Gemeinschaftsetat EU-Parlament und Regierungen einigen sich auf Billionenhaushalt bis 2027

Im Streit über den langfristigen EU-Haushalt haben die Verhandlungsführer von EU-Parlament und die Mitgliedstaaten einen Kompromiss erzielt. Ausgewählte EU-Programme sollen zusätzliches Geld erhalten.
Europaparlament in Straßburg: Zusätzliches Geld für Forschung, Gesundheit, Jugend und Bildung

Europaparlament in Straßburg: Zusätzliches Geld für Forschung, Gesundheit, Jugend und Bildung

Foto: Abdesslam Mirdass / Hans Lucas/ imago images

Das Europaparlament und die Regierungen der Mitgliedstaaten haben sich auf einen billionenschweren Haushalt der Union für die kommenden sieben Jahre geeinigt. Wie ein Sprecher der deutschen EU-Ratspräsidentschaft mitteilte, wurden in den Verhandlungen "gezielte Stärkungen" von EU-Programmen beschlossen. Gleichzeitig werde aber der Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs respektiert, die sich im Juli auf ein Mehrjahresbudget von 1074 Milliarden Euro geeinigt hatten.

Die Einigung sieht unter anderem vor, dass ausgewählte EU-Programme zu Themen wie Forschung, Gesundheit, Jugend und Bildung mit zusätzlichem Geld ausgestattet werden, wie Europaabgeordnete und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft bestätigten.

Insgesamt handelten die Europaabgeordneten nach eigenen Angaben 16 Milliarden Euro mehr für ihre Anliegen heraus, als die Regierungen der Mitgliedstaaten eigentlich bereitstellen wollten. Der derzeitige deutsche EU-Ratsvorsitz rechnet damit, dass davon rund 12,5 Milliarden Euro frisches Geld sein werden. Es soll zum größten Teil aus Einnahmen aus EU-Wettbewerbsstrafen kommen, die bislang an die Mitgliedstaaten zurückflossen.

Die Einigung ist eine der Voraussetzungen dafür, dass die Vorbereitungen für die geplanten EU-Corona-Hilfen im Umfang von 750 Milliarden Euro weiter vorangetrieben werden können. Sie sollen zusätzlich zu den knapp 1,1 Billionen Euro für den mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 bereitgestellt werden.

Deutscher EU-Botschafter warnt vor neuen Hürden

Deutschlands ständiger Vertreter bei der EU, Botschafter Michael Clauß, lobte die Einigung: "Die Verhandlungen mit dem Parlament haben Zeit gebraucht, aber wir haben es endlich geschafft." Er sprach von einer "ausgewogenen Vereinbarung".

Mit Spannung wird nun erwartet, ob alle EU-Staaten die notwendige Zustimmung zu dem sogenannten Eigenmittelbeschluss geben. Damit wird formal geregelt, woher das Geld kommen soll. Der Beschluss und die Ratifizierung sind nötig, damit der Haushalt und das Corona-Programm tatsächlich finanziert werden können.

Botschafter Clauß sprach angesichts der Coronakrise von einer angespannten Lage. Es brauche dringend einen funktionierenden Sanierungsfonds, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern. "Ich hoffe, dass alle die Dringlichkeit der Situation verstehen und nun dazu beitragen werden, den Weg für die rasche Umsetzung des EU-Haushalts und des Konjunkturpakets zu ebnen." Niemand brauche neue Hürden und weitere Verzögerungen.

Ungarn und Polen hatten zuletzt mit einer Blockade von wichtigen EU-Entscheidungen zum langfristigen Gemeinschaftshaushalt gedroht, sollte ein neues Verfahren zur Bestrafung von bestimmten Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit innerhalb der EU eingeführt werden. Dafür wurde von Unterhändlern bereits vorige Woche ein Kompromiss ausgehandelt, der in Ungarn und Polen auf Ablehnung traf. Der neue Mechanismus sieht vor, dass erstmals in der Geschichte der Europäischen Union EU-Gelder in großen Stil wegen Rechtsstaatlichkeitsverstößen gekürzt werden könnten . Konkret soll dies zum Beispiel dann der Fall sein, wenn im Empfängerstaat für mögliche Prüfungen der Mittelvergabe zuständige Gerichte nicht vollständig unabhängig agieren können.

Wie der Konflikt mit Ungarn und Polen gelöst werden könnte, ist offen. In beiden Ländern bemängelt die für die Einhaltung von EU-Recht zuständige EU-Kommission seit Längerem einen zu großen Einfluss der Politik auf Gerichte. Kritik daran wird von den Regierungen in Warschau und Budapest allerdings kategorisch zurückgewiesen.

apr/AFP/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten