Félicien Kabuga Mutmaßlicher Finanzier des Genozids in Ruanda wird nach Den Haag überstellt

Auf Félicien Kabuga wartet wegen des Völkermords in Ruanda ein Prozess in Tansania. Nun aber soll der 84-Jährige vorerst in die Niederlande gebracht werden - wegen seines Gesundheitszustands.
Kabuga auf einem Fahndungsfoto (Archivbild)

Kabuga auf einem Fahndungsfoto (Archivbild)

Foto: SIMON WOHLFAHRT/ AFP

Einer der mutmaßlichen Drahtzieher des Völkermords in Ruanda, Félicien Kabuga, soll nach Anordnung eines Uno-Gerichts aus Paris vorläufig nach Den Haag überstellt werden. Dort solle er ärztlich untersucht werden, heißt es in dem am Mittwoch im niederländischen Den Haag verbreiteten Urteil des Uno-Mechanismus für Kriegsverbrechertribunale IRMCT, dem Rechtsnachfolger des Ende 2015 geschlossenen Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda.

Danach könnte Kabuga, wie Ende September vom obersten französischen Gerichtshof angeordnet, womöglich an das Uno-Gericht in Arusha im ostafrikanischen Staat Tansania überstellt werden.

Die Gesundheitsrisiken seien für ihn in Den Haag geringer als eine Überstellung an das Gericht in Tansania, hieß es seitens des IRMCT am Mittwoch. Kabugas Verteidiger hatten mit Hinweis auf die Coronavirus-Pandemie und das hohe Alter des Angeklagten eine Überstellung nach Den Haag beantragt, wo das IRMCT ebenfalls einen Sitz hat.

Kabuga war 1997 vom Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda in Abwesenheit wegen Völkermords und sechs weiterer Punkte schuldig gesprochen worden. Der Mitte Mai in Frankreich festgenommene Geschäftsmann war nach einem Vierteljahrhundert auf der Flucht in einem Pariser Vorort festgenommen worden, wo er unter falscher Identität lebte.

Gerichtszeichnung, angefertigt am 20. Mai 2020, zeigt Kubuga vor dem Pariser Berufungsgericht; zum Schutz vor dem Coronavirus trägt er einen Mund-Nasen-Schutz

Gerichtszeichnung, angefertigt am 20. Mai 2020, zeigt Kubuga vor dem Pariser Berufungsgericht; zum Schutz vor dem Coronavirus trägt er einen Mund-Nasen-Schutz

Foto: Benoit Peyrucq / dpa

Kubuga war enger Vertrauter des früheren ruandischen Präsidenten Juvénal Habyarimana. Er soll eine Miliz unterstützt und finanziert haben, die 1994 für einen Großteil der Morde an mindestens 800.000 Tutsi und gemäßigten Hutu verantwortlich war. Die Hutu stellen in dem ostafrikanischen Land die Mehrheit, die Tutsi die Minderheit. Kabuga soll auch verantwortlich sein für den in den Genozid verstrickten Radio- und TV-Sender RTLM, der zu Morden an Tutsi aufgerufen hatte. Kabuga wiest die Vorwürfe als "Lügen" zurück.

Der sogenannte Internationale Residualmechanismus wickelt die letzten Fälle der Uno-Tribunale zu Ruanda und zum früheren Jugoslawien ab. Die Verfahren zu Kriegsverbrechen in Ruanda werden in Arusha verhandelt. Geplant ist, dass Kabuga in dem afrikanischen Land der Prozess gemacht wird. Zunächst soll aber festgestellt werden, ob er für die Reise fit genug sei. Es war zunächst unklar, wann Kabuga in die Niederlande überstellt wird.

ngo/dpa/AP/AFP
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