Vizechef Timmermans EU-Kommission räumt Fehler bei Impfstoffbeschaffung ein

Was lief schief bei der Impfstoffbestellung durch die EU? Bilanz will die EU-Kommission erst nach der Pandemie ziehen. Eine Mitschuld aber sieht Vizechef Timmermans schon jetzt bei Brüssel.
Von der Leyen mit ihrem Vize Timmermans: Nach der Pandemie Bilanz ziehen

Von der Leyen mit ihrem Vize Timmermans: Nach der Pandemie Bilanz ziehen

Foto: Philipp von Ditfurth/ DPA

Ursula von der Leyens Stellvertreter sieht eine Mitschuld der EU-Kommission beim Debakel um die Impfstoffbestellungen. »Es stimmt, dass bei der Bestellung der Impfstoffe sowohl in Brüssel als auch in den Mitgliedstaaten Fehler gemacht wurden«, sagte Vize-Kommissionschef Frans Timmermans dem »Tagesspiegel am Sonntag«. »Ich bin bereit, am Ende der Pandemie eine Bilanz zu ziehen. Dann können wir ja sehen, was wir falsch und was wir richtig gemacht haben.«

In der jetzigen Situation gehe es aber erst einmal darum, »dass ganz Europa Impfstoff bekommt«, sagte Timmermans weiter. Er verteidigte dabei die gemeinsame Beschaffung: Ein europäisches Vorgehen sei »auch im Interesse der reicheren Staaten« wie Deutschland erfolgt.

Mittlerweile sind in der EU vier Coronaimpfstoffe zugelassen: Vakzinen von Biontech und Pfizer, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson. Die EU hat von diesen Herstellern insgesamt mindestens 1,4 Milliarden Dosen geordert – eigentlich mehr als genug für die rund 450 Millionen Europäer.

Doch weil der Start der Impfkampagnen und Lieferungen schleppend verläuft, steht die EU-Kommission in der Kritik. Unter anderem werden ihr zögerliches Handeln und strategische Fehler bei der Bestellung vorgeworfen. Einige Mitgliedstaaten empfinden zudem die Verteilung der Impfdosen als ungerecht. Österreich warf der Europäischen Arzneimittelagentur (Ema) zuletzt vor, sie sei bei den Zulassungen von Vakzinen »zu langsam« gewesen.

Weber für Exportstopp von AstraZeneca

Im internationalen Vergleich wird in der EU deutlich langsamer geimpft als beispielsweise in den USA, Israel oder auch beim ehemaligen Mitgliedstaat Großbritannien. Dort haben bereits mehr als ein Drittel der Menschen ihre erste Impfung erhalten.

Erst vergangene Woche hatte AstraZeneca angekündigt, in diesem Jahr weniger als die eigentlich vereinbarten Impfstoffdosen liefern zu können. Statt der zuletzt anvisierten 220 Millionen Dosen sollen nur noch 100 Millionen bis zur Jahresmitte an die EU-Staaten gehen. Der Konzern begründete dies unter anderem mit Exportbeschränkungen, ohne Details zu nennen. Die EU hatte sowohl den USA als auch Großbritannien vorgeworfen, keinen in den Ländern produzierten Impfstoff zu exportieren.

EVP-Fraktionschef Manfred Weber will deshalb Konsequenzen ziehen und den in der EU produzierten Impfstoff nicht exportieren. »Es entsteht der Eindruck, dass andere Länder gegenüber der EU bevorzugt werden«, sagte Weber der »Welt am Sonntag«. Solange AstraZeneca seine Zusagen nicht erfülle, »sollte die EU einen grundsätzlichen Exportstopp von in der EU produzierten Impfstoffdosen des Unternehmens verhängen«.

brk/dpa
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