Votum im Unterhaus Johnson will gegen Nordirland-Vereinbarung mit der EU stimmen

Ex-Premier Johnson: »Das ist inakzeptabel«
Foto: JESSICA TAYLOR / AFPNach jahrelangem Streit zwischen Großbritannien und der EU über Brexit-Handelsbestimmungen für Nordirland könnte das Thema durch eine Abstimmung im britischen Unterhaus vorerst abgeräumt werden. Ein prominenter Politiker aus der Tory-Partei von Regierungschef Rishi Sunak stellt sich dabei quer: Ex-Premierminister Boris Johnson.
»Die vorgeschlagenen Vereinbarungen würden entweder bedeuten, dass Nordirland von der EU-Rechtsordnung gefangen bleibt – und zunehmend vom Rest des Vereinigten Königreichs abweicht«, sagte der konservative Abgeordnete der Zeitung »Telegraph«. Oder das gesamte Vereinigte Königreich könne nicht vom Brexit profitieren. »Das ist inakzeptabel«, sagte Johnson. Der Ex-Regierungschef hatte bereits Anfang März seinen Widerstand gegen das Abkommen angedeutet.
Johnsons angekündigtes Nein bei der heutigen Abstimmung ist auch ein Affront gegen den Premierminister Rishi Sunak, der unter Johnson einst als Finanzminister diente und Johnsons Ablösung durch seinen Rücktritt im vergangenen Sommer mit herbeigeführt hatte. Der Ex-Premier forderte Sunak nun auf, ein noch von ihm eingebrachtes Gesetz voranzutreiben, das es Großbritannien erlauben würde, die bestehende Vereinbarung mit der EU einseitig aufzukündigen.
Sunaks Regierung erwartet etwa 20 Abweichler aus den eigenen Reihen sowie von der nordirischen Unionistenpartei DUP. Das Vorhaben dürfte dennoch eine Mehrheit finden, weil auch die oppositionelle Labourpartei Unterstützung signalisiert hatte.
Sunak hatte die Abgeordneten zuletzt dazu aufgefordert, das Abkommen zu unterstützen. Der neue Deal – dem Ort der Einigung gemäß offiziell »Windsor Framework« (»Rahmenabkommen von Windsor«) genannt – sei »das, von dem viele gesagt haben, es könnte nicht erreicht werden«, warb der Premier.
Das neue Abkommen soll den Handel zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs einfacher machen. An dem ursprünglich im Zuge des Brexits ausgehandelten Nordirland-Protokoll hatte sich zuvor Protest entzündet.
Johnson unterzeichnete Abkommen einst selbst
Das Protokoll sieht eine Zollgrenze in der Irischen See vor. Damit sollen Grenzkontrollen zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindert werden, um ein Aufflammen alter Konflikte in der Bürgerkriegsregion zu verhindern. Doch die Regelung brachte Schwierigkeiten mit sich, beispielsweise beim Versenden von Päckchen oder dem Mitführen von Haustieren.
Johnson hatte das völkerrechtlich bindende Nordirland-Protokoll selbst unterzeichnet, aber schon bald die Vereinbarung kritisiert. Außer ihm wollen noch weitere konservative Abgeordnete gegen die neue Vereinbarung stimmen, die Sunak mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ausgehandelt hatte.