Reaktionen auf Bestechungsvorwürfe in der EU »Unser Parlament steht entschieden gegen Korruption«

Ein Korruptionsskandal um EU-Vizeparlamentspräsidentin Eva Kaili erschüttert Brüssel – es geht um mögliche Geldzahlungen und Geschenke Katars. Jetzt hat sich auch die Präsidentin des Parlaments geäußert.
Eva Kaili, Vizepräsidentin des EU-Parlaments: Festnahme wegen Korruptionsverdacht

Eva Kaili, Vizepräsidentin des EU-Parlaments: Festnahme wegen Korruptionsverdacht

Foto: Christophe Licoppe / dpa

Die Polizei ermittelt im EU-Parlament wegen Korruptionsverdachts, es gab Durchsuchungen und Festnahmen. Die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, hat nach der Festnahme ihrer Stellvertreterin Eva Kaili die Bedeutung des Kampfes gegen Korruption betont. »Unser Parlament steht entschieden gegen Korruption«, schrieb die Politikerin aus Malta am Samstag auf Twitter. Zu den laufenden Ermittlungen gegen die griechische Vizepräsidentin – eine von 14 Stellvertretern – könne sie sich nicht äußern.

Metsola versicherte jedoch, das Parlament werde uneingeschränkt mit allen zuständigen Strafverfolgungs- und Justizbehörden zusammenarbeiten. »Wir werden alles tun, was wir können, um den Lauf der Gerechtigkeit zu unterstützen.« Kaili und vier weitere Verdächtige waren am Freitag unter Korruptionsverdacht von der belgischen Justiz festgenommen worden. Vermutet wird, dass sie aus Katar Geld und andere Vergünstigungen erhielten.

Auch die deutsche Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Nicola Beer, zeigte sich schockiert über die aktuellen Vorwürfe. »Das macht mich fassungslos«, sagte die FDP-Politikerin am Samstag der Nachrichtenagentur dpa. »Es ist völlig klar, dass das insgesamt negative Auswirkungen auf das Parlament hat.«

Nach Angaben der belgischen Staatsanwaltschaft gab es in dem Fall am Freitag mindestens 16 Durchsuchungen sowie fünf Festnahmen. Dabei geht es um den Verdacht, dass ein Golfstaat mit Geld und Gefälligkeiten Einfluss auf Entscheidungen der Europa-Parlamentarier nehmen wollte. Nach Medienberichten handelt es sich dabei um Katar, wo derzeit die Fußball-WM stattfindet.

Beer sagte weiter, Kaili habe das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger ins Europaparlament erschüttert. »Ich hoffe, dass sie von sich aus Konsequenzen zieht.« Zunächst solle sie ihren Posten als stellvertretende Präsidentin des Europaparlaments abgeben. Falls die Ermittlungen den Verdacht bestätigen, solle die frühere Journalistin auch als Abgeordnete zurücktreten.

Sie selbst kenne Kaili nur aus der Arbeit im Präsidium, sagte Beer. Dort sei sie »eigentlich immer sehr engagiert, proeuropäisch und sehr korrekt« aufgetreten. Falls sich die Vorwürfe bewahrheiteten, dann habe sie eine Fassade hochgezogen. »Da hat jemand quasi zwei Gesichter.«

Weitere Abgeordnete zeigen sich schockiert

Der Sprecher der deutschen Gruppe der Grünenfraktion im EU-Parlament, Rasmus Andresen, zeigte sich angesichts der Vorwürfe fassungslos. Auf Twitter schrieb er am Freitag: »Kaili ist nicht mehr tragbar. Sie sollte zurücktreten.« Dort äußerte sich auch Daniel Freund, der sich als Mitglied der Grünenfraktion im EU-Parlament auf Korruption fokussiert: »Wahnsinn! Diese Anschuldigungen müssen vollständig untersucht werden. Wenn sie sich bestätigen, muss es Konsequenzen geben. Null Toleranz für Korruption in der EU!«

Anna Cavazzini, ebenfalls Mitglied der Grünenfraktion, erinnerte an eine Rede Kailis vor dem Parlament: »Das ist ziemlich schockierend, wenn sich der Verdacht bewahrheitet. Ich habe ihre Pro-Katar-Rede gehört und war sehr überrascht darüber. Alles muss vollständig untersucht werden.«

Viel Lob für Katar, kurz nach Katarreise

Nur wenige Tage nach einer Reise nach Katar Anfang November meldete Kaili sich im Europaparlament zu Wort.  Katar spiele bei Arbeiterrechten »eine Vorreiterrolle«, sagte die Griechin: »Die Fußball-WM in Katar ist heute der Beweis dafür, dass die Sportdiplomatie einen historischen Wandel in einem Land bewirken kann.«

Zuvor hatte Kaili Katar besucht und dabei Premierminister Chalid bin Chalifa bin Abdulasis Al Thani sowie andere ranghohe Regierungsvertreter getroffen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Katars berichtete. Dabei soll es auch um die Situation auf dem Arbeitsmarkt des Landes gegangen sein, das wegen Todesfällen auf den Baustellen der Fußball-WM-Spielstätten heftig kritisiert wurde.

Kaili soll laut den Berichten dagegen bei ihrem Besuch betont haben, dass Katar »alle notwendigen Anforderungen im Bereich des Arbeitsmarkts erfüllt« und Reformen »zügig umgesetzt« habe. Kaili habe außerdem betont, dass das Europaparlament »sehr an der Stärkung der Beziehungen zu Katar interessiert« sei.

dpa/taf

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