Helsinki, Finnland
Sanna Marin muss um ihr Amt als Premierministerin bangen – denn die Umfragewerte sehen bei den Parlamentswahlen in Finnland am Sonntag ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Beim Wahlkampf-Endspurt setzte sie vor allem auf traditionelle sozialdemokratische Themen:
Sanna Marin, Premierministerin Finnland
»Die Sozialdemokraten wollen eine Zukunft, in der wir entschieden Nein zu Rassismus sagen, in der wir offen sind, in der wir die Menschenrechte respektieren, und in der wir die Gleichberechtigung stärken.«
Marin hat persönlich immer noch eine sehr loyale Anhängerschaft. Ihre »Fanbase« hat ihr diese Aufnahmen auch nie übelgenommen: Das im vergangenen August geleakte »Partyvideo« sorgte zwar für viel mediales Aufsehen, und die Premierministerin musste eine Menge kritischer Fragen über sich ergehen lassen – aber für viele Anhänger, sogar weltweit, haben die Tanzmoves und Marins Präsenz in den Sozialen Medien ihr Image als »coolstes Staatsoberhaupt« nur bekräftigt.
Dennoch hat es dieser Mann geschafft, seine Partei Kokoomus, die Nationale Sammlungspartei, in den Umfragewerten in eine knappe Führungsposition zu bringen. Dabei gilt Petteri Orpo als eine eher blasse Figur. Seine Botschaft an die mit einer Rezession konfrontierten Wähler ist entsprechend knapp:
Petteri Orpo, Parteivorsitzender Nationale Sammlungspartei
»Wir wollen die Wirtschaft und das Wirtschaftswachstum ankurbeln, mehr Arbeitsplätze für die Menschen schaffen, mehr Einkommen. Die Wirtschaft reparieren. Das ist der Hauptunterschied zwischen uns (und den Sozialdemokraten).«
Dann ist da noch Riikka Purra, die ebenfalls in den Umfragewerten gut dasteht. Sie hat zwar ihre Partei der Wahren Finnen etwas mehr in die politische Mitte gerückt, aber den Wahlkampf bestritt sie dennoch mit den für die Rechtspopulisten beliebten Themen:
Riikka Purra, Parteichefin Wahre Finnen
»Wir würden eine viel strengere Migrationspolitik verfolgen, sowohl im humanitären Bereich als auch bei der Migration von gering qualifizierten Arbeitskräften.«
Ein Thema, bei dem es so gut wie keine Meinungsunterschiede zwischen der Mitte-Links-Koalition und der Opposition gibt, ist der Weg in die Nato. Nachdem zuletzt die Türkei dem Nato-Beitritt Finnlands zugestimmt haben, wird dieser Schritt nun demnächst folgen. Dann vielleicht unter einer anderen Führung. Der jetzige Verteidigungsminister zeigte sich mit diesem Video auf Twitter zumindest tiefenentspannt, was seinen Blick in die Zukunft angeht. Seine Nachfolge wird auch bei der sonntägigen Wahl entschieden. Und für Sanna Marin, die besonders im Ukraine-Krieg sehr deutlich Position bezog, heißt es: Für den Fall einer Wahlniederlage könnte demnächst die Kandidatur für ein EU-Spitzenamt in Brüssel anstehen.