EU-Ukraine-Gipfel Ein Signal in Kiew, aber mehr auch nicht

Gipfeltreffen in Kiew: EU-Ratspräsident Charles Michel (von links), der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen
Foto:SERGEY DOLZHENKO / EPA
Viel mehr als ein Signal ging von dem Treffen der ukrainischen Regierung mit der EU-Spitze in Kiew nicht aus. Und das sollte es auch nicht. »Unsere heutige Anwesenheit in Kiew ist ein sehr deutliches Signal: Die gesamte Europäische Union ist langfristig an der Seite der Ukraine«, sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen an der Seite des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
In einer der für die Ukraine wichtigsten Fragen hatte Kiew die Erwartungen im Vorfeld derart in die Höhe geschraubt, dass ein konkretes Gipfelergebnis unmöglich war.
Der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal hatte die Vollmitgliedschaft seines Landes in der EU binnen zwei Jahren ins Spiel gebracht – und im SPIEGEL-Interview konkretisiert , wie die Ukraine das in derart kurzer Zeit schaffen will. Denn üblicherweise dauert der Beitrittsprozess, der ein Land auf die Übernahme des EU-Rechts vorbereitet, viele Jahre oder gar Jahrzehnte.
Und so gab es bei dem Gipfel in Kiew dann auch keinerlei konkrete zeitliche Perspektive. In einer Abschlusserklärung bekräftigt die EU lediglich ihre Entschlossenheit, die europäische Integration des Landes zu unterstützen. Auch hinter vorgehaltener Hand gibt man sich bei der Kommission zurückhaltend.
Aus Brüsseler Sicht war das Hauptergebnis des Treffens sein bloßes Zustandekommen: Erstmals in ihrer Geschichte reiste die Kommission mit einem so großen Kontingent – neben von der Leyen waren 15 der 26 Kommissarinnen und Kommissarinnen dabei – in ein aktives Kriegsgebiet. Auch Ratspräsident Charles Michel reiste mit.
Ukraine seit Juni Beitrittskandidat
Die EU hatte die Ukraine im Juni zusammen mit Moldau zum EU-Beitrittskandidaten erklärt. In der EU wurde das als eher symbolische Geste gewertet, da damit keine Zusage verbunden ist, wann oder ob überhaupt das betreffende Land der EU-Beitritt. In der Ukraine aber hat der Beitrittskandidatenstatus offenbar Erwartungen geweckt, die von der Leyen und andere EU-Länder nun zu managen versuchen.
Dennoch machte Selenskyj sein Ziel deutlich, Beitrittsverhandlungen noch in diesem Jahr zu beginnen. Man werde bei der Arbeit für die Annäherung an die EU »nicht einen einzigen Tag verlieren«. Über Verhandlungen müssen die 27 EU-Staaten einstimmig entscheiden.
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Politiker und Diplomaten anderer EU-Länder geben regelmäßig zu bedenken, dass auch die EU selbst derzeit nicht bereit sei, weitere Länder aufzunehmen – denn wenn die Ukraine und Moldau dazukämen, würde der Druck steigen, endlich auch die Beitrittskandidaten auf dem Westbalkan in die EU zu lassen, die darauf schon lange warten. In diesem Fall, so die Befürchtung, drohte die EU handlungsunfähig zu werden, da auf zentralen Feldern wie der Außen-, Sicherheits- und Finanzpolitik der Zwang zu Einstimmigkeit herrscht.
Deutliche Zusagen der EU gab es hingegen mit Blick auf den Ukrainekrieg. »Die EU wird Sie so lange wie nötig auf jede erdenkliche Weise unterstützen«, versprach Michel. Von der Leyen sicherte insbesondere weitere Hilfen beim Wiederaufbau zu. Bislang haben die EU und ihre Mitgliedstaaten nach eigenen Angaben bereits knapp 50 Milliarden Euro mobilisiert.