Deal nach Brexit EU und Großbritannien einigen sich auf Handelsabkommen

In den Verhandlungen um die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien ist es zu einem Durchbruch gekommen. Der Deal wird am 1. Januar in Kraft treten.
Boris Johnson und Ursula von der Leyen (am 9. Dezember)

Boris Johnson und Ursula von der Leyen (am 9. Dezember)

Foto: Alexandros Michailidis / Pool European Commission / imago images/Hans Lucas

Die britische Regierung hat die Einigung mit der EU auf einen Brexit-Handelspakt bestätigt. »Der Deal ist da«, teilte die Downing Street am Donnerstagnachmittag mit. Zuvor hatten bereits EU-Kreise der Deutschen Presse-Agentur die Einigung nach monatelangen Verhandlungen bestätigt.

Sie verspüre Zufriedenheit und Erleichterung, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Mit der Einigung scheint ein harter wirtschaftlicher Bruch zum Jahreswechsel abgewendet. »Meine Botschaft an alle Europäer ist: Lassen wir den Brexit hinter uns! Unsere Zukunft wird in Europa gemacht«, so von der Leyen. Sie bezeichnete den Handelspakt als »fair« und »ausgewogen«.

EU-Parlament will Pakt genau prüfen

Der britische Premierminister Boris Johnson versprach bei einer Pressekonferenz in London, Großbritannien werde »euer Freund sein, euer Partner, euer Unterstützer, und nicht zu vergessen, euer Nummer-Eins-Markt«. Obwohl man die EU verlassen habe, bleibe das Land »kulturell, emotional, historisch, strategisch und geografisch mit Europa verbunden«, so Johnson.

Das Handelsabkommen soll die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Insel und dem Kontinent ab Januar 2021 regeln. Das EU-Parlament werde die ausgehandelte Vereinbarung im Detail prüfen, bevor es im neuen Jahr zustimme, hieß es. Wichtigster Punkt ist, Zölle zu vermeiden und möglichst reibungslosen Handel zu sichern. Der Vertrag umfasst aber auch den Fischfang sowie die Zusammenarbeit bei Energie, Transport, Justiz, Polizei und vielen anderen Themen.

Großbritannien hatte die EU Ende Januar verlassen und ist nur noch in einer Übergangszeit bis 31. Dezember Mitglied im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Dann kommt der wirtschaftliche Bruch. Ohne Abkommen würden Zölle und aufwendigere Kontrollen notwendig. Wirtschaftsvertreter auf beiden Seiten warnten vor Verwerfungen und dem Verlust Zehntausender Jobs.

Lange, zähe Verhandlungen

Die Verhandlungen hätten eigentlich schon im Oktober abgeschlossen werden sollen, doch zogen sich immer weiter in die Länge. Mehrfach standen sie wohl kurz vor dem Scheitern. Wegen der Kürze der Zeit kann ein Abkommen auf EU-Seite nicht mehr rechtzeitig ratifiziert werden. Es müsste vorläufig angewendet werden, falls die 27 EU-Staaten zustimmen. Auf britischer Seite hat die Regierung angekündigt, das Parlament zu befassen.

Das Abkommen verspricht Großbritannien Exporte ohne Zölle und ohne Mengenbegrenzung in den EU-Binnenmarkt. Dafür verlangt die EU aber faire Wettbewerbsbedingungen – das sogenannte Level Playing Field. Gemeint sind gleiche Umwelt-, Sozial- und Subventionsstandards.

Die Frage blieb bis zum Schluss ein höchst komplizierter Streitpunkt. Gesucht wurde ein Weg, fairen Wettbewerb auch für die Zukunft sicherzustellen und anderenfalls gegensteuern zu können. Erst am Mittwochnachmittag hieß es schließlich, alle Punkte beim »Level Playing Field« seien geklärt.

Danach blieb noch ein allerletzter Knackpunkt, über den wochenlang heftig gestritten worden war: der Zugang von EU-Fischern zu britischen Gewässern. Die Klärung der letzten Einzelheiten zog sich über viele Stunden bis Donnerstagmittag hin. Schließlich fand man auch hier einen Kompromiss.

Zeitweise die Grenzen dicht

Zuletzt hatte die Zuspitzung der Corona-Pandemie in Großbritannien weiteren Druck aufgebaut. Nachdem eine mutierte Variante  des Coronavirus entdeckt wurde, hatte Frankreich zeitweise seine Grenzen für Verkehr aus Großbritannien geschlossen. Deshalb stauten sich auf britischer Seite Tausende Lastwagen – aus Sicht von Kritikern ein Vorgeschmack auf die Lage bei einem No-Deal-Brexit.

Die britischen Wähler hatten 2016 mit knapper Mehrheit für den EU-Austritt gestimmt. Premierminister Boris Johnson gewann 2019 die Parlamentswahl unter anderem mit der Ansage, den Brexit nun tatsächlich durchzuziehen. Als zentralen Punkt nannte er immer wieder, Souveränität und Kontrolle über die eigenen Grenzen und Gesetze wiederzuerlangen.

jme/asa/ene/Reuters/dpa
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