Antisemitische Motive vermutet Empörung nach Angriff auf Abgeordneten in Finnland

In wenigen Tagen wählen die Finnen ein neues Parlament. Ein Abgeordneter wurde nun im Wahlkampf geschlagen und zu Boden gerungen. Die Tat hat offenbar einen antisemitischen Hintergrund.
Wahlwerbung in Helsinki: »Angriff auf die Demokratie«

Wahlwerbung in Helsinki: »Angriff auf die Demokratie«

Foto: KIMMO BRANDT / EPA

Der Angreifer äußerte sich negativ über die Nato und das Judentum: In Helsinki ist ein finnischer Abgeordneter attackiert und zu Boden gerungen worden. Präsident Sauli Niinistö und Regierungschefin Sanna Marin kritisierten am Samstag den Angriff scharf.

Der konservative Parlamentarier Ben Zyskowicz stand am Samstag an der Metrostation Itäkeskus in der finnischen Hauptstadt, als ihn ein Mann zwischen 30 und 40 Jahren beschimpfte und drohte, ihn zu töten. Mehrere finnische Medien berichteten über den Vorfall. Der Angreifer habe sich negativ über die geplante Nato-Mitgliedschaft Finnlands und das Judentum geäußert, wie Zyskowicz erklärte. Danach habe er ihn geschlagen. Es kam zu Handgreiflichkeiten, Zyskowicz stürzte zu Boden, wie seine Wahlhelfer auf Fotos festhielten. Die Bilder zeigen Zyskowicz am Boden und Flugblätter, mutmaßlich für den finnischen Wahlkampf.

Zyskowicz hat selbst jüdische Wurzeln, seine Großmutter starb nach seiner Aussage im Konzentrationslager Sachsenhausen. Der 68-Jährige sitzt seit Jahrzehnten im finnischen Parlament. Marin nannte die Attacke »schockierend und völlig verwerflich«. »Jeder muss das Recht haben, in Frieden uohne Androhung von Gewalt Wahlkampf zu führen. Ein Angriff auf einen Kandidaten ist ein Angriff auf die Demokratie«, betonte die Regierungschefin. Präsident Niinistö sprach von einem »feigen Angriff« und einem »Affront gegen die Demokratie«.

Die Polizei erklärte, sie habe Samstagmittag einen Mann festgenommen. Die Behörden ermitteln wegen Körperverletzung und Bedrohung.

Finnland wählt am 2. April ein neues Parlament. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine will das nordeuropäische Land, das eine lange Grenze mit Russland hat, der Nato beitreten. Allerdings fehlt noch die Zustimmung der Türkei und Ungarns. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte kürzlich seinen Widerstand gegen den finnischen Beitritt aufgegeben, das türkische Parlament muss aber noch entsprechend abstimmen.

In Finnland selbst sind alle Schritte für den Beitritt erledigt. Eine finale Abstimmung in Helsinki wurde wegen der Parlamentswahlen vorgezogen, damit der Nato-Beitritt nicht wegen Koalitionsverhandlungen nach der Wahl ins Stocken gerät. Sollte die Zustimmung aus Istanbul und Budapest nun kommen, wäre Finnland Nato-Mitglied – dann ohne Schweden. Bisher hatten die beiden Länder einen gemeinsamen Beitritt angestrebt.

sep/dpa
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