seite der Regierung, nicht der Menschen«, sagte Al-Saleh nach Angaben eines Übersetzers. »Sie sollten sich bei den Menschen entschuldigen.«
Al-Saleh sprach aus der Region Idlib per Videolink zu Mitgliedern der Vereinigung der Uno-akkreditierten Presse in Genf (ACANU). Die Region wird von Aufständischen kontrolliert, die seit zwölf Jahren einen Bürgerkrieg gegen die Regierung in Damaskus führen.
Tausende Familien harrten bei tiefen Temperaturen im Freien aus, ohne Zelte und ohne Nahrungsmittel oder andere Hilfsgüter, sagte Al-Saleh. Das Uno-Nothilfebüro OCHA habe mehrfach nach dem Bedarf gefragt, aber nichts geschickt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte am Mittwoch in Genf zwei Frachtmaschinen voller Hilfsgüter für Damaskus angekündigt, aber nach Angaben von Al-Saleh war bis Freitag aus regierungskontrollierten Gebieten nichts in der Region angekommen.
Die Uno-Organisation für Migration (IOM) hatte am Donnerstag die Abfahrt des ersten Uno-Konvois mit Erdbebenhilfe aus einem Lager in Gaziantep in der Türkei gemeldet. Die sechs Lastwagen hätten Decken, Matratzen, Zelte, Solarlampen und anderes für mindestens 5000 Menschen an Bord.
Mehr als 7000 Helfer aus 61 Ländern in Türkei im Einsatz
12.54 Uhr: Die Türkei erhält bei der Suche nach Überlebenden Unterstützung von mehr als 7000 ausländischen Helfern. Einsatzkräfte aus 61 Ländern seien dazu im Land, teilte das Außenministerium in Ankara auf Twitter mit. Insgesamt erhielt die Türkei Unterstützung etwa durch Hilfslieferungen aus 97 verschiedenen Länder.
Bericht: Kein Platz mehr auf Friedhöfen
12.39 Uhr: Der »Guardian« berichtet, dass es in einigen Städten Syriens und der Türkei aus Platzmangel immer schwieriger wird, die Erdbebenopfer zu beerdigen. Demnach werden Leichen in Stadien oder auf Parkplätzen zur Identifizierung aufgestapelt und Massengräber ausgehoben.
Deutsches Team rettet Verschüttete in türkischem Erdbebengebiet nach mehr als hundert Stunden
11.55 Uhr: Nach mehr als hundert Stunden hat ein deutsches Einsatzteam im türkischen Erdbebengebiet eine Frau aus den Trümmern eines Hauses gerettet. Das Team habe die Frau in der Stadt Kirikhan nach einem mehr als 50 Stunden dauernden Einsatz lebend geborgen, teilte die Hilfsorganisation ISAR Germany via Twitter mit.
‼️ 🇹🇷🇩🇪 RETTUNG NACH ÜBER 100 STUNDEN - Unser Team hat am Morgen eine Frau aus den Trümmern eines Hauses im türkische #Kirikhan gerettet. Die Rettungsmannschaft hatte sich in über 50 Stunden durch die Trümmer zu der Frau vorgearbeitet. #erdbeben #türkei @UNOCHA @AuswaertigesAmt pic.twitter.com/nIYsilAQ7s
— I.S.A.R. Germany (@ISAR_GERMANY) February 10, 2023
Biden sagt Türkei und Syrien Millionenhilfe zu – Sanktionen gelockert
11.38 Uhr: Die USA werden für humanitäre Hilfe in der Türkei und in Syrien 85 Millionen Dollar bereitstellen. Die Hilfe solle unter anderem Lebensmittel, Unterkünfte, Medizin und Versorgung von Familien umfassen, schrieb US-Präsident Joe Biden auf Twitter. »Unsere Herzen sind bei den Menschen in der Türkei und Syrien«, fügte er hinzu.
Damit die Erdbebenhilfe für das vom Bürgerkrieg zerrüttete Syrien trotz der Sanktionen gegen Machthaber Baschar al-Assad möglich ist, erlaubte das US-Finanzministerium für eine Dauer von 180 Tagen alle entsprechenden Transaktionen. Diese Lockerung werde nicht die langjährigen strukturellen Herausforderungen und die brutalen Taktiken des Assad-Regimes rückgängig machen, sagte Wally Adeyemo, der stellvertretende Finanzminister, in einer Mitteilung. Sie könne aber sicherstellen, dass Sanktionen die jetzt benötigte lebensrettende Hilfe nicht behinderten.
The United States will provide $85 million in urgently-needed aid in the wake of the Türkiye and Syria earthquakes – including food and shelter, supplies to help families brave the cold, and medicine to help save lives.
— President Biden (@POTUS) February 9, 2023
Our hearts remain with the people of Türkiye and Syria.
