Explosion von Beirut War Ammoniumnitrat der Auslöser?

Rauchwolke über Beirut nach der Explosion im Hafen
Foto: imago images/XinhuaNach der gewaltigen Detonation in Beirut mit mindestens 100 Toten und mehr als 4000 Verletzten beginnt im Libanon die Suche nach möglichen Ursachen. Ausgelöst haben könnte die schwere Explosion eine sehr große Menge Ammoniumnitrat. Schätzungsweise 2750 Tonnen der gefährlichen Substanz seien jahrelang ohne Sicherheitsvorkehrungen im Hafen von Beirut gelagert worden, sagte Ministerpräsident Hassan Diab dem Präsidialamt zufolge. Hinweise auf einen Anschlag oder einen politischen Hintergrund gab es bislang nicht.
Ammoniumnitrat, das auch zur Herstellung von Sprengsätzen dient, kann bei höheren Temperaturen detonieren. Die Substanz, die aus Ammoniak und Salpetersäure gebildet wird, dient zur Herstellung von Raketenbrennstoff und vor allem von Düngemittel. In Deutschland fällt die Handhabung des leicht entzündlichen Ammoniumnitrats unter das Sprengstoffgesetz. Wegen seiner gefährlichen Eigenschaften darf es hierzulande nur verwendet werden, wenn es mit harmlosen und brandhemmenden Stoffen wie Kalk vermischt wird.
Die Ladung Ammoniumnitrat könnte von einem Frachtschiff stammen, dem libanesische Behörden laut Berichten im Jahr 2013 wegen verschiedener Mängel die Weiterfahrt untersagt hatten. Das Schiff war demnach von Georgien aus ins südafrikanische Mosambik unterwegs. Der Besatzung gingen dann Treibstoff und Proviant aus, der Inhaber gab das Schiff offenbar auf. Der Crew wurde nach einem juristischen Streit schließlich die Ausreise genehmigt. Das Schiff blieb zurück mit der gefährlichen Ladung, die in einem Lagerhaus untergebracht wurde.
Bei der Detonation hatte sich eine riesige Pilzwolke am Himmel gebildet. Eine Druckwelle breitete sich blitzschnell kreisförmig aus. Noch Kilometer weiter gab es Schäden. Im Hafen von Beirut waren Container verbogen wie Konservendosen, ihr Inhalt auf dem Boden zerstreut. Schiffe standen in Flammen, Autos brannten aus. In den umliegenden Straßenzügen wurden Fensterscheiben und Schaufenster zertrümmert. Über der gesamten Hafengegend lag eine riesige Rauchwolke.
Noch Stunden nach den Explosionen kreisten Hubschrauber über der Gegend, um gegen die Flammen anzukämpfen. Rettungskräfte durchkämmten die ganze Nacht hindurch die Trümmer auf der Suche nach Toten und Verletzten.
Ursache für viele Katastrophen
Ammoniumnitrat war schon bei zahlreichen Katastrophen - Unfällen wie auch Anschlägen - die Ursache für gewaltige Explosionen, die viele Menschen das Leben gekostet haben:
Die farblosen Kristalle befanden sich in einem Gefahrgutlager der chinesischen Hafenstadt Tianjin, wo 2015 nach einer Serie von Explosionen 173 Menschen getötet wurden.
Beim Bombenanschlag des norwegischen Rechtsextremisten Anders Breivik im Juli 2011 in Oslo wurde die Chemikalie in einer Autobombe verwendet. Die Explosion tötete acht Menschen.
Im Bahnhof der nordkoreanischen Stadt Ryongchon kam es 2004 beim Rangieren von Waggons zu einer gewaltigen Detonation: Ein Funke von der Oberleitung entzündete eine Ladung mit Ammoniumnitrat. 161 Menschen starben, etwa 1300 wurden verletzt.
Im September 2001 kam es in einer Düngemittelfabrik im französischen Toulouse zu einer Explosion, bei der 31 Menschen starben. Es gab Tausende Verletzte.
Die Attentäter von Oklahoma bauten ihre Bombe im April 1995 mit Ammoniumnitrat und Kraftstoff. Der Sprengsatz - in einem Lieferwagen versteckt - tötete 168 Menschen und verletzte mehr als 800.
In Texas City detonierte im April 1947 eine Ladung von 2300 Tonnen Ammoniumnitrat an Bord eines französischen Frachters. Fast 600 Menschen kamen bei der Explosion im Hafen um, Tausende wurden verletzt.
Bei der Herstellung von Dünger in der Fabrik von BASF in Ludwigshafen explodierte im September 1921 eine Charge von Ammoniumnitrat. Mehr als 500 Menschen starben, fast 2000 wurden verletzt.