Pushbacks durch Frontex EU-Kommissarin nennt illegale Rückweisungen an EU-Außengrenzen »nicht akzeptabel«

Ein Boot mit Schutzsuchenden vor der griechischen Insel Lesbos wird von einem Frontex-Patrouillenschiff begleitet
Foto:Michael Varaklas / AP
Nach den Enthüllungen über illegale Rückweisungen an Europas Grenzen will sich die Europäische Union (EU) nun um Aufklärung bemühen. »Es gibt diese Berichte, sie sind nicht akzeptabel und müssen geklärt werden«, sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson vor Journalistinnen und Journalisten in Brüssel. Es seien bereits entsprechende Verfahren eingeleitet worden, die klären sollten, ob und in welchem Umfang Frontex Asylsuchende illegal zurückgewiesen habe.
Johansson bezieht sich auf Enthüllungen des SPIEGEL, dass Frontex-Einheiten in illegale Zurückweisungen von Flüchtlingen, sogenannte Pushbacks, durch griechische Grenzer verwickelt waren. Der SPIEGEL hatte dies erstmals Mitte Oktober in gemeinsamen Recherchen mit »Report Mainz«, Lighthouse Reports, Bellingcat und tv Asahi enthüllt.
Die Berichte aufzuklären, sei nun »von größter Wichtigkeit«, so Johansson. Frontex müsse zudem »die richtigen Routinen« entwickeln, solchen Berichten rasch nachzugehen und gegebenenfalls zu reagieren.
Vor allem Frontex-Chef Fabrice Leggeri gerät immer stärker unter Druck. Interne Dokumente zeigen, dass der Direktor die griechischen Pushbacks herunterspielte. Ein Frontex-Überwachungsflugzeug hatte im April einen griechischen Pushback beobachtet und die Bilder live in die Frontex-Zentrale in Warschau gestreamt. Leggeri stufte den Vorfall nicht als mögliche Menschenrechtsverletzung ein. Zudem verteidigte der Frontex-Chef sich vor dem Europaparlament mit einer Falschaussage. Er sagte: Ende April habe kein Frontex-Flugzeug einen Pushback überflogen, wie der SPIEGEL berichtet hatte. Zum fraglichen Zeitpunkt habe es einen solchen Einsatz nicht gegeben. Frontex hat inzwischen eingeräumt, dass das nicht stimmt. Leggeri habe sich geirrt.
Asylrecht als »European Way of Life«
Vergangene Woche musste sich der Direktor der EU-Grenzschutzagentur im Europaparlament verantworten, im Anschluss forderte die Fraktion der europäischen Sozialdemokraten seinen Rücktritt. Zuvor hatten bereits linke Abgeordnete Leggeris Entlassung verlangt. Auch Grüne und Liberale fordern einen Untersuchungsausschuss.
Margaritis Schinas, Vizepräsident der EU-Kommission, hatte die Arbeit von Frontex am Mittwoch in Brüssel verteidigt. Beim Termin mit Johansson sagte er, eine starke Frontex und das Menschenrecht auf Asyl seien »kein Widerspruch«. Die EU müsse ihre Außengrenzen schützen, und Frontex verdiene das entsprechende Vertrauen, dies zu tun. Gleichzeitig sei die Möglichkeit auf Asyl ein »European Way of Life«, niemand dürfe zurückgewiesen werden. »Das ist es, was uns ausmacht.«