Unter Trümmern geborenes Baby vorerst in Obhut seines Arztes
11.03 Uhr: Das Baby, das in Syrien unter Trümmern zur Welt gekommen ist, ist vorerst in der Obhut seines Arztes. »Meine Frau stillt die kleine Aja«, sagte der behandelnde Mediziner und Krankenhausleiter Attija Chalid der dpa. »Meine Priorität ist erst mal, dass sie gesund wird.« Bislang sei unklar, wer das Kind später aufnehmen werde. Es habe Anfragen von entfernten Verwandten gegeben, konkret sei aber noch nichts. Die Entscheidung liege bei den Behörden. Den Großteil seiner engen Verwandtschaft hat das Mädchen laut dem Arzt, der selbst eine vier Monate alte Tochter und einen drei Jahre alten Sohn hat, verloren.
Vermutet wird, dass Ajas Mutter kurz nach der Geburt unter den Trümmern starb. Auch der Vater und vier Geschwister kamen bei der Katastrophe ums Leben. Die Familie lebte in einem Ort nahe der türkischen Grenze, der von den Erdbeben schwer getroffen wurde. Die Familie war zuvor aus der Provinz Dair al-Saur im Osten geflüchtet. Ein Retter durchtrennte die Nabelschnur mit einem Messer und zog das Kind schließlich aus den Trümmern. In Medien wird Aja, was auf Arabisch »Zeichen von Gott« heißt, auch als »Wunderbaby« bezeichnet. Ein Nachbar soll das unterkühlte und mit Staub bedeckte kleine Mädchen ins Krankenhaus in Afrin gebracht haben. Die Mitarbeiter der Klinik gaben ihr dann ihren Namen.
Assad besucht Krankenhaus in Aleppo
10.25 Uhr: Der syrische Machthaber Baschar al-Assad hatte seinen ersten öffentlichen Auftritt seit der Erdbebenkatastrophe. Er besuchte am Morgen in Aleppo ein Krankenhaus.
Das Assad-Regime wird beschuldigt, die internationale Hilfe nach dem Erdbeben nicht mit den Gebieten zu teilen, die von Rebellen kontrolliert werden. Der syrische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Bassam Sabbagh, hatte zudem erklärt, sein Land solle für die Lieferung aller Hilfsgüter nach Syrien verantwortlich sein, einschließlich der Gebiete, die nicht von der syrischen Regierung kontrolliert werden.
Türkei verschiebt Gasdrehkreuz-Gipfel auf Ende März
9.53 Uhr: Die Türkei hat einen für den 14. und 15. Februar geplanten Erdgasgipfel auf den 22. März verschoben. Die Einrichtung eines Gasdrehkreuzes in der Türkei wurde erstmals vom russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeschlagen, nachdem Explosionen die russischen Nord-Stream-Gaspipelines unter der Ostsee beschädigt hatten.
Die Türkei importiert derzeit ihren gesamten Gasbedarf und verfügt über eine umfangreiche LNG-Importinfrastruktur. Ankara ist der Ansicht, dass es seine bestehenden und neuen Handelsbeziehungen nutzen kann, um ein Gasdrehkreuz zu werden.
Reporter ohne Grenzen: Syrien in Erdbeben-Berichterstattung nicht vergessen
9.36 Uhr: Die Organisation Reporter ohne Grenzen befürchtet, dass die Folgen der Erdbebenkatastrophe in Syrien aus dem Blick geraten. »Ich habe Sorge, dass Syrien vergessen wird, weil es in der Berichterstattung weniger sichtbar ist«, sagte der Sprecher der Organisation in Deutschland, Christopher Resch, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Dies könne die Menschen in Deutschland davon abhalten, »sich mit der katastrophalen Lage der Menschen in Syrien auseinanderzusetzen«. Damit könne auch die Spendenbereitschaft geringer ausfallen.
Zur Nachrichtenlage aus Syrien sagte Resch, dass eine unabhängige Überprüfung der Meldungen aus dem Krisengebiet so gut wie unmöglich sei. »Im Grunde bekommt man keine belastbaren Informationen aus Syrien über die Folgen des Erdbebens«, sagte er. »Aus Syrien gibt es nur einzelne Puzzleteile.«
Faeser und Pistorius loben schnelle Erdbebenhilfe von THW und Bundeswehr
9.10 Uhr: Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius haben die Hilfseinsätze des Technischen Hilfswerks (THW) und der Bundeswehr bei der Erdbebenkatastrophe in der Türkei gewürdigt. Sie sei beeindruckt, »wie reibungslos und wie toll« die Kooperation der beiden Organisationen laufe, sagte Faeser bei einem Besuch im Fliegerhorst Wunstorf in Niedersachsen. Es gelinge hier eine »sehr schnelle und wirklich komplikationslose Zusammenarbeit«.
Nach Faesers Angaben hatten am Donnerstag drei Bundeswehr-Maschinen etwa 50 Tonnen Hilfsgüter, die vom THW zusammengestellt worden waren, in die Türkei gebracht. Für Freitag sind laut Pistorius von Wunstorf aus drei weitere Flüge mit mehr als 40 Tonnen Material an Bord geplant. In den nächsten Tagen werde das »so weitergehen«, sagte er.
Auch Pistorius zeigte sich »froh«, dass aus Deutschland heraus so zügig Hilfe geleistet werden könne. Den Beitrag der Bundeswehr bezeichnete er als »zuverlässig und schnell«.
Zehn Monate altes Baby mit Mutter in der Türkei aus Trümmern gerettet
8.40 Uhr: Helfer haben in der Südosttürkei ein zehn Monate altes Baby mit seiner Mutter gerettet – die beiden harrten 90 Stunden unter den Trümmern aus. Die Helfer umwickelten den Säugling mit einer Wärmedecke, wie Bilder zeigten. Nach Angaben der Istanbuler Feuerwehr, die an der Rettung beteiligt war, wurden die beiden in der Nacht zu Freitag im Bezirk Samandag der Provinz Hatay lebend gefunden.
In Hatay retteten Helfer zudem einen Mann nach 101 Stunden unter Trümmern. Die Rettungskräfte benötigten zehn Stunden, um ihn unter einem Betonblock zu befreien, wie der Sender CNN Türk berichtete.
Im südosttürkischen Diyarbakir sei am Freitagmorgen eine Frau mit ihrem Sohn lebend geborgen worden, berichtete der Sender. Sie seien unter den Trümmern eines zehnstöckigen Gebäudes begraben gewesen.
Derweil steigt die Zahl der geborgenen Leichen in der Türkei weiter. Die Katastrophenschutzbehörde Afad meldete am Freitagmorgen 18.342 Tote. Damit überstieg die Zahl der Todesopfer die des verheerenden Bebens von 1999. Damals kamen bei einem Erdbeben in der Provinz Izmit nahe Istanbul mehr als 17.000 Menschen ums Leben.
In Syrien wurden bislang nach Angaben der Staatsagentur Sana und der Rettungsorganisation Weißhelme mehr als 3377 Tote gefunden. Afad gab die Zahl der Verletzten in der Türkei mit 74 242 an. Es wird erwartet, dass die Zahl der Todesopfer noch drastisch steigt.
Forscherin: Istanbul droht großes Beben in den nächsten Dekaden
8.30 Uhr: Für die Region Istanbul ist ein schweres Erdbeben in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten nach Experteneinschätzung sehr wahrscheinlich. Zuletzt habe es dort 1766 ein großes Beben gegeben, seither baue sich zunehmend Spannung auf, sagte Heidrun Kopp vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel der Nachrichtenagentur dpa. Inzwischen gebe es an dieser Stelle der Nordanatolischen Verwerfungszone ein Bewegungsdefizit von bis zu vier Metern. »Das ist vergleichsweise viel.«
»Ein Beben dort mit einer Magnitude von bis zu 7,4 ist überfällig«, sagte auch Marco Bohnhoff vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) Potsdam. Würde – wie bei dem Beben im Südosten der Türkei – die gesamte angesammelte Spannung auf einen Schlag abgebaut, drohten auch in Istanbul schwerste Folgen, erklärte Kopp. Meist komme es bei derartigen Beben zu so einem ruckartigen Komplettabbau.
Hinzu komme bei Istanbul, dass die Megacity quasi direkt an der Verwerfung liege. »Das Stadtzentrum ist nur 25 Kilometer davon entfernt«, sagte die Geomar-Forscherin. Seit 1939 sei zu beobachten, dass Beben entlang der Verwerfungszone von Osten nach Westen immer näher an Istanbul herankämen. Von einem größeren Beben sei zuletzt die nur noch 80 Kilometer entfernte Stadt Izmit im Jahr 1999 betroffen gewesen.
Wissler kritisiert Reaktion der Regierung Erdoğan
8.25 Uhr: Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler hat die Reaktion der Regierung der türkischen Regierung auf das schwere Erdbeben in dem Land kritisiert. Es mehrten sich Berichte aus der Türkei, dass der staatliche Katastrophenschutz vor allem in den Hochburgen der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP tätig sei, »aber bislang zu wenig in den kurdischen Gebieten«, sagte Wissler der Nachrichtenagentur AFP. Dort seien »die Menschen vielfach auf sich allein gestellt«.
»Es wurden Ermittlungsverfahren gegen Journalisten eingeleitet, die auf Versäumnisse im Krisenmanagement hingewiesen hatten«, sagte Wissler, die zum Zeitpunkt des verheerenden Erdbebens im Osten der Türkei war. »Kritische Berichterstattung soll mundtot gemacht werden.«
Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen im Mai zeigte sich Wissler besorgt, dass in zehn von dem Erdbeben betroffenen Provinzen für drei Monate der Ausnahmezustand ausgerufen werde. »Das hat in der Vergangenheit bereits öfter dazu gedient, mit Repressionen gegen die Opposition vorzugehen, Versammlungsfreiheit einzuschränken und ohne begründeten Verdacht Menschen festzunehmen«, sagte sie. »Angesichts der für den 14. Mai vorgesehen Parlamentswahlen besteht die akute Gefahr, dass der Ausnahmezustand genutzt werden wird, um die türkische Opposition am Wahlkampf zu hindern.«
Anmerkung: In einem früheren Eintrag des Newsblogs hieß es, das Außenministerium Zyperns habe auf Twitter geschrieben, die Türkei habe ihr Hilfsangebot »freundlicherweise« abgelehnt. Tatsächlich müsste es aber »freundlich« heißen, wir haben die Stelle korrigiert.