Britisches Gericht Großbritannien darf Asylsuchende nach Ruanda schicken

Großbritannien will Asylbewerber nach Ruanda abschieben, wegen juristischer Streitigkeiten wurde bislang kein Flug durchgeführt. Nun gibt es ein Urteil aus London. Doch Europa steht den Briten weiter im Weg.
»Stoppt das Flugzeug«: Proteste gegen die geplanten Abschiebungen der britischen Regierung im Sommer

»Stoppt das Flugzeug«: Proteste gegen die geplanten Abschiebungen der britischen Regierung im Sommer

Foto: IMAGO/Vuk Valcic / IMAGO/ZUMA Wire

Ein britisches Gericht hat einen umstrittenen Plan der konservativen Regierung für den Umgang mit Asylsuchenden im Grundsatz bestätigt. Illegal nach Großbritannien eingereiste Migrantinnen und Migranten in das ostafrikanische Ruanda zu schicken und dort einen Asylantrag stellen zu lassen, stehe im Einklang mit der Flüchtlingskonvention, entschied der High Court in London am Montag. Allerdings müsse jeder Einzelfall genau geprüft werden. Der Ruanda-Plan ist das zentrale Vorhaben, mit dem die Regierung von Premierminister Rishi Sunak Migranten von der Überfahrt über den Ärmelkanal abschrecken will. Dass die Flüge nun fortgesetzt werden, bedeutet die Entscheidung jedoch nicht.

Richter Clive Lewis entschied im Grundsatz für die Regierung. Zugleich urteilte er aber, dass die Fälle der acht Flüchtlinge, die gegen das Innenministerium geklagt hatten, nicht ausreichend geprüft worden seien und verwies sie zurück an die Behörde.

Mehrere Asylsuchende, Hilfsorganisationen und die Gewerkschaft der Grenzbeamten hatten Klage eingereicht, um die Umsetzung des Abschiebeabkommens mit Ruanda zu verhindern. Die Vereinbarung sieht vor, dass Schutzsuchende, die illegal nach Großbritannien gelangt sind, unabhängig von ihrer Nationalität oder Herkunft in das ostafrikanische Land gebracht werden und dort gegen Zahlungen der britischen Regierung die Möglichkeit für einen Asylantrag erhalten. Auch wenn sie dort als Flüchtlinge anerkannt werden, soll es in keinem Fall eine Rückkehr nach Großbritannien geben. 140 Millionen Pfund hat Großbritannien bereits an Ruanda gezahlt.

Gerichtshof für Menschenrechte stoppte Abschiebeflug

Da es sich um eine erstinstanzliche Entscheidung handelt, wird erwartet, dass die Aktivisten Berufung gegen das Urteil einlegen. Auch Europa könnte die britischen Pläne weiterhin durchkreuzen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte Großbritannien aufgefordert, einen der Geflüchteten, die mit einem ersten Flug Großbritannien verlassen sollten, vorerst nicht auszufliegen. Weil der EGMR nicht zur Europäischen Union, sondern zum Europarat gehört, ist er auch für Großbritannien zuständig.

Nach dem Urteil des EGMR war der Flug im Juni im letzten Moment abgesagt worden. Damit Großbritannien Abschiebungen wie geplant durchführen kann, müsste das Land zunächst aus dem Europarat austreten. Obwohl Innenministerin Suella Braverman in der Vergangenheit diese Option erwogen hatte, ist bislang keine entsprechende Entscheidung getroffen worden.

Mit dem umstrittenen Ruanda-Pakt beabsichtigt die konservative Regierung weitere Schutzsuchende von der Einreise ins Vereinigte Königreich abzuschrecken. Im Laufe des Jahres haben bereits 44.000 Menschen versucht, mit Schlauchbooten den Ärmelkanal zu überqueren. Immer wieder kommt es zu Todesfällen während der gefährlichen Reise. Erst in der vergangenen Woche starben vier Menschen bei einem Bootsunglück.

muk/AP
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