EU-Innenkommissarin Flüchtlingsstrom aus Belarus »nicht in erster Linie Migrationskrise«

Ylva Johansson: »Belarus ist ein Land, aus dem Menschen fliehen, nicht in das Menschen fliehen«
Foto: OLIVIER HOSLET / EPADie Lage an der belarussisch-polnischen Grenze spitzt sich zu, seit eine große Gruppe Flüchtlinge versucht, nach Europa zu gelangen. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat mit Blick auf das Vorgehen des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko von einer »beispiellosen Situation« gesprochen. »Belarus ist ein Land ohne Migrationsdruck. Belarus ist ein Land, aus dem Menschen fliehen, nicht in das Menschen fliehen«, sagte die Schwedin am Dienstag im Europaparlament.
Migranten sollen Pfand entrichten – ihn zurückzuerhalten ist unmöglich
Die aktuelle Situation sei der verzweifelte, unzulässige Versuch des Regimes, politischen Druck auszuüben. Es locke Menschen mit dem Versprechen eines einfachen und sicheren Wegs in die EU an. Dafür müssten die Menschen viel Geld zahlen, sagte Johansson. Sie würden nach Minsk gebracht, blieben dort für eine Weile in Hotels und würden dann mithilfe von Menschen in Militärkleidung nahe an die Grenzen zur EU gebracht. Zugleich müssten sie in Minsk eine Pfandzahlung leisten – eine Summe nannte Johansson nicht. Den Migranten würde das Versprechen gemacht, sie könnten das Pfand wieder abholen, falls sie es nicht in die EU schafften. Doch würden die Menschen dann Richtung EU gedrängt, die Rückkehr nach Minsk sei ausgeschlossen.
»Sie bringen Menschen in eine potenziell sehr gefährliche Situation. Das ist völlig inakzeptabel«, sagte Johansson. Dies sei nicht in erster Linie eine Migrationskrise, sondern die Aggression eines verzweifelten, unrechtmäßigen Regimes, das zu schrecklichen Dingen in der Lage sei und sich nicht um das Leben von Menschen kümmere.
An der Grenze von Belarus zu Polen halten sich nach Erkenntnissen der polnischen Behörden gegenwärtig zwischen 3000 und 4000 Geflüchtete auf. Wegen der angespannten Situation hat Warschau am Dienstag einen Grenzübergang geschlossen. Am Montag hatten größere Gruppen von Migranten vergeblich versucht, die Zaunanlage zu durchbrechen. Belarussische Staatsmedien veröffentlichten Fotos und Videos von Menschen, die sich um Lagerfeuer versammelten und Kindern, die in Schlafsäcken auf dem Boden in dem Waldgebiet lagen.
Die EU wirft Lukaschenko unter anderem vor, gezielt Menschen aus Krisenregionen wie Afghanistan und dem Irak einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen.